Kaizen 2 go 273 : QRQC in der Praxis


 

Inhalt der Episode:

  • Was bedeutet QRQC?
  • Wann kommt QRQC zum Einsatz?
  • Wie grenzt sich QRQC ggü. anderen Problemlösungsmethoden ab? Was sind die Auswahlkriterien? Wie lässt es sich mit anderen Methoden verbinden?
  • Wie sieht der QRQC-Prozess aus?
  • Welche Prinzipien sollten bei QRQC beachtet werden?
  • Welche Vorteile außer den Sofortmaßnahmen bringt QRQC noch mit?
  • Was ist besonders zu beachten?
  • Wie lässt sich QRQC in bestehende Konzepte integrieren?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 273 : QRQC in der Praxis

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich erfreulicherweise schon zum dritten Mal Peter Cartus bei mir im Podcast-Gespräch. Er ist der Inhaber der SigmaConsult Unternehmensberatung und unterstützt dabei Unternehmen mit Trainings, mit Coachings, wie sie Arbeitsunfälle, Qualitätsfehler, Produktionsunterbrechungen Nacharbeits- und Ausschusskosten vor allem wegen menschlichen Fehlern in den Griff bekommen können. Hallo Herr Cartus.

Peter Cartus: Ja, hallo Herr Müller. Vielen Dank für die Einladung. Es freut mich, dass wir uns wieder mal bei einem Podcast hier treffen, ist ja schon das dritte Mal und ich bin gespannt auf das Thema von heute.

Götz Müller: Genau. Da sind immer wieder spannende Themen dabei und hier bin ich auch wieder auf Sie aufmerksam geworden durch einen Blog-Beitrag zum Thema QRQC und da könnte ich mir vorstellen, der ein oder andere kennt die Abkürzung jetzt gar nicht. Vielleicht sagen Sie erstmal, was sie überhaupt bedeutet und dann steigen wir langsam in das Thema ein.

Peter Cartus: Ja, QRQC. Das bedeutet im Klartext, da geht es um Quick Response Quality Control. Das heißt, es geht hier darum, Probleme, speziell Qualitätsprobleme, aber auch andere Probleme schnell in den Griff zu bekommen, Probleme schnell zu lösen.

Peter Cartus: Das kam ursprünglich von Nissan Automotive, wurde von Valeo und dann weiterentwickelt und war ursprünglich eingesetzt und gedacht, damit nicht konforme Teile, also Teile mit Defekten in der Produktion an die nächsten Stationen weitergegeben werden. Das sollte, so ein Problem sollte schnell gelöst werden, wie gesagt hier, damit der Produktionsfluss nicht unterbrochen wird.

Götz Müller: Ja, Sie haben es schon angedeutet, ich kann mir vorstellen, der ein oder andere sieht vielleicht auch schon die erste Anwendung, aber noch mal ganz konkret auch runtergebrochen, wann kommt es zum Einsatz? Wir werden es dann sicher durch die ganze Episode durch vertiefen.

Peter Cartus: Ja. Das QRQC, wie gesagt, das wurde ursprünglich entwickelt für die Produktion, um Probleme in der Produktion schnellstens zu beheben. Aber ich habe das in dem Unternehmen, in dem ich das auch eingeführt habe, auch gemerkt hier, man kann das nicht nur für solche Probleme in der Produktion sehr gut benutzen, sondern man kann das auch für alle anderen Probleme benutzen, die in dem tagtäglichen Betrieb so auftauchen, also zum Beispiel, wenn der Design Change Prozess nicht läuft, hier, dass man da die Ursachen untersucht, um möglichst schnell dann zu Verbesserungen zu kommen oder wenn Fehler in den Auftragspapieren laufend auftreten, dass man schnellstmöglich dann untersucht, woher kommt das, was sind so die Ursachen, um schnellstmöglich, wie gesagt, Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Man kann auch QRQC im Prinzip für jede Art von Problemen in einem Unternehmen nutzen.

Götz Müller: Ja, jetzt könnte ich mir andererseits auch vorstellen, vielleicht der ein oder andere sagt, ja, Qualitätsprobleme, vielleicht haben wir sie gar nicht, aber Problemlösungsmethoden gibt es ja schon so viele und da könnte ich natürlich auch vorstellen, ist es spannend, sich mal das anzugucken, wie grenzt sich QRQC gegenüber anderen Methoden ab und natürlich, wenn das jetzt vielleicht nicht so hundertprozentig scharf ist, werde ich in irgendeiner Form natürlich dann immer vor dem Dilemma stehen: Ja, was nehme ich jetzt? Wann nehme ich das eine, wann nehme ich das andere?

Peter Cartus: Ja, also QRQC ist für mich keine Methode, ähnlich wie A3-Problemlösung oder der Six Sigma DMAIC-Prozess. Ich sehe das Ganze in einem anderen Kontext. Ich bin ja Spezialist für das Thema strukturierte Problemlösung und da gehören für mich drei Elemente dazu, damit das also funktioniert, damit also eine Problemlösung effektiv und effizient ist. Das ist erstens die Methode, wie zum Beispiel Six Sigma DMAIC oder A3 oder PDCA. Das zweite, was Sie brauchen, Sie brauchen die richtigen Werkzeuge, ja, zum Beispiel Fischgrätendiagramm, 5-Why-Technik oder Histogramm, Pareto, je nachdem, um was für ein Problem es sich handelt und das dritte Element, was meiner Ansicht nach hier sehr wichtig ist und teilweise nicht berücksichtigt wird von den Unternehmen, ist die Routine, nämlich wie setze ich das ein. Und das ist also QRQC, das ist für mich also mehr eine unterstützende Routine, damit der Problemlösungsprozess hier reibungslos und vor allen Dingen schnell zu Ende gebracht wird.

Götz Müller: Da rennen Sie bei mir persönlich offene Türen ein. Gucken wir mal dann ganz konkret darauf, wie der Prozess und dann natürlich eben genau diese Routine, die Sie erwähnt haben, die ich ja immer wieder durchlaufe im Rahmen des Prozesses. Was muss man sich jetzt von A bis Z, von Anfang bis Ende, was muss man sich darunter vorstellen?

Peter Cartus: So, also nehmen wir mal ein Beispiel in der Produktion, da ist also ein Teil defekt hier, das kann jetzt nicht an die nächste Station weitergegeben werden. Jetzt geht es darum, das überhaupt erst mal zu visualisieren, zu melden, transparent zu machen, und da ist die erste Stufe, nämlich ein Problem allgemein bekannt zu machen, damit jeder davon informiert wird. Das zweite ist hier, das entsprechend zu kommunizieren. Kommunizieren bedeutet für mich, dass beispielsweise transparent zu machen und zum Beispiel an einer Tafel allen Beteiligten hier bekannt machen, damit also jeder weiß: Wir haben hier ein Problem, was noch nicht gelöst ist. Sodass also alle die gleiche Sichtweise beziehungsweise hier ja den Druck sozusagen verspüren an diesen Problemen, was dann hoffentlich auch dringend gelöst werden muss, dass also alle dieses Problem dann erkennen. Das Dritte ist hier dann natürlich die Ursachenanalyse mit den entsprechenden Methoden, die hier anwendbar sind, um dann aber nach der Einführung beziehungsweise der Umsetzung der Verbesserungsmaßnahmen, das ist der vierte Punkt, auch zu kontrollieren, ob diese Verbesserungsmaßnahme auch wirksam und nachhaltig ist und die 4 Stufen für diesen QRQC-Prozess, damit, wie gesagt, hier so schnell wie möglich hier ein Problem beseitigt wird, Ursachen analysiert werden beziehungsweise hier auch Verbesserungsmaßnahmen entwickelt und umgesetzt werden.

Götz Müller: Und jetzt haben Sie es in dem Shopfloor-Kontext vorgestellt. Ich könnte mir vorstellen, die meisten haben dann die klassischen Shopfloor-Tafeln schon mal gesehen. Ob ich das jetzt in einem Lean-Kontext nutze oder ob ich es in einem anderen, in Anführungszeichen, klassischen Kontext nutze, wo ich halt Informationen verbreite, ich habe da jetzt raus gehört, ich kann so etwas hier auch nutzen.

Peter Cartus: Ja, beispielsweise, wenn es ein etwas komplexeres Thema ist, was behandelt werden muss. Also beispielsweise nicht alleine auf dem Shopfloor von einem Team oder hier von der Meisterei erledigt werden kann, wo beispielsweise bereichsübergreifende Probleme zu lösen sind, die, wo ich also das auf Managementebene zum Beispiel machen muss, auf der Abteilungsleiterebene. Da kann ich genau das Gleiche machen, dass also diese Themen dann auch transparent visualisiert werden, auf Tafeln, auf der Abteilungsebene beispielsweise. Und dort dann von einem entsprechenden Vertreter dieser Ebene dann als Kümmerer dann auch in Angriff genommen werden. Und das Gleiche gilt natürlich auch auf Standortebene. Das heißt, wenn ich ein standortübergreifendes Problem habe, dass das bei den oberen Führungskräften dann in ähnlicher Art und Weise dann transparent visualisiert wird, beispielsweise auf irgendwelchen Maßnahmenkatalogen und dann hier aber konsequent und mit Disziplin an diesen Dingen gearbeitet wird, das möglichst schnell ist, sozusagen die Kuh vom Eis geholt wird.

Götz Müller: Ja, ja, ich höre da auch mehrere Dinge raus, zum Beispiel, wenn ich eine Regelkommunikation habe über die verschiedenen Ebenen hinweg, beginnend im Shopfloor und dann eben in die Abteilungsebene, Bereichsebene, unternehmensweite Ebene, muss ich das Rad nicht neu erfinden. Das heißt, wenn ich diese Kommunikationswege schon habe, dann nutze ich die halt für QRQC mit. Richtig?

Peter Cartus: Genau. Der einzige Unterschied oder der Unterschied ist hier oder der Vorteil von dieser QRQC-Methode ist hier, dass ähnlich wie in einem Projekt das Ganze aufgeteilt wird in die verschiedenen Phasen, so ein Problem ist ja nicht mit einer Maßnahme erledigt. Da muss also erstmal die Problembeschreibung gemacht werden. Dann muss eine Ursachenanalyse gemacht werden. Dann müssen vielleicht noch Detailuntersuchungen gemacht werden und wenn dann die Ursachenanalyse fertig ist, dann geht es darum, Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln. Das ist ja alles nicht an einem Tag erledigt und dann müssen manchmal verschiedene Bereiche mit integriert werden, die also bestimmte Aufgaben übernehmen und darum geht es, diese verschiedenen Stufen nachzuhalten. Das heißt also, festzulegen wer kümmert sich beispielsweise jetzt um die Ursachenanalyse. Wer kümmert sich zum Beispiel um die Untersuchung eines speziellen Details? Bis wann muss das erledigt werden? Und das ist das Thema hier, diese Termineinhaltung, damit das also nicht in dem Nirwana der vielen Probleme verschwindet, dass diese Problembehandlung … da ist es also dann wichtig, dass diese Dinge dann auch transparent zum Beispiel visualisiert werden auf Tafeln oder auch regelmäßig besprochen werden, damit wenn einen Schritt jetzt abgeschlossen ist, der nächste Schritt angegangen werden kann, der dann wiederum, wo festgelegt wird: Wer macht was bis wann? Und dass dann auch diese Termine eingehalten werden, dass dann irgendwann der geplante Endtermin dann auch wirklich dann erreicht wird, nicht wieder um sechs Monate verschoben werden muss, weil irgendwas anderes dazwischengekommen ist und man diese Dinge aus dem Auge verloren hat.

Götz Müller: Und dann wäre aus dem Quick ja dann, dann hätte es seinen Namen nicht verdient.

Peter Cartus: Ja, genau.

Götz Müller: Ja. Ich könnte mir eben auch vorstellen, diese Shopfloor-Nähe und dieser, einerseits Ausgangspunkt, aber eben auch der Sammelkristallisationspunkt, hat dann auch für die Mitarbeiter, die ja typischerweise die sind, die an vorderster Front Fehler als Erste bemerken, hat dann auch für die den großen Vorteil, dass ihre Meldung nicht irgendwo im Nichts verschwindet, Klammer auf, wie das leider manchmal zum Beispiel im Vorschlagswesen, ja der Fall ist, sondern dass sich eben, einerseits zeitnah, was quick bedeutet, andererseits eben aber auch nachhaltend mitkriege, das ist jetzt passiert, dadurch, dass ich hier sinnvollerweise die Hand gehoben habe und gesagt habe: Hey, hier entstehen Teile, die nicht normgerecht, die nicht regelgerecht sind.

Peter Cartus: Ja. Das darf man nicht unterschätzen, diese Wirkung auf die Mitarbeiter. Das heißt also, wenn beispielsweise auf der Shopfloor-Tafel dann steht, dass der Herr Müller sich jetzt darum kümmert, dass das Werkzeug, was hier reklamiert worden ist, dass das jetzt endlich überprüft wird oder verändert wird, und zwar bis zum übernächsten Freitag, ja, dann steht das auf der Shopfloor-Tafel und jeder weiß, der Herr Müller, der ist jetzt gerade dran, das Werkzeug, was jetzt in der Produktion nicht geeignet war, zu überarbeiten und jeder weiß, bis Ende der nächsten Woche ist das Thema erledigt und, wie gesagt, da wissen die Mitarbeiter, ja, hier wird sich um gewisse Dinge gekümmert, das verschwindet jetzt nicht irgendwo im Nirwana, wie ich eben schon sagte. Und der zweite Effekt ist hier, der Herr Müller, der sich jetzt darum kümmern muss, dass das eine Werkzeug verändert wird und verbessert wird, der weiß, alle wissen, bis nächsten Freitag soll ich fertig werden und der wird sich sehr motiviert fühlen, diesen Termin auch möglichst einzuhalten. Und das ist der große Vorteil, dass diese Termine eingehalten werden, diese Zwischentermine, dass der Endtermin, der geplante Endtermin, wie gesagt, dann auch realistisch wird.

Götz Müller: Mhm ja, ich höre da eben auch auf einer gewissen, einer meine Lieblingsbegriffe, Meta-Ebene auch Prinzipien raus, was wiederum ja auch zur Routine gehört, vielleicht vertiefen wir das mal noch ein bisschen, im Sinne von: Welche Prinzipien sollte ich beachten, damit QRQC wirklich gut funktioniert.

Peter Cartus: Ja. Es geht also um Transparenz, um Visualisierung, es geht um Kommunikation, dass miteinander gesprochen wird, wer hat jetzt wo ein Problem, wer muss wie unterstützen. Ja, dann gehört es dazu, dass Disziplin natürlich für die Termineinhaltung eingehalten wird, dass Termine, die mal gemeinsam festgelegt worden sind, auch wirklich eingehalten werden. Und wenn jetzt mal irgendetwas dazwischenkommen sollte, ausnahmsweise, dass das auch frühzeitig kommuniziert wird, nach dem Motto, der Herr Müller sagt jetzt: Oh, nächsten Freitag wird schwierig, ich hab‘ da einen Zulieferer, der lässt mich gerade etwas hängen. Das wird wahrscheinlich noch eine Woche länger dauern. Dann wissen alle: Ja, der Herr Müller hat den Termin nicht versaubeutelt sozusagen, sondern er ist dran, hat aber ein Problem mit seinem Lieferanten und insofern dauert das eine Woche länger. Ja, diese Kommunikation, die ist sehr wichtig, damit, wie gesagt, hier jeder weiß, das läuft hier, man ist gerade wirklich dran, ein Problem oder ein Detailproblem zu lösen.

Götz Müller: Mhm. Ja, ich höre eben auch raus, ich hab einen Kanal, offen zu kommunizieren, woran es gerade liegt, wenn es mal nicht so funktionieren sollte, wie man es sich vielleicht vorgestellt hat und man wird nicht gleich, ja, ein bisschen übertrieben vielleicht, ein bisschen flapsig, man wird nicht gleich abgestraft, wenn mal etwas nicht so funktioniert.

Peter Cartus: Ganz genau. Ja, und noch andere Prinzipien, es zählen hier also nur Fakten und keine Spekulationen oder Hypothesen. Was ganz wichtig ist hier, das habe ich noch vergessen zu sagen, wenn jetzt ein Problem entdeckt worden ist, ist es ganz wichtig, dass das nicht am grünen Tisch alles behandelt wird, sondern dass alle Beteiligten vor Ort gehen und sich das wirklich mal anschauen, damit also jeder weiß, was denn da tatsächlich das Problem ist und nicht, dass der eine meint, das ist diese Ursache oder hat jene Auswirkung oder Sie wissen ja, wenn mehrere Leute zusammen kommen, die Sichtweisen sind immer teilweise sehr unterschiedlich und wenn jetzt aber alle mal das Objekt sich betrachten, um das es jetzt geht, wo ein Teil defekt ist oder fehlt, oder was auch immer, dann haben alle die gleiche Sichtweise und die Diskussionen über mögliche Ursachen oder Auswirkungen und so weiter, die entfallen dann. Das ist auch ein großer Vorteil und das bedeutet aber, vor Ort zu gehen und sich vor Ort anzuschauen, was tatsächlich das Problem ist, das gehört also auch zu den QRQC-Prinzipien. Ja, ich höre da auf jeden Fall eben auch raus, dass es bestimmte Dinge gibt, auf die man achten sollte, im Sinne von: Was passiert, wenn ich es nicht tue? Fallstricke, Stolpersteine, um es mal vielleicht so zu nennen. Wenn wir auch diesen Punkt mal präventiv noch ein bisschen vertiefen. Auf was sollte ich also besonders achten?

Peter Cartus: Ja, wie gesagt, es ist es notwendig, sich vor Ort ein Bild zu machen, damit also jeder die gleiche Sichtweise hat, was denn wirklich das Problem ist. Die offene Kommunikation ist notwendig, wenn es jetzt bei der Ursachenanalyse darum geht, jetzt auch die wahren Ursachen herauszufinden, auch beispielsweise, wenn jetzt ein Fehler gemacht worden ist, nee, ich sage lieber Fehler passiert, Fehler werden nicht gemacht, Fehler passieren ja. Wenn ein Fehler passiert ist, ja, dass also hier untersucht wird, warum ist denn dieser Fehler passiert, um die wahren Ursachen für diesen Fehler zu analysieren und daraus dann die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Das heißt also, es sollte hier keine Tabus geben, auch wenn die Leichen, die im Keller liegen, schon dort lange versteckt worden sind. Nein, da müssen sie natürlich jetzt hier auf den Tisch, um eine Lösung auszuarbeiten und umzusetzen, die das Problem auch wirklich dann auch löst am Ende.

Götz Müller: Ja, ich höre eben dann auch so ein Stichwort wie Fehlerkultur raus, auch dieses Verständnis dafür in der Regel, wie Sie es auch ausgedrückt haben, Fehler werden nicht gemacht, sondern Fehler passieren, weil im Kontext, im Prozess, halt irgendwas nicht stimmt. Und natürlich mag ich zum Schluss eine greifende Hand finden, die dahingefasst hat oder nicht hin gefasst hat, aber in der Regel steckt der Fehler eben ganz woanders.

Peter Cartus: Ja, genau. Und was ich auch empfehle ist, dass das obere Management sich darum kümmert, dass also dieser Prozess und diese Routine auch wirklich läuft dadurch, dass sie also dann auch öfters mal in der Produktion sich aufhalten und sich anschauen, was denn da passiert ist, welche Maßnahmen da entwickelt worden sind, wie ist die Termineinhaltung, wie ist die Disziplin bei der Termineinhaltung. Das ist also auch ein positiver Effekt hier, wenn das obere Management, das heißt Werksleitung oder Standortleitung, sich vor Ort über diese Dinge informiert. Da bekommen die Mitarbeiter dann also auch mit, ja, unser Chef interessiert sich dafür, dass die Probleme, die wir haben und die unseren Produktionsprozess betreffen, dass das Management ein Interesse daran hat, diese Dinge so schnell wie möglich dann auch zu lösen. Das gehört also auch dazu, dass diese Schnelligkeit der Problemlösung auch wirklich erreicht wird.

Götz Müller: Ja. Jetzt könnte ich mir auch wieder vorstellen, der ein oder andere Lean-Zuhörer, um die mal so zu bezeichnen, wird jetzt vielleicht so gedanklich abwinken und sagen „Regelkommunikation machen wir doch, Shopfloor Management machen wir doch, wir machen auch A3, wir machen, wenn es der Kunde will auch 8D.“ und vielleicht so ein bisschen unausgesprochen die Frage im Raum steht: Was habe ich davon, wenn ich jetzt vielleicht etwas Neues anfange? Muss ich jetzt aufpassen, dass es nicht vielleicht zu Konkurrenzsituationen kommt, die im Extremfall meine Mitarbeiter verwirren?

Peter Cartus: Also wie ich eben sagte, eine effektive und effiziente Problemlösung besteht nicht nur aus den Methoden und den Werkzeugen, sondern auch einer entsprechenden Routine und jeder muss für sich selbst entschieden beziehungsweise sich anschauen, wie zufrieden ist er denn mit dem gesamten Prozess von dem Entstehen eines Problems bis zur endgültigen Problemlösung. Wenn das natürlich alles funktioniert und alle sind zufrieden und es gibt da keine Schwierigkeiten, dann besteht auch keine Notwendigkeit, jetzt an diesem Prozedere etwas zu ändern. Aber ich bin jetzt beispielsweise in einem Beratungsprojekt drin, da ist genau das Problem gewesen, dass also hier Probleme zwar entstanden sind, die wurden auch gemeldet, aber dann die weitere Bearbeitung, das hatte irgendwie nicht funktioniert, weil man von den anderen Problemen überrollt worden ist oder weil die Transparenz gefehlt hat. Und ja, man war da also wirklich unzufrieden mit dem Ergebnis. Das hat alles so lange gedauert und die Ergebnisse waren auch nicht, die Verbesserung war auch nicht so wie erwartet. Und da könnte es jetzt eine Hilfe sein, hier sich eine Routine anzueignen, damit also die bestehenden Methoden, die brauchen also nicht verändert zu werden, also wenn ich den A3-Prozess schon habe, dann ist das eine hervorragende Sache, aber die Routine, wie das Ganze jetzt umgesetzt wird, die verschiedenen Schritte, das können Sie im Prinzip vergleichen mit einem Projekt hier. Das Projekt besteht ja auch nicht nur aus einem einzigen Schritt, sondern das sind viele Schritte, die aufeinanderfolgen müssen, die terminlich abgestimmt sein müssen, damit am Ende das Projekt, am Projektende auch der Termin eingehalten wird, so ist das also auch bei der Problembearbeitung und um das im Griff zu behalten, da ist zum Beispiel so eine Tafel, wo jetzt die entsprechenden aktuellen Situationen beschrieben sind, eine gute Sache, um das Ganze zu verfolgen, nachzuverfolgen und sicherzustellen, dass also die Zwischenschritte, die Zwischentermine auch wirklich eingehalten werden.

Götz Müller: Mhm, ja. Und ich höre auch raus, im Sinne von Tafel und … auch entsprechenden Raum eben verfügbar machen, um auch die Dinge dann nicht irgendwo, wie Sie es ausgedrückt hatten, in der Masse untergehen zu lassen.

Peter Cartus: Genau. Man muss ja jetzt nicht jedes kleine Bagatellproblem auf so eine Tafel schreiben, aber wenn es hier Probleme gibt, die schon etwas länger da sind und die man jetzt mal endlich angehen will und zu einer Lösung kommen will, dann empfehle ich schon, dieses zum Beispiel auch dann nachzuverfolgen und dass zum Beispiel hier einen entsprechenden Kümmerer benannt ist, ähnlich zu einem Projektmanager sozusagen, der sich dann um diese ganze Sache kümmert. Nicht alles alleine macht, sondern natürlich mit den verschiedenen Bereichen, die hier unterstützen müssen, dass er dann sozusagen hier die Hand über den gesamten Problemlösungsprozess hält und dafür sorgt, dass ein Schritt nach dem anderen auch wirklich zeitgerecht abgearbeitet wird, ja, kann also eine gute Ergänzung sein. Das kann also ein guter Booster sein, um den Begriff jetzt auch hier mal zu verwenden, ein Booster sein für das Ideenmanagement, für das Vorschlagswesen oder für den Problemlösungsprozess, damit die Dinge auch wirklich dann in einer überschaubaren Zeit beendet werden.

Götz Müller: Mhm ja. Mir kam auch hier wieder der Punkt, speziell wenn ich halt den Produktionskontext mir angucke, wo ein Schichtmodell gefahren wird, egal ob es zwei oder drei Schichten sind, erlebe ich ganz oft, dass die Kommunikation zwischen den Schichten, weil man sich ja im Grunde gar nicht so gezielt treffen kann, dann durch entsprechende Tafeln, durch entsprechende Routinen wiederum noch besser laufen kann, wie wenn man sich halt vielleicht nur auf den Weg zur Umkleidekabine sieht.

Peter Cartus: Ja und so eine Tafel, so altbacken das klingt, in Zeiten der Digitalisierung hat natürlich auch entsprechende Vorteile. Ja, also was ich festgestellt habe ist, dass wenn solche elektronischen Listen geführt werden, so Excel-Listen mit den vielen Maßnahmen, da schauen im Prinzip die Leute nicht rein, wenn Sie in der Produktion arbeiten. Sondern da schaut man dann einmal im Monat rein, wenn ein offizielles Meeting ist, aber die Leute haben sehr großen Respekt, oder wie soll ich sagen, schauen nicht in diese Excel-Listen rein in diese elektronischen Maßnahmenpläne. Aber wenn jetzt so eine Tafel in der Produktion ist, wo jeden Tag jeder vorbeiläuft, ein Blick auf diese Tafel beispielsweise und jeder weiß sofort, es läuft oder es läuft irgendwo nicht. Da ist ein Termin überschritten worden und dann muss natürlich jemand sofort eingreifen und gucken, was ist hier los, warum ist der gesamte Prozess unterbrochen. Also so eine Tafel hat vor allen Dingen im Shopfloor eine große Wirkung und kann sehr viel dabei helfen.

Götz Müller: Mhm, mhm. Jetzt hatten Sie mir im Vorfeld, und das ist vielleicht so der, ja, ich gucke mal ein bisschen in Richtung Uhr, der letzte Punkt, den ich sehr spannend fand, wie ich eben QRQC auch in ein größeres Bild noch integriere, da unter dem Stichwort FMEA, Prozess-FMEA. Wenn wir vielleicht das zum Abschluss noch ein bisschen vertiefen.

Peter Cartus: Ja. Also was ich gemacht habe, ist, dass ich, wenn eine QRQC durchgeführt worden ist, ich nenne es jetzt mal, wir haben das so genannt, wir machen jetzt eine QRQC, das heißt also, eine Problemlösung mit Unterstützung der Routine QRQC, haben wir gesagt, jetzt machen wir eine QRQC, dass man, wenn so etwas gemacht wird, dieses auch nachher dokumentiert und da kann man sich zum Beispiel vorstellen, wie ein 8D-Report auf einer DIN-A4-Seite, dass die gesamten Phasen dieses Problemlösungsprozesses, also angefangen von der Problembeschreibung, über die Dokumentation der Ursachenanalyse, was die Haupteinflussgrößen gewesen sind, die zu den Problemen geführt haben, dann die Verbesserungsmaßnahmen beschrieben hat, wer was wo gemacht hat und letztendlich auch bestätigt worden ist, dass die Verbesserungsmaßnahmen auch wirksam und nachhaltig waren, wenn man das auf einem DIN-A4-Blatt, da gibt es ein Excel-Blatt, wer möchte, kann sich da mal mit mir in Verbindung setzen, kann ich ihm das zur Verfügung stellen, auf einem Excelblatt diese Informationen zu sammeln und diese dann zu archivieren. Das hat den großen Vorteil, dass wenn nach einem halben Jahr beispielsweise ein ähnlicher Fall auftaucht, kann man sich hier nochmal informieren, nach dem Motto: Was war denn seiner Zeit vor einem halben Jahr passiert? Was waren da die Ursachen? Was wurden da an Verbesserungsmaßnahmen gemacht? Und so bekommt man dann nach und nach eine Datenbasis, die Sie dann auch nutzen können, um beispielsweise neue Projekte zu planen oder im Rahmen einer FMEA diese Informationen zu nutzen. Wenn es dann darum geht, mögliche Fehler, Ursachen, die Häufigkeit, die Fehlerfolgen und so weiter zu bewerten, dann haben Sie eine stabilere Datenbasis, als wenn sie jetzt diese Dinge auf sehr theoretisch und ohne irgendwelche Hintergrundinformationen bewerten müssen, bei so einer FMEA, das ist immer die Schwierigkeit, wenn es darum geht: Ja, wie häufig kommt denn so ein Fehler vor und was sind die Fehlerfolgen. Hier hätten Sie dann, wenn Sie das also entsprechend dokumentieren und archivieren, einen Hinweis darauf: Was ist früher bei uns in der Produktion passiert beziehungsweise in unserem Unternehmen und was kann jetzt bei einem neuen Produktionsprozess, den wir jetzt hier planen, unter Umständen hier vorkommen und dann im Rahmen einer Prozesse-FMEA untersucht werden.

Götz Müller: Ja, und ich komme eben da auch wieder einer, nennen wir es mal übergeordneten Ebene, auch da wieder weg von den Meinungen, ja von den wagen Ansichten, von dem, ja, in der Vergangenheit vielleicht mal gewesen, sondern ich habe die harten Fakten?

Peter Cartus: Genau. Das ist der große Vorteil, wie gesagt, wenn man dann diese Dinge auch mal, wenn man da mal nachlesen kann, weil man sie gesammelt hat und das sind dann wirklich auch Fakten wie Sie sagen, mit denen man etwas anfangen kann und kann besser abschätzen über ein Risikomanagement: Was muss ich dann bei einem neuen Prozess dann beispielsweise beachten? Das kann ich aber nicht nur bei der FMEA machen, sondern das ist hervorragend geeignet aus dem Bereich Arbeitssicherheit, wenn es um die Gefährdungsbeurteilung geht, die müssen Sie ja immer machen. Auch darum, um mögliche Fehlerfolgen, Häufigkeiten und Entdeckbarkeit und so weiter zu bewerten. Hier hätten Sie dann entsprechende Informationen, was denn tatsächlich so in dem letzten Jahr oder in den letzten zwei, drei, vier, fünf Jahren, je nachdem, wie lange Sie das schon machen, dann bei Ihnen vorgekommen ist, wenn Sie das denn auch dokumentiert und archiviert haben, ist der große Vorteil.

Götz Müller: Ja, es gilt auch hier wieso die alte Regel: Natürlich wäre es schön gewesen, wenn man schon vor zehn, zwanzig Jahren mit einer Sache angefangen hätte, aber der zweitbeste Weg ist immer noch eben, das heute zu tun, das Anfangen.

Peter Cartus: Genau. Man kann ja immer anfangen, sich zu verbessern.

Götz Müller: Das war ein gutes Schlusswort, auch wenn wir jetzt in dem Sinne am Ende sind, Herr Cartus, ich danke Ihnen für die interessanten Einblicke in eine Methode, die mir zwar nicht völlig fremd war, aber ich sie bisher so aktiv nicht gepflegt habe.

Peter Cartus: Es freut mich, wenn das nochmal etwas aufgefrischt worden ist, also ich kann es nur empfehlen, wenn man, wie gesagt, nicht zufrieden ist, wie der ganze Problemlösungsprozess läuft, wenn das, wie gesagt, alles zu lange dauert und man weiß nicht, wer ist jetzt gerade wo dran, diese Routine zu nutzen und für sich selbst zu entwickeln, damit, wie gesagt, Transparenz da ist, durch die Visualisierung und jeder vor allen Dingen weiß, was zurzeit gerade läuft und dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel größer, dass Ihre Probleme dann in kürzerer Zeit als bisher gewohnt auch erledigt sind.

Götz Müller: Prima, das war nochmal eine schöne Zusammenfassung.

Das war die heutige Episode im Gespräch mit Peter Cartus zum Thema QRQC in der Praxis. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 273.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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