Inhalt der Episode:
- Was war der Impuls sich mit dem Thema Mindset als Erfolgsfaktor zu beschäftigen?
- Was sind die Ausprägungen eines ergebnis- / transformationsunterstützenden Mindsets?
- Was sind hinderliche Ausprägungen?
- Mindset ist wie Kommunikation und Verhalten eine „Sache“, die man nicht nicht haben kann. Welche Konsequenz ergibt sich aus dieser Erkenntnis?
- Wie kann man ein passendes Mindset initiieren und entwickeln? Welche Grenzen gibt es / sind zu beachten?
- Motivation vs. Mindset, welche Ähnlichkeiten, welche Unterschiede gibt es?
- Welche Rolle spielt die eigene Einstellung (der Führungskräfte) beim Mindset (der Mitarbeiter)?
- Mindset im Agile und Lean-Kontext – Gemeinsamkeiten, Unterschiede, Transfer der Erkenntnisse
Notizen zur Episode:
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(Teil)automatisiertes Transkript
Episode 314 Mindset als Erfolgsfaktor
Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.
Götz Müller: Heute habe ich Karen Eilers bei mir im Podcast-Gespräch. Sie ist Wirtschaftspsychologin und Wirtschaftsinformatikerin. Hallo Karen.
Karen Eilers: Hallo Götz.
Götz Müller: Ja, schön, dass du heute dabei bist, ich habe schon ein ganz kurzes Stichwort, auch zu der Kombination gesagt, aber stell dich gerne noch mal ein bisschen intensiver den Zuhörern vor, auch vielleicht, wie es für dich zu dieser Kombination kam.
Karen Eilers: Gerne. Ja, die ist tatsächlich, die hört sich immer total ungewöhnlich an, aber sie ist eigentlich sehr harmonisch miteinander. Genau, ich bin Wirtschaftspsychologin und Wirtschaftsinformatikerin von meinem Hintergrund und Agilität ist so mein Steckenpferd schlechthin. Ich leite hier in Hamburg das Institut für Transformation, bin also eigentlich wissenschaftlich mit dem Thema vertraut und beschäftige mich ganz viel mit Teams, aber auch Führungskräften und ganzen Organisationen, was haben die so bei ihren agilen Transformationen an Hindernissen und was für Lösungsansätze können die unterstützen und das zum einen aus der wissenschaftlichen Perspektive zu erforschen, aber eben auch ganz klar in die Praxis zu tragen, so dass die evidenzbasiert neue Ansätze ausprobieren können und sie dann eben zu begleiten und zu beraten, in Trainings und Workshops und sie dahingehend zu entwickeln, dass sie diese Probleme bei den Transformationen lösen können.
Götz Müller: Ja, und jetzt haben wir uns heute das Thema Mindset ausgesucht und du hast schon Stichwort Agilität gesagt als Informatiker, Softwarentwickler in meinem Weltbild, der auch mal Software entwickelt hat, hat das jetzt viel eben mit Software zu tun, Agilität, trotzdem ist das Thema Mindset und das war auch für mich der Impuls, dich auf die Episode anzusprechen, ganz allgemein bei Transformationen ein wichtiges Thema und jetzt gibt es halt nicht bloß die agile Transformation, sondern auch die Lean-Transformation, um jetzt die Zuhörer wieder abzuholen. Was war für dich so ein bisschen der Impuls dich mit dem Thema Mindset, wenn wir es ein bisschen darauf fokussieren, als Erfolgsfaktor zu beschäftigen?
Karen Eilers: Das ist eine total gute Frage, denn ich selber war eigentlich der Überzeugung, dass es agiles Mindset gar nicht gibt. Das ist nur so ein Buzzword, das eigentlich beschreibt mit „Na ja, also irgendwas mit den Menschen hat in dieser Transformation irgendwie nicht funktioniert. Ich weiß nicht so ganz genau was, aber wahrscheinlich fehlte das passende Mindset“ und wir sind damals mit einem Team drüber gestolpert. Ich habe mit Kollegen von der Uni St. Gallen und der Uni Kassel zusammengearbeitet und wir haben uns damit beschäftigt, was treibt eigentlich die Unternehmen gerade um in ihren agilen Transformationen, also was wenden die an, wo sind Schwierigkeiten, was läuft vielleicht auch schon richtig gut und dabei ist halt ständig dieses Mindset aufgetaucht und gerade eben bei diesen Scheitergeschichten und das war für mich zum Beispiel auch ein Impuls, dass ich dachte mit „Ah, okay, tendenziell fehlt das Mindset irgendwie immer den anderen“ und es fällt eben sehr häufig auf, bei Scheitergeschichten, dass das eben so der letzte Hinderungsgrund war, was für mich so klar war: Okay, ich glaube, das gibt es überhaupt nicht, das ist nur so ein Wolkenbegriff. Und gleichzeitig schien es aber so wichtig zu sein, dass es wirklich über Erfolg oder Misserfolg von so agilen Initiativen, und übertragen vielleicht dann eben auch für Lean-Transformation oder digitale Transformation, irgendwie schon dieses „Wie denken wir über etwas? Wie bewerten wir Dinge, wie stehen wir dazu?“, das scheint schon ganz schön wichtig zu sein, dass wir solche Veränderungsprozesse mittragen können und gleichzeitig kann man natürlich als Wissenschaftlerin das nicht so stehen lassen mit „Ich glaube, das gibt's gar nicht“, sondern gerade, wenn es so häufig in den Daten auftaucht, dann muss man natürlich hinterhergehen und wir waren natürlich superneugierig und ich musste mich sehr schnell revidieren, was ich zugegeben nicht gedacht hätte. Wir haben dann angefangen zum Beispiel Interviewstudien zu machen und Experten-Workshops und haben einfach mal reingehört, was assoziieren die Leute denn eigentlich damit und das ist ganz witzig, denn selbst die Menschen, die zum Beispiel das Wording, also „agile mindset“ oder agiles Mindset selber in ihrem Sprachgebrauch ganz häufig nutzen, wenn man die fragt „Und was ist dieses agile Mindset?“ ist es häufig trotzdem auch eine ganz überraschende Frage. Also irgendwie scheint es eher etwas Implizites zu sein, womit wir Dinge assoziiert, was wir aber nicht so ganz klar sagen können, was das ist. Und in unseren Studien ist dann aber relativ schnell aufgefallen, dass es so viele Bereiche gab, die immer wieder bespielt wurden von fast allen Interviewteilnehmenden zum Beispiel, also es schien schon so etwas wie ein gemeinsames Kernverständnis zu geben, was agiles Mindset ist.
Götz Müller: Ich habe jetzt auch ein bisschen herausgehört bei dir, und da möchte ich noch mal ein bisschen nachbohren, so der erste Impuls, wenn jemand den Begriff Mindset in den Mund nimmt, dann verwendet er es eher im Sinne von „Jemand anderes hat nicht das richtige Mindset und das ist ein Hinderungsgrund, weshalb ultimativ die Transformation nicht funktioniert“ und deshalb aber mal den Spieß umgedreht, im positiven Sinne: Was wären dann Ausprägungen eines ja, ergebnis- oder transformationsunterstützenden Mindsets? Wie muss also ein positives Mindset geprägt sein, damit es auch seine positive Wirkung ausbringt?
Karen Eilers: Mhm. Ich glaube, da hilft es schon, wenn ich einmal erzähle, was diese vier Bereiche, diese vier Dimensionen waren und wenn die sozusagen hochassoziiert wurden oder hoch in ihrer Ausbildung waren, dann haben die Leute eher assoziiert „Ah, das ist eine Person, die hat irgendwie ein hohes agiles Mindset und das hilft dann irgendwie auch in der agilen Transformation“ und das war als erstes, wir haben das Learning Spirit genannt, also es ist eine eigene Form von Lernorientierung. Also zum Beispiel, wie stehe ich dazu, mich immer wieder mit Neuem auseinanderzusetzen, bin ich auf der Suche nach neuen Impulsen und kommt dadurch aber auch gerne mit komplexen oder auch unsicheren Situationen klar. Die zweite Komponente war Collaborative Exchange, also eine positive Einstellung zu kollaborativem Austausch und da geht es darum, wie gerne zeige ich mich zum Beispiel selbst transparent, wie zugänglich mache ich mich dadurch zum Beispiel auch, denn nur wenn ich sozusagen die Möglichkeit habe, zu beobachten, wie arbeiten andere und ich selber zeige, wie arbeite ich, dann können wir natürlich auch viel schneller Verbesserungspotenziale oder Synergien heben und dadurch natürlich auch gemeinsame Probleme viel besser lösen. Dann war die dritte Dimension Customer Co-Creation, das ist eine Form von Kunden-Co-Kreation, also zum Beispiel: Denke ich den Wert des Kunden gerne mit? Nehme ich den zum Beispiel auch gerne partizipativ in die Entwicklung von neuen Produkten mit rein und ich werde an der Stelle immer gerne gefragt, ja, aber jetzt hat ja nicht jeder irgendwie einen Kunden, aber tatsächlich, jede Arbeit, die ich leiste, die geht ja irgendwo hin, selbst wenn ich jetzt nicht das Endprodukt habe, aber wenn ich jetzt zum Beispiel in der Produktionslinie bin, dann habe ich es ja schon die Person, die nach mir mein Arbeitsstück bearbeitet, die muss ja sozusagen mit meiner Arbeit weiter wirken können. Auch da können wir zum Beispiel fragen: Unterstütze ich mit meiner Arbeit gerade die nachfolgenden Schritte? Schafft das sozusagen Wert? Und die vierte ist Empowered Self-Guidance, also es ist eine Form von Selbstführung. Nutze ich also gerne die Freiheiten, die ich habe, um zu entscheiden, wie komme ich an mein Ziel oder habe ich zum Beispiel lieber, okay, ich komme dahin, das ist meine To-Do-Liste und die arbeite ich lieber ab und da bei diesem Empowered Self-Guidance ist schon auch eine ganz starke Komponente. Reflektiere ich zum Beispiel meine eigenen Arbeitsprozesse, schaue ich, okay, was hat gut funktioniert, was vielleicht auch nicht so gut und dann eben auch selbstständig und selbstorganisiert zu sagen: Okay, ich glaube, hier muss ich nochmal etwas adaptieren, hier muss ich noch mal etwas anpassen. Aber da zu diesem Vorgehen eine positive Einstellung zu haben, das kann eben unterstützen, dass ich in agilen Transformationen schneller adaptiv sein kann.
Götz Müller: Ja, ich finde das hochspannend. Wenn du jetzt nicht immer wieder den Begriff agil verwendet hättest und stattdessen entweder gar nichts oder halt Lean gesagt hättest, hätte ich gesagt: Ja, das ist genauso. Also ich sehe da und ich meine, ich bin davon mittlerweile absolut überzeugt, dass es um Größenordnungen mehr Ähnlichkeiten wie Unterschiede gibt zwischen agil und lean und das kam jetzt in dem, was du gerade erzählt hast, kam das für mich wieder sowas von deutlich raus.
Karen Eilers: Ich glaub auch, ja.
Götz Müller: Deshalb bin ich auch absolut froh, in Anführungszeichen, dass ich dich auf das Thema angesprochen habe, weil ich es stark vermutet habe und allein aus den letzten Sätzen von dir das voll bestätigt wurde, dass es um genau die gleichen Themen geht und dass ich nur über Mindset reden muss und es völlig egal ist, ob ich da jetzt agil davor schreibe oder lean.
Karen Eilers: Ja, ich glaube auch. Also ich bin in der Lean-Management-Szene noch nicht so tief drin wie in dem Agilen, aber ich finde so viele Überschneidungen und so viel, wo beide Disziplinen wahnsinnig gut voneinander sich bereichern können und wenn dieses Konzept, dass wir jetzt natürlich ursprünglich im Agilitätskontext erarbeitet haben, wenn das aber auch in den Lean-Management-Bereich gut übertragbar ist und auch da unterstützt, dann großartig und dann bitte nutzen und adaptieren und darüber sprechen, dass das das hilft.
Götz Müller: Jetzt hattest du ja die positiven Aspekte ausgedrückt, jetzt würde ich mal fast vermuten, wenn die Dinge halt so nicht ausgeprägt sind, dann sind sie hinderliche Ausprägungen. Also sprich, dann wäre es ein fehlendes, ist die Frage, ob es überhaupt ein Nicht-Mindset, ob es das überhaupt gibt oder eher ein ungünstiges Mindset, glaube ich, kann man so ausdrücken, oder?
Karen Eilers: Ja, es ist tatsächlich gar nicht so leicht, das auszudrücken, wie die Richtungsweise wirklich ist. Also wenn ich mich sozusagen wissenschaftliche ganz weit aus dem Fenster lehne, ich bin das nämlich gefragt worden: Werden wir nicht eigentlich mit einem agilen Mindset geboren? Denn also Mindset, wenn ich Mindset erstmal als Einstellung bezeichne, dann haben wir … alle haben zu allen möglichen Einstellungen und manchmal sind unsere Einstellungen so variabel, dass ich vor einem Meeting eine andere Einstellung habe als nach dem Meeting, weil ich zum Beispiel in dem Meeting gerade etwas Neues gelernt habe oder etwas Neues erfahren habe und das verändert, wie ich zu etwas stehe, also wie ich kognitiv mich damit beschäftige und ich bin dann gefragt worden, ob wir mit so einem agilen Mindset nicht eigentlich geboren werden, oder ist da so einmal so das Kind in den Brunnen gefallen und wenn man es nicht hat, dann hat man es nicht. Und wenn ich jetzt in die Pädagogik zum Beispiel reinschaue, dann, jeder, der Kinder hat, wird wahrscheinlich sagen, okay, also die Lernorientierung bei kleinen Kindern, die ist natürlich enorm ausgeprägt und die Fortschritte, die auch damit laufen und das Hantieren in unsicheren Umgebungen und neue Sachen ausprobieren, da müssen wir, glaube ich, gar nicht darüber reden, das bringen Kinder ganz schön gut mit. Das zweite ist zum Beispiel dieser kollaborativer Austausch, also wie gerne … Kinder haben ja noch nicht so eine große Schamausprägung am Anfang. Das heißt, die haben eine ganz andere Selbstverständlichkeit, mit Transparenz umzugehen oder auch miteinander zu interagieren. Oder auch Customer Co-Creation, jetzt agieren Kinder natürlich in der Regel nicht mit Kunden, aber sie fragen dich zum Beispiel „Hey, was ist deine Lieblingsfarbe? Dann male ich das Bild in deiner Lieblingsfarbe“, also auch dieser high will, jemandem etwas Gutes zu tun, zum Beispiel, den haben Kinder durchaus auch und das letzte, die Form von Selbstführung, auch da, also jeder kennt wahrscheinlich auch mit ein bisschen schwerem Herzen die Phase, wo Kinder immer alles selber machen wollen und immer alles selber entscheiden möchten und sagen, was sie selber anziehen wollen oder so. Das heißt, da scheint es schon irgendwie Indizien, ohne dass das jetzt wissenschaftlich untersucht wurde, aber man könnte da in der Pädagogik schon Dinge ableiten, wo man sagen könnte: Wir werden eigentlich alle mit einem agilen Mindset geboren. Und da geht es eher darum zu gucken, wie kann ich Rahmenbedingungen schaffen, im Rahmen meiner Arbeit, dass meine Mitarbeitenden das irgendwie gut ausleben können und entwickeln können, denn wenn ich jetzt jahrelang gelernt habe, dass, wenn ich zum Beispiel Fehler lieber verstecke und darüber nicht rede, sodass auch kein Lerneffekt für andere entstehen kann und das ist jahrelang zum Beispiel getadelt worden, also das war immer schlecht, ich habe immer negative Erfahrungen damit gemacht, dann ist diese Einstellung ganz schön manifest, also ganz schön stabil.
Götz Müller: Ich denke das, also so etwas kommt ja auch von außen. Wenn ich, ich meine, den Aspekt Schule, Kinder und Schule, wenn ich mir das immer wieder vor Augen rufe. Wenn ich eine Klausur, eine Klassenarbeit schreibe – was wird angestrichen? Die Fehler. Es wird nicht angestrichen, was alles richtig war. Das heißt, das sind ja durchaus Dinge, die leider dann im Rahmen von Erziehung, ich meine, Eltern kann man nicht völlig aus der Nummer rauslassen, halt geprägt werden, oder?
Karen Eilers: Ja, also in diversen Kontexten, in denen wir uns bewegen, führt natürlich unsere Umwelt dazu, wie stehen wir dazu, genau. Und ich habe jetzt immer mehr auch von Lehrkonzepten in Schulen mitbekommen, wo die auch mit diesen Fehlern, also zum Beispiel lernen, dass die dann Klassenarbeitskorrektur zum Beispiel in Partnerarbeit machen und dann über ihre Fehler halt nochmal sprechen müssen. Das fand ich zum Beispiel ein ganz großartiges Konzept, was ich von einer Schule mitbekommen hatte, wo die Lehrerin davon gesprochen hat, dass es eben darum geht, okay, ja, ich muss transparent machen, wo ein Fehler ist und das macht sie natürlich durch ihre Korrektur, aber dass es dann darum geht: Okay, wie hätte ich mich vielleicht noch besser auf den Fall vorbereiten können als Schüler? Wie hätte ich diese Aufgabe vielleicht doch lösen können und was wäre denn das Richtige gewesen, dass das zum Beispiel mit einem anderen Klassenkamerad oder einer Klassenkameradin, zusammen passiert? Und dann gestalte ich natürlich schon mal einen anderen Rahmen dafür, genau.
Götz Müller: Ja, und ich glaube, dann nimmt, wenn man das so ausdrücken kann, dann nimmt das Mindset halt eine andere Richtung oder dann biegt es, im Extremfall gesprochen, biegt es halt anders ab und das bringt mich so ein bisschen auf den nächsten Punkt, der mich eben auch interessiert: In der Vorbereitung ging mir mal plötzlich dieser Gedanke durch den Kopf, Mindset ist ein Stück weit, also zumindest in meinem Weltbild so etwas wie Kommunikation, wie Verhalten, und mindestens der Kommunikation, das ist auch immer wieder ein Spruch, den ich mache, seit Watzlawick wissen wir ja, dass das mit dem Nicht-kommunizieren nicht funktioniert. Beim Verhalten ja auch, wenn ich dir jetzt sage, verhalte dich mal nicht, dann guckst du mich vielleicht mit großen Augen an, aber das geht ja im Grunde auch nicht und ich dehne das jetzt mal auf das Mindset auch aus, also kein Mindset zu haben, geht im Grunde ja auch nicht, oder? Das heißt, ich habe immer eins und jetzt ist halt die Frage, ist eins, das für ein Thema, Transformation oder irgendetwas anderes nützlich ist oder hinderlich?
Karen Eilers: Ja, genau. Also tatsächlich ist es bei Mindset, also bei so kognitiven Geschichten ist es tatsächlich sogar mal ein Stück schwieriger, weil während wir Kommunikation und Verhalten sogar noch beobachten können, können wir Menschen in der Regel nur bis vor die Schädeldecke gucken, nicht dahinter. Das heißt, wir wissen häufig nicht so genau, wie Menschen, also welche Glaubenssätze habe ich zum Beispiel abgespeichert, welche Werte sind mir wichtig. Das kann ich natürlich ein Stück weit, dadurch, wie kommuniziert jemand oder wie verhält sich jemand, darin wiedererkennen, aber ganz häufig ist es tatsächlich so, dass ich die Person erst viel näher kennenlernen muss, um wirklich diese Werte und dieses, ja, ein Mindset auch beobachten zu können oder mir sicherer zu sein, welches Mindset steckt da eigentlich dahinter, ja, genau. Also es ist gar nicht so leicht und dadurch natürlich auch total ungreifbar für ganz viele Menschen. Und in meiner Arbeit versuche ich zum Beispiel dadurch, dass ich wie so ein Modell mit diesen vier Dimensionen aufgebaut habe und ich messe das zum Beispiel auch gerne, also wir haben das operationalisiert mit einem kleinen Fragebogen, geht ganz schnell, und dann frage ich zum Beispiel die Teammitglieder: „Okay, wie wichtig ist diese Dimension für deine Tätigkeit, für das, was du gerade tust? Wie wichtig findest du das, wie stehst du dazu? Also welche Einstellungen hast du? Findest du das gut? Machst du das gerne oder machst du das nicht gerne?“ Und die dritte Komponente ist immer, wie sehr transferiert du das schon in dein Verhalten und was wir ganz häufig sehen, ist, ja, eigentlich finde ich jetzt zum Beispiel Learning Spirit, also eine hohe Lernorientierung ist wichtig für meine Tätigkeit. Ich finde das eigentlich auch ziemlich cool, also ich habe da eine positive Einstellung zu, aber ich zeige das ziemlich wenig in meinem Verhalten auf meiner Arbeit, in meiner Tätigkeit. Und dann kann natürlich super gucken: Okay, woher kommt denn diese Lücke? Wieso, wenn es doch wichtig ist und ich es eigentlich cool finde, was hindert mich daran, dass auch bei meiner Arbeit zu zeigen? Und dann können Teams natürlich ganz anders darüber sprechen. Und Lösungen finden mit „Okay, was blockiert uns denn hier eigentlich gerade?“ und dann einfach mal Experimente ausprobieren, was sie unterstützt, diese Hürden abzubauen und dann vielleicht auch später mal wieder darüber zu sprechen, „Na, ist das jetzt besser geworden? Ist der Unterschied weniger? Und wir sind jetzt gleich im Verhalten deutlich höher“, genau, um da einfach diese Greifbarkeit mehr zu gewährleisten und, ja, die Teams, den Teams eine Sprechbasis darüber zu geben, genau.
Götz Müller: Das heißt, ich höre da jetzt auch raus, korrigiere mich aber gerne, das Mindset, in Anführungszeichen, direkt entwickeln, also in eine positive Richtung, ist im Grunde, ja, das ist jetzt meine Interpretation, gar nicht möglich, wenn die Person, die betreffende Person, in Anführungszeichen, nicht mitmacht und trotzdem habe ich natürlich, wenn ich jetzt einen Vorgesetzten betrachte, dann hat er natürlich das Dilemma, dass er in seinem Team ein positives Mindset ganz gerne hätte, weil wahrscheinlich dann auch die Ergebnisse besser sind und dann besteht für ihn vermutlich ein Dilemma, im Sinne von: „Ja, jetzt bin ich schlauer, was das Thema Mindset angeht“, aber was ergibt sich jetzt für mich daraus?“
Karen Eilers: Und die Frage, die du stellst, die kommt tatsächlich ganz häufig auch und man kann die eigentlich relativ schnell aufräumen, denn du hast völlig recht, dass Mindset entwickelt immer nur jeder selber. Also nur ich selber kann, also verändere aktiv meine Einstellungen, aber meine Arbeitswelt zum Beispiel oder auch meine Führungskraft kann mir natürlich Rahmenbedingungen schaffen, in denen ich positive Erfahrungen damit mache, wenn ich diese Verhaltensweisen zeige oder wenn ich Dinge zeige, die diese Einstellungen triggern. Und dadurch kann ich natürlich auch positive Erfahrungen selber machen und echt auch selbstbestimmt sagen mit, jo, ich glaube, das macht Sinn, ich kann ich, ich werde hier nicht bestraft dafür, dass ich mich transparent zeige, wie wird mit einem Fehler echt umgegangen, wie wird der Wert ausgerichtet, geht das hier wirklich gerade um „Was will mein Chef?“ oder geht echt gerade darum „Was will mein Kunde, was hilft vielleicht meinem Kunden? Wie wird zum Beispiel auch mit neuen Vorschlägen umgegangen oder neuen Ideen?“ und das sind Aspekte, da kann die Führungskraft ganz stark Rahmenbedingungen setzen, aber eben auch die Teams selber. Also ich versuche immer mehr den Fokus wegzurücken von „Das Mindset der anderen entwickeln“ und stattdessen lieber zusagen: Okay, ich fange mit der Mindset-Entwicklung bei mir selbst an. Grundsätzlich bin ich auch jeder … also man kann ganz viele Erfahrungen gemacht haben und sich vielleicht auch in einem Kontext bewegen, dass das total sinnvoll ist, keinen Learning Spirit zu zeigen, keine Collaborative Exchange und keine Customer Co-Creation und auch keine Empowered Self-Guidance und dass das vielleicht früher auch echt belohnt wurde. So. Also das kann sehr sinnvoll sein, dass man das nicht zeigt.
Götz Müller: Ja, ja, wenn, wie du es gerade gesagt hast, wenn in der Vergangenheit das Gegenteil belohnt wurde, dann ist es ja nur natürlich.
Karen Eilers: Genau, genau. Also das ist erstmal nichts, was man irgendwie verurteilen könnte oder sowas und ich versuche Führungskräfte immer dazu einzuladen, dass sie anfangen, selber an ihrem agilen Mindset zu arbeiten und das eben auch beobachtbar machen für ihre Mitarbeitenden. Also zum einen diese Entwicklung, also wenn ich zum Beispiel diese Messungen mache mit den Teams, mit der Relevanz der Einstellungen und dem Verhalten da, das ist ein Moment, da bestimmt das Team total selbstbestimmt, okay, wie wollen wir gerade an unserem Mindset arbeiten und das Schöne ist, dann überfordert man die auch nicht, sondern die entscheidend selber, okay, was sind Baustellen, an die wir uns rantrauen oder was wollen wir lieber in Ruhe lassen, weil da haben wir schon mal total die Finger verbrannt oder so.
Götz Müller: Mir ging jetzt auch durch den Kopf, bei dem von außen und von innen schaffen oder initiieren, um mal den Begriff zu verwenden, habe ich eine hohe Ähnlichkeit, auch mit dem, und Kontext schaffen, was du gesagt hast, oder Rahmenbedingungen schaffen, auch das sind ja Begriffe, die wir im Lean-Kontext eben auch wieder verwenden, im Sinne von: Menschen wollen im Grunde, mal von Saboteuren abgesehen, immer eine positive Leistung bringen, aber manchmal lässt es halt der Kontext nicht zu und als Führungskraft bin ich vor allem dafür verantwortlich, den Kontext, also die Rahmenbedingungen, die Prozesse zu gestalten und mir kam jetzt, ein bisschen weit ausgeholt vielleicht, mir kam jetzt in den Sinn, das ist im Grunde sehr ähnlich mit der Motivation. Da gibt es ja auch die, meiner Ansicht nach, sehr plausible Theorie, ich kann nicht motivieren, das muss immer von innen rauskommen, aber ich kann mit dem Fingerschnipp die Demotivation auslösen und da sehe ich eine hohe, eine hohe Ähnlichkeit zum Mindset. Ich kann also mit einem Fingerschnipp, mit einem blöden Spruch, in Anführungszeichen, eine Lernmotivation völlig zerstören, schaffen kann ich aber …
Karen Eilers: eher sehr mühsam, mhm.
Götz Müller: … kann ich nur den Kontext vorbereiten.
Karen Eilers: Ja, genau. Also ich kann irgendwie ganz viel Rahmenbedingungsarbeit leisten und wenn das erste kleine Pflänzchen kommt und, genau, durch einen blöden Spruch wird das zertreten, dann ja genau, geht das mit einem Fingerschnipp, kann das auch sein, dass so dieses „Ja, vielleicht habe ich doch eine andere Einstellung dazu“, das ist ganz schnell wieder weg. Genau das kann passieren.
Götz Müller: Da kommt mir jetzt noch der andere blöde Spruch in den Sinn und ich glaube, das trifft auch absolut zu. Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. Das Abschneiden ist aber ganz einfach.
Karen Eilers: Ja, ja, genau, geht voll in dieselbe Richtung, ja.
Götz Müller: Also das zu kürzen, das zu kürzen, das ist ganz einfach, im negativen Sinne, aber ich kann nicht dran ziehen. Es wächst deshalb nicht schneller. Ich kann nur gießen, ich kann dafür sorgen, dass es sonnig ist. Ich kann dafür sorgen, dass es warm ist, was halt alles das Wachstum fördert.
Karen Eilers: Genau und machen wir uns nichts vor. Also agiles Mindset ist nicht etwas, was wir irgendwie einmal haben und dann ist immer da. Wir kommen ja immer wieder in neue und, ja, auch herausfordernde Situationen. Also gerade, wenn wir so im komplexen sind oder wenn unvorhergesehene Dinge passieren und wir Herausforderungen begegnen müssen, dann haben wir immer wieder die Situation, dass wir immer wieder mutig sein müssen. Wir müssen … dann in einer anderen Situation zum Beispiel Transparenz zu zeigen oder sich zu äußern, ist dann plötzlich nochmal ein ganz anderer Schnack, also noch mal ein ganz anderes Level. Und wir haben also nicht das agile Mindset einmal und dann ist es immer da, sondern wir müssen immer wieder daran arbeiten und auch immer wieder mutig sein. Das heißt, das ist immer wieder anstrengend für uns, an unserem agiles Mindset zu arbeiten, und das geht mir zum Beispiel ganz genauso. Also meine Mitarbeitenden an der Uni Kassel damals, wo ich meine Promotionszeit geleistet habe, dort haben die, haben die so eine „Agile Mindset“-Karte gehabt, wenn wir Retrospektiv-Meetings hatten, zum Beispiel, um mir dann einfach auch sehr klar zu sagen „Ah, Karen, da war dann mein Mindset gerade nicht so agil, wie du das eigentlich gerne haben möchtest“ und obwohl ich mich so intensiv mit agilem Mindset und welche Einstellungen, welche Verhaltensweisen unterstützen agile Transformation oder Transformation generell, beschäftige und obwohl mir das eigentlich klar sein müsste, passiert das halt so leicht, dass man irgendwie mal falsch abbiegt oder, ja, mal einen doofen Spruch bringt oder mal versucht, das Gras zu kürzen oder so und dass meine Mitarbeitenden die Freiheit hatten, mir ganz schnell zu sagen „Stopp, Karen, das ist gerade nicht so, wie du das haben möchtest“ und mit einem Augenzwinkern auch sagen zu können „Na, Karen, da war dein Mindset aber nicht so agil“ und dieses Feedback zu haben und das war für mich total erleuchtend, auch selber zu sehen, man hat die Weisheit nicht mit Löffeln gegessen, sondern man muss immer wieder selber daran arbeiten und eben auch den Führungskräften gebe ich das immer wieder mit, dass die Führungskräfte vorleben können, wie arbeiten sie selber zum Beispiel an ihrem agilen Mindset und diese Erfahrung zum Beispiel auch zu teilen, das erzeugt nochmal einen ganz anderen Sog und kann noch mal diese Rahmenbedingungen unterstützen.
Götz Müller: Ja und mir kommt gerade noch eine weitere, ja, vielleicht ein bisschen blöde Metapher in den Sinn, im Grunde ist es fast schon so wie Schwerkraft. Ich kann die Schwerkraft ja auch nicht sehen. Ich sehe nur die Wirkung, wenn ich halt einen Stift loslasse, dann fällt er halt runter und ich muss nicht einmal notwendigerweise daran glauben, dass es so etwas wie Schwerkraft gibt und trotzdem wirkt sie und da sehe ich jetzt durchaus eine gewisse Ähnlichkeit zum Mindset, also a) ist immer da, ich kann es aber nicht so physisch beobachten als Mindset selber, sondern ich sehe es nur indirekt anhand von Wirkungen, anhand von Aussagen, also indirekten Dingen und ich glaube, das muss man sich immer wieder klarmachen und dann glaube ich eben auch für die Führungskraft, wie du es formuliert hast, auch an sich selbst arbeiten und auch da die Dinge transparent machen, weil ja auch in den Kopf der Führungskraft keiner reingucken kann. Machen wir machen wir uns nichts vor? Weder die Führungskraft der Führungskraft noch die Mitarbeiter der Führungskraft können in den Kopf reingucken.
Karen Eilers: Genau, genau.
Götz Müller: Und dann kann man ja nicht auf der einen Seite so etwas einfordern, ein positives Mindset, ein unterstützendes Mindset und aber selber, ja, das nicht vorleben und auch nicht transparent machen. Und ich glaube, wenn man dann eben darüber redet, dann kommt es zu einem Austausch, so wie du ihn geschildert hast und das würde ich jetzt mal fast sagen, ist eher die Ausnahme als die Regel.
Karen Eilers: Ja, ich würde es mir natürlich noch viel mehr wünschen, aber ich sehe auch immer wieder positive Beispiele, wo mich Führungskräfte und auch Mitarbeitende total überraschen, wo sie irgendwie selber bei kleine Initiativen für sich ergreifen oder wo sie vielleicht auch manchmal sagen, okay, ich probiere das jetzt gerade irgendwie einfach mal aus oder, ja, wo sie irgendwie selbstorganisiert und selbstbestimmt einfach mal etwas mal einfach mal was tun und was, wenn man sich das genau anschaut, ah, okay, das hat irgendwie etwas mit dem Learning Spirit zu tun, oder, ah, okay, hier geht es gerade um Collaborative Exchange, also die machen dann positive Erfahrungen damit und das ist auch völlig unabhängig, ob ich das jetzt mit Software-Teams mache, also im Entwicklungsbereich bin, oder, momentan begleite ich zum Beispiel gerade einen Produktionsunternehmen in der Nähe von Berlin, und auch dort, also das macht so Spaß, mit denen zu arbeiten und das finde ich total großartig, wie die damit umgehen und deswegen, ja, ich glaube, da ist schon Bewegung drin.
Götz Müller: Ja, das finde ich jetzt noch mal einen spannenden Impuls und das hab ich hier auch so ein bisschen auf meiner Liste, über was ich noch gern mit dir reden würde, ein Stück, wenn ich so Richtung Uhr gucke, zum Abschluss und ich glaube, dann würde sich der Bogen wieder schließen, und du hast jetzt Produktionsunternehmen als Stichwort genannt, da fällt mir natürlich erstmal Lean ein und vielleicht an der Stelle mal nachgefragt: Wir haben vorhin gesagt, es gibt unheimlich viele Ähnlichkeiten, viele Gemeinsamkeiten, sind dir schon, vielleicht gerade auch im Kontext dieses Unternehmens, sind dir schon echte Unterschiede aufgefallen, weil was ich halt immer spannend finde, entweder, wenn ich das Thema Lean in einem, auf den ersten Blick, ich will jetzt sagen abwegigen Kontext bespreche, in einer Podcast-Episode oder eben jetzt, wie mit dir in einem agilen Kontext, dann die Transformation, nicht die Transformation, den Transfer zu schaffen, in den eigenen Bereich der Vielzahl der Zuhörer, wo ja jeder seinen eigenen Kontext hat.
Karen Eilers: Ja, vielleicht, also du bist ja sozusagen unserer Lean-Experte und ich vielleicht sozusagen als der agilere Teil, vielleicht können wir das ja ein bisschen zusammentragen. Also ich hatte schon mal die Fantasie, dass dieses Agile Mindset, wenn ich das so im Lean adaptieren würde, dass da vielleicht die Operationalisierung noch stärker auch wirklich zum Beispiel Verschwendungen sehen reinmüsste. Ich weiß nicht, was siehst du vielleicht an Unterschieden zwischen Lean Thinking und Agile Mindset?
Götz Müller: Ja, das Verschwendungen sehen ist natürlich dann ein relativ griffiges Thema, aber es ist halt und das hat natürlich viel mit der Herkunft zu tun, weil es jetzt mangelorientiert ist, ich glaube aber umgekehrt auch, an agile, die ganzen Impulse, agile, Scrum, wie sie alle heißen, wären ja nicht entstanden, und da sehe ich eine weitere große Gemeinsamkeit, wären nicht entstanden, wenn die Software-Entwicklungsprojekte alle wunderbar funktioniert hätten, wenn die alle On Time, On Budget, On Quality gewesen wären, also magisches Dreieck Projektmanagement und so weiter, sondern es ist ja auch aus einem Mangel, eine andere Art von Mangel, wie das in den Fünfzigern bei Toyota war, wo es halt ein Ressourcenmangel war und man hat festgestellt: Okay, da steckt halt viel, viel, viel, viel Verschwendung drin, aber das ist ja nur das an, nur im Grunde das an der Oberfläche und die große Gemeinsamkeit auch da ist ja dann Mangel, auch im Agile-Kontext, weil die Dinge halt nicht so funktioniert haben, wie man sich das im Paradies, in einer idealen Welt vorgestellt hätte.
Karen Eilers: Genau, ja. Ich finde das Lean und Agile wahnsinnig viele Parallelen und Ähnlichkeiten haben und sich da irgendwie total gut miteinander, also total gut voneinander lernen können und da auch dieses agile Mindset oder Transformationsmindset oder keine Ahnung Verbesserungs-, Optimierungsmindset, also vielleicht auch gibt es auch ein Lean-Mindset, das sehr gut adaptiert werden kann.
Götz Müller: Ja, und ich glaube eben dann, das ist wieder dann die Chance für den Transfer, weil in dem agilen Kontext man vermeintlich, in einer vielleicht kürzeren Zeit mehr erreicht hat, ich meine, wenn wir über Lean reden, dann reden wir im Grunde über 70 Jahre, wenn wir in den Fünfzigern starten, wobei natürlich der Begriff, die Begrifflichkeit erst viel später definiert wurde, 30 Jahre später definiert wurde und natürlich vorher Dinge schon gemacht wurden, jetzt Software entwickelt man, in Anführungszeichen, nicht ganz so lange und den Begriff agil gibt es, erst hilf mir … dreißig Jahre?
Karen Eilers: Ja, ja … ’92 …
Götz Müller: Man hat halt die Entwicklung deutlich bewusster erlebt und auch ein Stück weit vielleicht von innen heraus erlernt, während ja Lean im Grunde ein Modell ist dessen, was man geglaubt hat, und da schließt sich dann wieder der Kreis noch mal für mich, geglaubt hat, was man bei Toyota beobachtet hat, wo man ja auch das Mindset selber direkt nicht gesehen hat, sondern man hat halt nur die Ergebnisse gesehen, dass sie halt mit viel weniger Leuten viel mehr schaffen, mit viel weniger Ressourcenverbrauch viel mehr schaffen und schneller und so weiter und so weiter und dann hat man plötzlich die Erkenntnis gehabt: Ja, da muss ja irgendetwas dahinter stecken, vielleicht so etwas wie ein Mindset.
Karen Eilers: Ja, wie so eine Art Meta-Konstrukt, das das irgendwie alles beeinflusst, ja.
Götz Müller: Ja, ich denke halt, sich das immer wieder bewusst zu machen, das ist die große, ja, Chance, die dahinter steckt, wohl wissend, dass es aber eben, weil ich ja nicht greifen kann, es ist halt nur ein Modell, also ich glaube, Mindset ist halt ein Modell für das, was da in dem Kopf vorgeht, wo die Herausforderung mit Sicherheit ein Stück weit ist, dass derjenige, dem dieser Kopf gehört, das ja selber nicht zu 100% beurteilen kann, sondern manchmal auch erst, so wie du das vorhin geschildert hast, durch das Feedback seiner Umwelt dann daraus schließen kann: Okay, das könnt jetzt so ein Mindset sein.
Karen Eilers: Ja, völlig. Genau und jetzt wirklich alle Vorstellungen, also unser Gehirn ist nicht so wahnsinnig komplex und wir haben ja auch festgestellt, bei diesen vier Dimensionen also, dass die zum Beispiel auch innerhalb eines Teams oder eines Unternehmens als unterschiedlich wichtig oder relevant wahrgenommen werden können. Also da haben wir sozusagen wieder eine Komplexitätsstufe auch in dem Modell selber mit drin und was wir zum Beispiel auch schon hatten, was wir gelernt haben in einem Unternehmen, da fehlte sozusagen eine Komponente. Das war ein kollegial geführtes Unternehmen und die brauchten eigentlich so etwas wie ein unternehmerisches Denken, aber das ging so über dieses Empowered Self-Guiding hinaus, so da fehlt irgendwie etwas und dann haben wir das sozusagen da mit drangeplanscht, also ich glaube, diese vier Dimensionen, die können helfen, um so einen ersten Kern davon zu erfassen und einfach besprechbar zu, aber genauso wie du sagst, es ist so etwas Komplexes auch etwas, was ich nur so indirekt beobachten kann und deswegen finde ich es immer sehr hilfreich, wenn wirklich die Mitarbeitenden, die Menschen selber, anfangen, darüber zu sprechen und irgendwie darüber eine Form von Operationalisierung, also von Definitionen bekommen, was die selber irgendwie wirklich darunter verstehen und wir dadurch Transformation, sei es jetzt Lean oder agile, positiv beeinflussen können, weil die Menschen untereinander positive Erfahrungen damit machen können und dadurch auch besser zusammenarbeiten können und Mehrwert schaffen in der Form.
Götz Müller: Ja, ich glaube, das ist eine weitere große Gemeinsamkeit, diese positive Erfahrung, die jeder machen sollte, und eine positive Antwort auf die Frage damit gegeben wird, die sicher ja jeder im Grunde immer stellt, selbst wenn er es nicht bewusst macht, aber dieses „Was habe ich davon?“, da, in Anführungszeichen mitzumachen, die Frage, glaube ich, wird man nie loswerden und man muss sich ständig über diese Fragestellung, die im Raum steht, ständig bewusst sein, und als Vorgesetzter, um diesen Personenkreis wieder aufzugreifen, muss ich halt damit leben, ein Stück weit, dass diese Frage immer im Raum steht und dass sich halt idealerweise darauf eine Antwort gebe, die dann halt mit den Zielen, wenn wir mal diesen Begriff in den Raum stellen, zusammen in die gleiche Richtung wirkt und halt nicht in Seilzug, Seilziehen, Tauziehen in entgegengesetzte Richtung. Gut, wenn ich also jetzt nochmal rekapituliere: Wir haben wieder, das überrascht mich mittlerweile überhaupt nicht mehr, wir haben, also zumindest rekapituliere für mich, widersprich mir da gerne, wir haben wieder, ich würde fast sagen neue Gemeinsamkeiten rausgefunden, zwischen Agil und Lean und ich finde es ist immer wert, über den Zaun zu schauen, über den Tellerrand zu schauen, was machen denn die anderen, weil die, wenn wir bei dem Begriff bleiben, auch nur mit Wasser kochen, und dann hinterher aber halt nicht nur gekochtes Wasser rauskommen soll, sondern halt irgendetwas Wohlschmeckendes, wenn wir bei einem Gericht sind, irgendein wohlschmeckendes Essen dabei rauskommen. Also ich glaube, dieses über den Tellerrand zu schauen, in beiden Richtungen eben, und da kann ich jetzt den Lean-Leuten auch nur den Impuls mitgeben, das zu tun. Ich glaube, das über den Tellerrand schauen, ist im agilen Kontext schon ein bisschen stärker ausgeprägt, allein wenn ich mir das agile Manifest und den und den letzten Scrum Guide angucke, wo ja die Begrifflichkeit Lean definitiv vorkommt, finde ich, so als ein bisschen ein Appell an die Lean-Leute, guckt, was die anderen machen, aber guckt nicht drauf, „Die machen da irgendetwas, was – in Anführungszeichen – wieder bei uns nicht funktioniert“, sondern: „Die machen Dinge, die sehr ähnlich sind und wenn es dort funktioniert, warum sollte das bei uns nicht funktionieren?“
Karen Eilers: Ja, großartig, genau, großartiger Appell und ich freue mich über jeden Austausch, irgendwie auch mit der Lean Community dazu und freue mich sehr, dass das so dieser Zugang gerade immer stärker wächst und wir uns da gegenseitig unterstützen können und uns das eine oder andere Wissensnugget vielleicht mal rüberziehen können zwischen Agil und Lean.
Götz Müller: Genau und ich werde in die Notizen zur Episode auch deine Kontaktdaten mit reinnehmen, vielleicht auch noch den ein oder anderen Link, wo man das, was du eingangs die 4 Dimensionen erwähnt hast, wo man sich das noch mal ein bisschen genauer angucken kann und auf jeden Fall, Karen, danke ich dir jetzt für deine Zeit, für das interessante Gespräch.
Karen Eilers: Vielen Dank dir, es war mir eine Freude.
Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Karen Eilers zum Thema Mindset als Erfolgsfaktor. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 314.
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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.
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