Kaizen 2 go 279 : CE-Prozess


 

Inhalt der Episode:

  • CE-Kennzeichnung und Risikobeurteilungen, wer ist davon betroffen, welche Folgen ergeben sich aus dieser Betroffenheit?
  • Welche Herausforderungen stehen Unternehmen bei diesen Themen immer wieder gegenüber?
  • Wie greifen CE-Kennzeichnung und Risikobeurteilung ineinander?
  • Was sind immer wieder auftretende Prozessschritte in der CE-Kennzeichnung und bei Risikobeurteilungen?
  • Wann machen Veränderungen im Rahmen von Verbesserungsprozessen Neubewertungen notwendig?
  • Wie vermeidet man, dass dadurch unnötige Hürden entstehen?
  • Wie entwickelt sich das Thema auf der Normenebene? Welche Auswirkungen entstehen dadurch auf den Bewertungsprozess?
  • Wie kann die persönliche Präsenz im Begutachtungs- und Bewertungsprozess durch virtuelle & Online-Elemente ersetzt werden?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 279 : CE-Prozess

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Dirk Leitsch bei mir im Podcast-Gespräch. Er ist Experte für CE-Kennzeichnung von Maschinen. Hallo Dirk.

Dirk Leitsch: Hallo, ich grüße dich.

Götz Müller: Ich ja, schön, dass du heute dabei bist. Ich habe schon so ein kurzes Stichwort zu dir gesagt, aber stell dich gern nochmal und deinen Hintergrund den Zuhörern vor.

Dirk Leitsch: Ja, also mein Name ist Dirk Leitsch und ich kümmere mich hauptberuflich um das Thema der CE-Kennzeichnung für Maschinen, bin von der Ausbildung her Elektroingenieur und bin irgendwann vom Projektingenieur zum Abteilungsleiter in dieses Thema Maschinensicherheit reingestolpert und habe mich dann in diesem Bereich irgendwann selbstständig gemacht und begleite seitdem, ja, Maschinenhersteller, Maschinenbetreiber, Erfinder, Forscher mit den Hürden der CE-Kennzeichnung und da unterstütze ich die.

Götz Müller: Jetzt könnte ich mir vorstellen, dass vielleicht nicht jeder so tief drinsteckt wie du und ansatzweise weiß ich auch so bisschen, um was es geht, deshalb vielleicht so ein paar Stichworte, einleitende Sätze, was ist eigentlich CE-Kennzeichnung, was ist die begleitende Risikobeurteilung, wen betrifft es und was ergibt sich aus dieser Betroffenheit?

Dirk Leitsch: Also dieses CE-Kennzeichen, das kennt wahrscheinlich jeder von seinen Geräten, wo so ganz klein bei dem Typen irgendwo CE steht und dieses CE-Zeichen bedeutet, dass der Hersteller die EU-Richtlinien, die auf dieses Erzeugnis zutreffen, eingehalten hat. Das ist jetzt so eine formelle Aussage. Auf Deutsch gesagt, wenn ich als Hersteller eine Maschine in der Europäischen Union, das heißt alle EU-Länder, Deutschland, Spanien, Italien, alle dreiundzwanzig Stück, verkaufen möchte, dann muss ich diese Richtlinie, die EU-Richtlinien einhalten. Bei Maschinen ist es die Maschinenrichtlinie hauptsächlich und mit dieser CE-Kennzeichnung bestätige ich sozusagen, da könnte man jetzt sagen so eine einseitige Willenserklärung des Herstellers „Ja, das Produkt entspricht diesen Richtlinien und ist damit sicher“.

Götz Müller: Also ich glaube, es ist wichtig eben nochmal, ja, sagen wir zu betonen, da guckt kein anderer erstmal drauf, solang nichts passiert, sondern es ist halt eine Art von Selbstoffenbarung, könnte man es auch nennen.

Dirk Leitsch: Also teils teils. Es gibt einmal die CE-Kennzeichnung. Das ist ein, sage ich mal, ein eigenes Verfahren, wo der Hersteller, Konformitätsbewertungsverfahren nennt sich das, als konform von Übereinstimmung, man hätte es auch Übereinstimmungsverfahren nennen können, da prüft er selbst nach, stimmt meine Maschine mit den Richtlinien und den zugehörigen Normen überein und erklärt dann auf der Konformitätserklärung, die dann jeder immer haben möchte, dass die Maschine das macht. Bei verschiedenen Maschinen, die, ich nenne es jetzt einfach mal besonders gefährlich sind, in der Fachwelt nennt man die „Anhang-4-Maschinen“ zur Maschinenrichtlinie, da muss man eine staatliche Stelle hinzuziehen in der Regel, und da spricht man dann auch von CE-Zertifizierung und das kann ich natürlich nicht selber machen, und das muss mir notifizierte Stelle sein.

Götz Müller: Ja. Jetzt sage ich mal, wir würden über solche Themen nicht reden, wenn das alles so easy peasy wäre und sich aus dem Gesamtkomplex nicht auch Herausforderungen ergeben, also sprich an die Unternehmen, so nach dem Motto: „Ich hau halt da dieses CE-Zeichen drauf und gut ist es.“

Dirk Leitsch: Genau. Also, was sind die Herausforderungen? Da könnte ich jetzt einfach überlegen, wer ruft bei mir an. Das sind einmal die, die wissen: Ok, ich brauche eine CE-Kennzeichnung. Ich will mir den Ärger sparen, ich will mir auch ein recht hohes Bußgeld sparen, also die sind im fünfstelligen Bereich. teilweise im sechsstelligen Bereich, diese Bußgelder, wenn ich da ein Produkt in den Verkehr bringe, was keine CE-Kennzeichnung hat. Der Wettbewerber beobachtet natürlich ganz genau, wenn man irgendwo ein Produkt in den Markt einführt. Also das sind die, die sich vorher Gedanken machen. Dann habe ich einmal diejenigen, ja, wo es letztendlich zu spät ist. Das heißt, es ist irgendwo ein Unfall an der Maschine passiert, eine Behörde hat sich dem Thema angenommen und fordert dann entsprechend die Unterlagen. Und dann habe ich noch einen, sag ich mal Kreis von Betreibern, der eigentlich gar nicht weiß, dass er Hersteller ist und kommt durch, ich nenne es jetzt mal unglückliche Zustände oder Umstände dazu, indem er Maschinen mit CE-Kennzeichnung zusammenfügt, zu einer sogenannten Gesamtheit und dann ist das plötzlich zum Hersteller geworden und wollte es gar nicht. Also die habe ich auch sehr häufig.

Götz Müller: Mhm, Mhm. Jetzt hatte ich einleitend ja ein Stück weit zwei Stichworte bei dir abgeguckt, möchte ich es mal nennen, einmal die CE-Kennzeichnung. Und damit, glaube ich, gekoppelt eben die Risikobeurteilung. Das heißt, nach meinem Verständnis greifen die Dinge ja auch ineinander und da wäre jetzt die Frage: Welche Wechselwirkungen bestehen da auch?

Dirk Leitsch: Mhm. Also um die CE-Kennzeichnung vergeben zu können, muss ich ja, wie ich schon gesagt hatte, dieses Komformitätsbewertungsverfahren durchlaufen. Das ist ein gewisses Verfahren, wo ich jetzt erstmal die Maschine einordne, was ist das denn überhaupt für eine Maschine und welche Richtlinien gelten dafür und dazu gehört auch zu diesem Verfahren die Risikobeurteilung, also zuerst identifiziere ich die Gefahrstellen von dieser Maschine, erstmal die hypothetischen Gefährdungen, was kann da überhaupt passieren, ich kann mich klemmen, quetschen und sonstiges und dann mache ich einen Risikobeurteilungen, das heißt, ich bewerte diese Gefährdungen. Wie schlimm sind die denn wirklich, wenn ich jetzt mit dem Finger dazwischenkomme, ist der dann ab oder ist er nur geprellt? Und dann nenne ich dort auch schriftlich, also nicht nur mündlich, die Hersteller wissen das meistens, was sie machen wollen, machen das auch, aber sie dokumentieren es nicht richtig. Das heißt, da muss ich dann auch wirklich aufschreiben: Ich vermeide die Quetschstellen konstruktiv oder ich habe einen Schutzzaun davor und wenn ich die Tür öffne, dann schaltet sich die gefahrbringende Bewegung, das heißt die Maschine dahinter ab. Und wenn ich die Tür wieder schließe, muss ich erst quittieren, bevor ich sie wieder einschalte, dass wenn ich in der Maschine drinstehen und die Tür mir aus Versehen zufällt, dass die mir nicht aus Versehen anläuft und solche Punkte schreibe ich dann in diese Risikobeurteilung rein und das ist, sag ich mal, auch mein Handwerk, wo ich dann die Hersteller unterstütze, oder die Betreiber, um dann diese Risikobeurteilung zu erlangen und dann später auch nachweisen zu können. Das ist sozusagen das wichtigste Dokument. Wenn etwas passiert ist, kann ich das rausziehen, kann sagen: Da und da ist irgendjemand dazwischen gekommen an der Maschine und dann kann ich da reinschauen und kann sehen, ok, ist das richtig bewertet worden, ist das Risiko überhaupt erkannt worden, oder welche Maßnahmen sollten da denn eigentlich greifen, dass da keiner dazwischenkommt?

Götz Müller: Jetzt anhand von dem, ich glaube, du hast den Begriff Verfahren oder irgendwas Verwandtes, möchte ich es nennen.

Dirk Leitsch: Genau, Konformitätsbewertungsverfahren, Übereinstimmungsverfahren könnte man es auch nennen.

Götz Müller: Genau. Da höre ich jetzt durch meine Prozessohren, möchte ich es mal nennen, höre ich jetzt raus, dass es immer wieder vergleichbare Schritte sind, also im Sinne eines Prozesses, ich mache im Grunde immer wieder vergleichbare Dinge, auch wenn jede Maschine möglicherweise ein Unikat ist und trotzdem kann ich den Prozess drüberstülpen, so wie ich ja durchaus auch über ein Projektmanagement einen Projektmanagementprozess darüberstülpe, obwohl das Projekt an sich auch wieder einmalig ist.

Dirk Leitsch: Mhm, genau. Also dieses Bewertungsverfahren, das ist immer wieder gleich. Für mich macht es jetzt keinen Unterschied, ob ich jetzt, ja, eine ziemlich große Maschine habe, wie zum Beispiel so eine Holzstraße, wo vielleicht ein Holzbalken zersägt wird und vorne erst draufgelegt wird und am Ende kommen fertige Bretter raus oder ich habe einen autonomen Roboter, der vielleicht irgendwo durch ein Hotel fährt und dort Getränke ausliefert, also der Bewertungsprozess für mich ist für beide Maschinen das Gleiche tatsächlich. Inhaltlich ist er natürlich anders, aber der Prozess, die einzelnen Schritte, sind immer wieder die gleichen.

Götz Müller: Ja, und in dem Kontext würde mich dann eben auch interessieren, wenn ich jetzt anfange, Dinge an dieser Maschine zu verändern, damit etwas besser wird, was auch immer jetzt konkret besser bedeutet, kann man irgendwo über den Daumen peilen, wann ich anfangen muss, jetzt diesen Prozess, diesen Bewertungsprozess, diese Beurteilung noch mal zu machen?

Dirk Leitsch: Ja. Also das kann man sogar bei der CE-Kennzeichnung von Maschinen ganz genau sagen, ab wann eine Veränderung wesentlich ist. Wir sprechen dann immer von einer wesentlichen Veränderung, wenn das zutrifft, dann muss ich das Konformitätsbewertungsverfahren wiederholen. Ich kann ja mal gerade so die Schritte anreisen mit Überschriften, dass man sich so ein bisschen was darunter vorstellen kann, was wenn zu diesem berühmt-berüchtigten Konformitätsbewertungsverfahren dazugehört. Also der erste Schritt ist immer eine Richtlinienbestimmung. Das heißt, ich schaue nach, welche Richtlinien gelten denn überhaupt für die Maschinen, eine habe ich schon genannt, die heißt geliebte Maschinenrichtlinie, zumindest bei mir, bei vielen anderen nicht. Die Niederspannungsrichtlinie habe ich häufig, wenn irgendwo Elektrizität mit im Boot ist, dann habe ich gleichzeitig auch die EMV-Richtlinie, elektromagnetische Verträglichkeit, dass ich keine elektromagnetischen Störungen aussende mit meiner Maschine oder auch dass meine Maschine gestört wird durch irgendwelche Störungen und da plötzlich etwas anläuft, was ich nicht möchte. Dann habe ich noch die ROHS-Richtlinie, die kümmert sich um, ich nenne es jetzt einfach mal vereinfacht giftige Stoffe in Elektronikprodukten, zum Beispiel, dass die bleihaltig gelötet sind, kennen wahrscheinlich viele und noch viele andere Öko-Design-Richtlinie, Outdoor-Richtlinie. Da gibt es noch jede Menge andere angrenzende Richtlinien. Und im ersten Schritt schaue ich erst mal nach, welche Richtlinien gelten, gibt es Ausnahmen, welche gelten nicht, dass ich erstmal weiß: Okay, was ist mein Rahmen. Danach wähle ich das jeweilige Bewertungsverfahren aus diesen Richtlinien aus. Wir haben jetzt schon eben gelernt, bei der Maschinenrichtlinie gibt es zum Beispiel eines für besonders gefährliche Maschinen, wo ich dann eine externe Stelle dazu benötige, eine staatliche, oder kann ich das selbst machen? Das wäre dann die interne Fertigungskontrolle, das Bewertungsverfahren. Das wähle ich dann aus und im nächsten Schritt schaue ich erstmal, welche Normen gibt es denn zu dieser Maschine oder zu diesem Produkt. Für jede EU-Richtlinie, wie jetzt zum Beispiel die Maschinenrichtlinie, gibt es dann einen Haufen Normen. Bei der Maschinenrichtlinie sind es dann so Richtung achthundert, die unter dieser Richtlinie harmonisiert sind. Das bedeutet, wenn ich diese Normen einhalte, dann habe ich die sogenannte Vermutungswirkungen, dann vermutet man oder geht man davon aus, dass auch die Richtlinie eingehalten ist. Das heißt, wenn ich eine Norm finde, die genau auf meinem Produkt passt, wenn ich die eins zu eins einhalte, dann habe ich damit auch die Vermutungswirkung ausgelöst und kann damit sozusagen auch bestätigen, dass ich die Richtlinie eingehalten habe. Das heißt, man recherchiert diese Norm, meistens findet man dann so dreißig, vierzig Normen von diesen achthundert, die anwendbar sind, aber häufig auch nur in Teilen, zum Beispiel, wenn ich jetzt eine heiße Oberfläche habe, ab wann ist heiß, das kann man dann in dieser Norm nachschauen? Wie lange muss ich da drauffassen, dass ich mich verbrenne zum Beispiel und was kann ich dagegen tun? Und da gibt es für unterschiedlichste Gefährdungen auch Normen dann entsprechend. Das heißt Normenrecherche wäre der dritte Schritt. Dann die Identifizierung der Gefahrstellen, da arbeitet man üblicherweise mit Gefährdungskatalogen, wo man übliche Gefährdungsarten drin hat, thermische Gefährdungen, mechanische, elektrische Materialien, Substanzen, also die geht man durch, diese Kataloge, und prüft erstmal: Ist das überhaupt da, oder nicht? Wenn ich die dann identifiziert habe, dann erstelle ich erst die Risikobeurteilung, das ist jetzt so der Zusammenhang Risikobeurteilung, CE-Kennzeichnung. Da nenne ich dann auch die Grenzen der Maschine, wo fängt die an, wo hört die auf? Ein klassisches Beispiel ist der Netzstecker, die Maschine fängt irgendwo an dem Stecker an, aber die Steckdose gehört dann nicht mehr dazu und da sollte man sich natürlich als Hersteller klar abgrenzen, wenn es dann zu irgendeinem Vorfall kommt, dass man dann auch sagen kann: Okay, das war überhaupt nicht meine Maschine, da habe ich gar keine Aktien drin.

Götz Müller: Mhm, ja. Ich könnte mir vorstellen, ja, dass das, kommt mir gerade so aus meinem früheren Leben in den Sinn, so Überspannungsthemen, da kann man sich dann aber auch wieder andererseits nicht rausreden, und sagen „Ja, da ist halt 1000-Volt-Impuls drauf gewesen“.

Dirk Leitsch: Jein. Also es ist ja auch geregelt, in diversen Normen, wie spannungsfest eine Maschine sein muss. Und wenn die jetzt an einer, sage ich mal so einer ganz normalen Schukosteckdose dranhängt, dann kann ich da natürlich als Maschinenbauer einen gewissen Spannungspegel erwarten und derjenige, dem die Steckdose gehört und der für die technische Gebäudeausrüstung zuständig ist, der muss natürlich dafür sorgen, dass da der Normpegel ankommt. Das heißt, der muss auch schon mal seiner Elektroinstallation so installiert haben. Früher hat man immer gesagt, Grob- Mittel-, Feinschutz, das heißt, der Maschinenbauer kümmert sich um den Feinschutz, die Klassen heißen mittlerweile anders ist, das wurde auch in Klassen eingeteilt, aber das Prinzip ist das Gleiche. Der Maschinenbauer wäre dann sozusagen in der Regel der Feinschutz, wenn ich jetzt an der Steckdose dranhänge und der Betreiber dann sozusagen der Grob und Mittelschutz, für den Blitz. Genau. Das heißt, wenn ich die Risikobeurteilung habe, da habe ich dann auch die ganzen Maßnahmen, die ich durchgeführt haben muss und auch die Hinweise für die Betriebsanleitung, das sind auch Maßnahmen. Und dann gibt es noch so ein paar spezielle Dokumente. Die Liste der Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinenrichtlinie. Das ist eine Liste, welche Anforderungen eingehalten werden müssen aus dem Anhang von der Maschinenrichtlinie. Bei mir gibt es dann üblicherweise noch einen Maßnahmenkatalog, wo die dann gebündelt ein Dokument bekommen: Was müssen Sie denn jetzt eigentlich konkret noch machen? Weil diese Dokumente werden dann doch recht groß, also da ist man schnell bei über hundert Seiten Papier. Und da ist es immer ganz schön, wenn derjenige dann einfach nochmal auf einem Blatt stehen hat: Okay, was muss ich denn jetzt als Hersteller noch machen?

Götz Müller: Und im Idealfall steht da ja auf diesem einen Blatt steht ja nichts drauf, also sprich, du musst nichts mehr machen. Das andere braucht man dann trotzdem, auch wenn es dann im Grunde nur im Schrank verschwindet.

Dirk Leitsch: Genau. Also die Unterlagen, in der Regel legt man die dann in einen Schrank und wartet darauf, dass hoffentlich nichts passiert. Und wenn man irgendwo angesprochen wird, von der Behörde, dann muss man die natürlich ausliefern, also man ist nicht als Hersteller verpflichtet, diese Unterlagen auszuliefern, kann man natürlich einzelvertraglich regeln. Das ist so das Bewertungsverfahren. Das letzte Dokument, dann unsere Konformitätserklärung, das heißt, das ist dieser Einseiter, oder Zweiseiter, wo dann nochmal die Richtlinien aufgeführt wurden, die Normen und die Maschine und das unterschreibe ich dann als Hersteller und damit bestätige ich dann sozusagen diese CE-Kennzeichnung. Das ist so der Prozess. Wenn ich jetzt an dieser Maschine irgendetwas umbaue oder verändere, da ist in der Praxis dann häufig die Ausrede, kann ich jetzt mal sagen „Wir können nichts verbessern, wir können nichts umbauen, CE, wir verlieren unsere CE“, da gibt es aber einen ganz genauen Prozess, da gibt es auch so ein Interpretationspapier, nennt man das, wo man dann bewertet, ist denn diese Veränderung wesentlich oder ist die nicht wesentlich und grundsätzlich kann man sich merken: Bringt man neue Risiken und Gefährdungen hinzu und die werden durch diese vorhandenen Schutzmaßnahmen nicht mehr abgedeckt, diese Risiken, dann bin ich schon nah dran, dann sollte ich das auch schriftlich dokumentieren mit diesem Interpretationspapier, dass ich da irgendwo etwas verändere und was sich verändert habe.

Götz Müller: Ja, aber ich komme dann eben, höre ich da raus, ich komm nicht darum herum, zumindest ein Stück weit, darüber nachzudenken. Ich darf einerseits nicht blind machen, so nach dem Motto „Den Stempel haben wir jetzt“ und anderseits aber, du hast, und da wollte ich nochmal bisschen tiefer drauf eingehen, es darf aber auch keine Ausrede sein mit „Da kann ich ja nichts machen“, das kenne ich aus einem anderen Kontext, Pharma, da gibt es so einen netten Begriff, Good Manufacturing Practice, wo auch immer ganz schnell die Ausrede entsteht: „Ja, da können wir nichts verbessern, weil die FDA und trallala, darf man nicht.“

Dirk Leitsch: Genau. Also bei der CE-Kennzeichnung, wenn man selbst der Hersteller ist, hat man es natürlich einfach, ich habe die Risikobeurteilung, ich habe alle Unterlagen, dann mache ich eine Revision von den Unterlagen, schaue in die Risikobeurteilung rein, was hat das für Auswirkungen, schreibe da Datum und Versionierung hin und wenn das keine Auswirkungen hat, dokumentiere ich das einmal. Da bin ich eigentlich relativ schnell fertig. Habe ich diese Unterlagen nicht, das heißt, die Maschine hat irgendjemand anders hergestellt und ich möchte aber trotzdem als Betreiber, das sind ja meistens diejenigen, die irgendwas verbessern wollen, die kriegen eine Maschine geliefert, und wollen die dann schneller, besser, höher sozusagen machen, und dann braucht man dieses Interpretationspapier, wo man dann wirklich bewerten kann, ist es denn eine wesentliche Änderung oder nicht. Und natürlich selbstverständlich der Tipp oder Hinweis, sprecht den Hersteller an, nennt ihm die Verbesserungswünsche und nehmt den mit ins Boot. Nur manchmal ist der natürlich auch nicht mehr vorhanden und nicht mehr erreichbar und dann kann man das selbst machen mit diesem Interpretationspapier und dann kommt da raus: Okay, ich kann diese Veränderung vornehmen, ohne dass ein neues Risiko entsteht, dann macht man das und dokumentiert das war für sich und wenn dann rauskommt, da entstehen doch neue Risiken, die ich jetzt nicht so leicht in den Griff bekomme, dann muss man halt dieses Bewertungsverfahren neu anstoßen und dann letztendlich dieses bewerten und dann auch umsetzen. Es gibt ja immer die materielle Sicherheit und die formelle Sicherheit, ich nenne es jetzt einfach mal das Papier, dass das alles richtig dokumentiert ist. Das ist dann formell, das ist wichtig, aber am allerwichtigsten ist immer das auch materiell sicher ist, nicht, dass da irgendwas getrickst wird und dann kommt jemand dazwischen. Das ist immer traurig.

Götz Müller: Mhm ja, natürlich. Jetzt geht mir gerade noch ein Gedanke durch den Kopf, vielleicht ist es eine blöde Frage, aber wann wird eigentlich eine Maschine zur Maschine und was ist eine Nicht-Maschine? Gerade so in einem Kontext einer Produktionsstraße, kann man da quasi dem Laien, der jetzt vielleicht ganz unbedarft an ein Thema rangeht und so nach dem „Ja, jetzt tune ich das Ding mal ein bisschen“?

Dirk Leitsch: Mhm, also du hast schon einen schönen Begriff genannt, Nicht-Maschine gibt, da gibt es tatsächlich einen Fachbegriff, das nennt sich unvollständige Maschine, davon spricht die Maschinenrichtlinie. Und das ist auch, ja, häufig ein Streitpunkt zwischen Hersteller und Betreiber. Der Hersteller möchte gerne möglichst die unvollständige Maschine liefern und die vollständige Maschine soll dann der Betreiber zum Beispiel machen. Eine unvollständige Maschine wäre zum Beispiel eine Maschine, die noch keine bestimmte Funktion hat, ein Motor, da dreht sich zwar die Welle, ich kann das einschalten, aber da kann ich nichts damit produzieren, da kann ich nichts damit machen. Das ist nicht für eine bestimmte Funktion zusammengefügt, aber dafür gedacht, in anderen Maschinen oder andere unvollständige Maschinen eingebaut zu werden. Und die Maschine an sich, das ist definiert, ich habe bewegliche Teile, die sind angetrieben mit einer anderen als der menschlichen oder tierischen Kraft, auf Deutsch würde man sagen, Pneumatik, Hydraulik, Elektrik, irgendwo ist ein Motor dran, der irgendwie angetrieben wird. Ich habe bewegliche Teile und die sind für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt. Das heißt, da kommt irgendetwas, da passiert irgendwas und diese Anwendung, das ist meistens auch diese bestimmungsgemäße Verwendung für diese Maschine. Das heißt, ich habe jetzt irgendwo, keine Ahnung, eine Rührmaschine, die soll dann rühren natürlich, dann ist die bestimmungsgemäße Verwendung, dass die rührt. Ein Betonmischer soll Beton mischen zum Beispiel. Also jede Maschine hat dann irgendwas, was sie auch machen kann, das ist dann häufig einen Unterschied. Wenn ich eine unvollständige Maschine liefere, muss ich dort in der Regel keine CE-Kennzeichnung anbringen und auch keine Betriebsanleitung erstellen und auch keine Konformitätserklärung erstellen. Das ist der Unterschied zu einer Maschine. Dann denkt man jetzt „Oh super, ich liefere jetzt nur noch unvollständige Maschinen aus, ich lasse immer ein Stückchen weg.“, das ist aber dann auch nicht erlaubt. Also das ist dann genau definiert, auch wenn nur einen Anschlusskabel fehlt, es ist trotzdem eine Maschine. Und für diese sogenannte unvollständige Maschine muss ich trotzdem eine technische Dokumentation erstellen. Das heißt, die Montageanleitung ist der Betriebsanleitung gleichzusetzen, die ich für eine normale Maschine habe. Also für eine vollständige Maschine habe ich eine Montageanleitung und ich fülle keine Konformitätserklärung am Ende aus, sondern eine Einbauerklärung. Also ich bin da nicht viel weiter dann, wenn ich jetzt versuche, die Maschinen als unvollständige Maschinen in die Welt zu bringen.

Götz Müller: Jetzt, genau, das war noch mal ein Stichwort, in die Welt bringen, liefern, muss ich mir das jetzt immer so vorstellen, dass ich, einen Verkäufer und einen Käufer habe oder habe ich diesen Lieferzustand auch, in einer abgeschwächten Form, möchte ich es mal nennen.

Dirk Leitsch: Ich glaube, ich weiß, auf was du hinauswillst, auf Maschinen, die man selbst verwendet, zum Beispiel? Also es spielt keine Rolle, ob die Maschine jetzt entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Sobald die Maschine Dritten zur Verfügung gestellt wird, die damit produzieren, irgendwas machen, die in Betrieb nehmen, ist die Maschine in Verkehr gebracht. Also, da gibt es auch gemeine Sachen, man liefert die Maschine irgendjemanden, der Elektriker soll das alles anschließen und die restlichen Sachen dranbauen und plötzlich ist der Elektriker zum Hersteller geworden, ohne dass er das wollte.

Götz Müller: Ja, was im Handwerkskontext ein ganz, ganz großes Thema ist, nicht bloß bei Maschinen, schon bei Farbe oder sonstigen Dingen.

Dirk Leitsch: Genau und da muss man immer aufpassen, wer ist der Hersteller? Und da gibt es leider auch Vorfälle in der realen Welt, nenne ich es jetzt einfach mal, wo irgendjemand zum Hersteller geworden ist, wusste es gar nicht, den trifft aber trotzdem die volle Härte des Gesetzes dann, wenn irgendwas passiert ist, weil er zum Hersteller geworden ist. Also es ist häufig bei Betreibern so, die kaufen sich Maschine 1 mit CE-Kennzeichnung, kaufen sich Maschine 2 als unvollständige Maschine, da steht ja auch nicht drauf „Sie müssen jetzt das und das machen“ in der Regel, das steht zwar in der Einbauerklärung drin, „Die darf erst in Betrieb genommen werden, wenn festgestellt ist, dass die Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinenrichtlinie eingehalten sind.“, das steht dann normal in der Einbauerklärung drin, aber das liest sich ja, auch keiner so richtig durch und weiß, was das bedeutet. Das heißt, der hat seine unvollständige Maschine, seine mit CE, fügt die zusammen, baut sich dann aus ein paar Bändern noch eine Produktionsstraße draus und dann kommt irgendjemand dazwischen und plötzlich steht das Regierungspräsidium vor denjenigen und sagt: „Ja, Sie haben da gerade eine Maschine gebaut.“

Götz Müller: Ja, und dann kann’s bitter werden. Gut. Jetzt glaube ich, zumindest wieder aus meinem früheren Leben raus, so ein bisschen in der Erinnerung, Nomen sind ja nichts Statisches, zumindest die technischen Normen nicht, auf einer anderen Ebene vielleicht eher, aber auf der technischen Ebene verändern sich ja Dinge ständig, sonst hätte ich ja, so etwas wie Innovation hätte ich ja nicht, wenn sich nicht dort etwas verändern würde. Was für eine Einwirkung habe ich aus solchen Dingen auf den Bewertungsprozess, jetzt auf einer abstrakten Ebene, gibt es da Einwirkungen, kann man das pauschalisieren?

Dirk Leitsch: Ja, also die Norm, dass die sich ändern, das betrifft natürlich den Maschinenbau relativ stark. Also ein-, zweimal im Jahr werden dann neue Normen rausgebracht. Sie nennen sich dann in der Regel Durchführungsbeschlüsse von der EU-Kommission und die schreiben dann rein, welche Normen sind gestrichen, welche wurden verändert oder welche sind neu hinzugekommen. Und die fügen sich dann sozusagen in diese große Liste der achthundert Normen ein und da muss ich natürlich als Hersteller immer auf dem aktuellen Stand sein. Wenn sich jetzt eine Norm ändert und ich habe eine Serienfertigung, dann sollte ich das natürlich mitbekommen, dass ich dann auch die neue Norm einhalte. Wenn ich jetzt nur einmal eine Maschine herstelle, dann muss ich die Norm zu diesem Zeitpunkt einhalten können. Und aus der Praxis kann ich sagen, wir gehen ja auch auf neue Technologien hier ein, die Technologie hängt teilweise die Normengremien ab. Also es gibt viele technologische Fortschritte, wo man dann Probleme hat, dort Normen zu finden oder die Normen sind das erste Mal rausgebracht worden und sind noch so, sage ich mal neu, dass es dann schwierig wird, auch technologisch wirklich einzuhalten, was das Normengremium sich da ausgedacht hat. Also sei es, dieser autonome Roboter, den ich vorhin genannt hatte, der als Minibar durchs Hotel fährt, von einer Etage in die andere Etage mit dem Aufzug alleine fährt, aber Treppen auch erkennen soll und keinen Fluchtweg versperren soll, und da gibt es Normen für mittlerweile, für diese Assistenzroboter, aber das ist sehr schwer, die dann auch technisch wirklich in die Praxis umzusetzen. Oder Drohnen, da gibt es so ein paar Fälle, wo man sich da auch, ja, ganz gut die Zähne ausbeißen kann mit den neuen Verordnungen, wo es noch gar keine Normen dann teilweise gibt wieder aktuell.

Götz Müller: Ja. Man könnte es durchaus so ein bisschen als ein Katz-und-Maus-Spiel bezeichnen, glaube ich.

Dirk Leitsch: Ja, ich weiß nicht, ob ich es jetzt als Katz-und-Maus-Spiel bezeichnen würde … also, ich glaube, die Normengremien, die wollen ja letztendlich nichts Böses, die wollen ja nur versuchen, ein einheitliches Sicherheitslevel hinzubekommen, nur es ist unsagbar schwierig, so eine Norm zu erstellen, weil die sind ja irgendwie alle verflochten. Das heißt, wenn ich es mir so eine Norm mal anschaue, da sind dann am Anfang dreißig andere Normen genannt, die in diesem Jahr mit eingeflossen sind, wenn die neu erstellt wird und die muss ich auch noch alle beachten und ich darf denen nirgendwo widersprechen den anderen und da kann man sich doch schnell verflechten, also ich wollte keine Normen schreiben tatsächlich.

Götz Müller: Ja. wir sehen es ja an anderen Stellen gerade, was da so schieflaufen kann, wenn man die Konsequenzen nicht ausreichend denkt.

Dirk Leitsch: Genau, ja. Ja, das stimmt. Also es werden Regularien festgelegt und dann sieht man in der Praxis „Oh, das funktioniert nicht so richtig“, dann wird es wieder umgeändert, das sieht man jetzt aktuell durch unsere Politik, dass die irgendwie versuchen, das alles in den Griff zu bekommen und genauso ist es dann mit den Normen, nur die Normengremien sind natürlich unsagbar langsamer, weil die viele Instanzen durchlaufen müssen und können nicht so schnell hoch und runter vor und zurück entscheiden.

Götz Müller: Ja. Jetzt würde ich zum, im Grunde zum Schluss, wobei wir uns da durchaus auch noch einige Minuten Zeit nehmen sollten dafür, weiß ich jetzt von dir, dass einerseits der Aspekt persönliche Präsenz ursprünglich ein relativ wichtiges Thema war, so wie das jetzt in meinem Umfeld Lean-Management und Co, dieses Dahingehen und gucken, was passiert da und sich nicht aufs Hörensagen verlassen, das in beiden Fällen, glaube ich, ein ziemlich wichtiges Thema ist und andererseits weiß ich, dass es dir sehr gut gelungen ist, das Thema sehr stark zu virtualisieren und da, glaube ich, kann man etwas draus lernen ganz einfach, aus deinen Erfahrungen, die du da gemacht hast.

Dirk Leitsch: Ja. Also, ich habe da wirklich Erfahrungen gemacht, die habe ich schon vor unserer Pandemie gemacht und habe versucht, das virtuell zu machen. Der Anspruch kam aber tatsächlich durch Kunden im Kraftwerksbereich, wo es unsagbar lange dauert, eine, sage ich mal, Vor-Ort-Begehung zu machen, weil man da diverse regulatorische Zugangsvoraussetzungen benötigt und Anträge stellen muss, dass man in so einem Kraftwerk reinkommt. Und das Projekt war aber ziemlich knapp getaktet und da hat der Kunde damals zu mir gesagt, egal, was ich brauche, ich soll einfach so tun, als würde ich dahin gehen, gedanklich, anhand der Zeichnung und würde sagen, wo gucke ich hin, was mache ich und die machen mir Videos, die ich machen mir Texte, die liefern mir alles, was ich da auch in Wirklichkeit sehen würde und so habe ich damals eine Maschine bewertet oder so hat das angefangen, dass ich mir dann wirklich überlegt habe: Okay, wenn ich jetzt zu einer Maschine hingehe, wo schaue ich als erstes hin? Schaue ich in den Schaltschrank rein, ich schaue mir die Bedienstellen an, ich laufe um die Maschine rum, ich schau dann innen rein vielleicht. Ich lasse mir die Maschine mal vorführen, wie sie verwendet wird und diese ganzen Informationen habe ich dann digital erfassen lassen, durch den Kunden, Videos, Bilder. Sehr gut sind tatsächlich Videos, wenn man da so in Gänseschritten um die Maschine läuft, ganz langsam, und dann kann man auch mal auf Pause drücken später im Video, wenn man irgendwas bespricht. Und dann habe ich diverse Fragenkataloge, wie ich schon vorhin gesagt habe, diese Identifizierung der Gefahrstellen, was ich früher live gemacht habe, da bin ich zum Kunden vor Ort gefahren, habe mir das alles angeschaut und da habe ich die Erfahrung gemacht „Ah, da kommt der Herr Leitsch, der macht das jetzt mit der Maschine, wir gehen mal einen Kaffee trinken.“ und dann stand ich da vor so einer hundert Meter langen Maschine, wusste überhaupt nicht, was die macht, wusste auch überhaupt nicht, wo ich hinschauen muss und dann habe ich da irgendwie versucht, die Informationen zu bekommen von irgendwelchen Mitarbeitern, die da vielleicht irgendwelche Materialien gerade eingefädelt haben. Die haben mir das dann erklärt. Also es war sehr schwer, an diese Informationen heranzukommen. Durch diesen Prozess, den ich mir jetzt aufgebaut habe, dass die mir erst digital diese ganzen Bilder und Videos und Unterlagen liefern und dann arbeite ich mit ihnen gemeinsam die Fragenkataloge durch, weil die sind ja die Hersteller, die sind ja so tief im Thema drin, die muss ich dann teilweise auch bremsen, wenn sie mir erklären, wie sie irgendwelche Sicherheitssachen im Detail umgesetzt zu haben. Dann sage ich: „Ja, wir brauchen nur erstmal das Was in der Risikobeurteilung, erstmal nicht das Wie, wie es im Detail umgesetzt wurde, das kommt dann bei den nachfolgenden Dokumenten“. Und ja, also wenn ich jetzt die Unterlagen von vor 5 Jahren vergleiche mit denen heute, das sind absolute Welten in der Tiefe tatsächlich, wie weit man da reingehen kann. Ich habe da sehr positive Erfahrungen gemacht.

Götz Müller: Ja. Ja, jetzt bei der Erzählung ging mir dann ganz spontan auch durch den Kopf beziehungsweise nochmal mit meinen Worten wiedergegeben, da findet eine, nennen wir es mal statische Aufzeichnung statt, Videos also da läuft jemand mit der Kamera rum und dreht ein Video und schickt dann dir das Ergebnis. Hattest du auch schon mal Situationen, wo das in irgendeiner Form live war und wenn, ja, macht es überhaupt Sinn oder sagst du Nein? Also sprich so dieser Effekt, jetzt halt ich mal wirklich an, wenn ich da rumlaufe und steck mal die Nase da rein, was ich ja in einer Konserve gar nicht machen könnte.

Dirk Leitsch: Ja, habe ich auch schon gemacht, also ich kenne beides, ich hatte das auch live, dass jemand … da hat ein Kunde von mir wirklich, die haben ein eigenes Forschungszentrum gehabt und da haben wir ein Laborgerät bewertet und die haben dann da auch wirklich zwei Mitarbeiter gehabt, drei Kameras, wo die umschalten konnten, eine Kamera am Kopf. Das war für mich sehr spannend, aber letztendlich, muss ich sagen, fand ich das Video besser, weil wenn das live ist. Wir hatten es nicht aufgezeichnet, vielleicht hätten wir es aufzeichnen sollen, ich habe mir dann viele Mitschriften gemacht, aber es hat noch so ein bisschen hinterherhinkt, dann in dem Video. Bei dem Video ist das wirklich so, wir gehen dann gemeinsam durch die Maschine, wir gucken uns die Gefahrstellen an und wenn jetzt irgendwo eine Stelle wäre, wie du gerade gesagt hast, wo ich, wie du gerade gesagt hast, wo gerne mal meine Nase reinstecken würde, dann kriegen die das gleich als Aufgabe mit für das nächste Meeting oder bis zum nächsten Meeting sollen die mir dann entsprechend das erstellen. Klassiker ist der Schaltschrank. Die filmen den Schaltschrank und dann ist irgendwie so ein Klemmkasten und dann frage ich, was da drin ist und dann erklären die mir das und dann sage ich „Hier komm, macht mal den Deckel auf“, dann wird ein Bild gemacht oder die Videokamera draufgehalten und mir das durch geschickt.

Götz Müller: Mhm. Aber ich höre auf jeden Fall raus, dass man viel mehr Dinge tun kann, wie du dir auch, so habe ich es jetzt rausgehört, am Anfang vorstellen konntest, wo man in der Vergangenheit, einfach weil man es nicht anders gewohnt war, halt hingegangen ist und dann selber geguckt hat.

Dirk Leitsch: Genau. Also für mich war das unvorstellbar. Ich habe dann auch damals zu dem Kunden gesagt, der gesagt hat „Wir brauchen eine Bewertung beim Kraftwerksumfeld“, das geht eigentlich gar nicht, die haben mich dann überredet, dass ich mich darauf einlasse, weil ich habe gesagt, ich muss das sehen. Das geht einfach nicht mit Bildern und virtuell und Co. Ja, aber die haben mich tatsächlich … wir haben das hinbekommen, das hat viel Kraft und Zeit gekostet, heute geht das natürlich deutlich schneller, weil ich genau weiß, was ich brauche und damals habe ich es natürlich, das musste ich mir ja auch erst erarbeiten. Ich muss aber eine Einschränkung treffen. Wenn ich jetzt eine große Produktionsmaschine habe, die aus vielen, vielen Einzelmaschinen besteht, da fahre ich heute auch noch vor Ort. Also das würde einfach zu lange dauern, um das virtuell mit Kameras zu erfassen und, ja, dieser räumliche Aspekt, räumliche Tiefe, die habe ich einfach in einem Video, die sehe ich dann teilweise nicht, also da habe ich das noch, dass ich da vor Ort fahre heute. Aber vorher war das für mich ganz und gebe, dass sich zwei-, dreimal zu den Kunden vor Ort gefahren bin. Ich bin tausende von Kilometern hier durch Deutschland, Österreich, Schweiz gefahren und habe mir da Maschinen angeschaut, in Hotels übernachtet und, ja, heute kann ich mir morgens eine Maschine in der Schweiz anschauen, mittags in Hamburg und wenn ich Lust habe, kann ich dann noch nachmittags im Ruhrgebiet mir eine Maschine anschauen. Mache ich nicht, habe früher maximal zwei Meetings am Tag gemacht, mittlerweile habe ich das sogar beschränkt, dass ich noch eins machen, weil das ist doch sehr anstrengend, wenn man diese Meetings da, zwei, drei Stunden wirklich im Detail Maschinen durchspricht.

Götz Müller: Ja, das ist, glaube ich, eine Art von Reizüberflutung, könnte man es fast nennen.

Dirk Leitsch: Das ist wie bei vielen, die jetzt sagen: Wir haben die Online-Meetings satt. Ich habe viele Kunden, die sind wirklich von morgens bis abends sitzen die vor Zoom oder Microsoft Teams, das ist dann schon, ja, einfach anstrengend. Wir sind das nicht gewöhnt.

Götz Müller: Ja, Dirk, ich fand das mal wieder, auch wenn ich mich an der Stelle in fast jeder Episode wiederhole, aber es ist immer wieder spannend, ganz spezifische Dinge sich anzugucken und jetzt in deinem Fall eben auch, deshalb danke ich dir für deine Zeit.

Dirk Leitsch: Gerne geschehen, freut mich, dass ich etwas dazu beitragen konnte zu deinem Podcast.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Dirk Leitsch zum Thema CE-Prozess. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 279.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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