Kaizen 2 go 329 : Führungsperspektiven


 

Inhalt der Episode:

  • Was war der Auslöser, dass Du Dich mit dem Thema Führungsperspektiven beschäftigt hast?
  • Welche Herausforderungen entstehen typischerweise in dem Kontext?
  • Welche Konsequenzen ergeben sich daraus, für die Führungskräfte, die Mitarbeiter und die Organisation bzw. das Unternehmen (mit deren Wertschöpfung)?
  • Wie lösen manche Organisationen/Unternehmen das Thema? Wer ist im Grund davon betroffen?
  • Welche Grenzen gibt es dabei?
  • Was sind mögliche Alternativen?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 329 : Führungsperspektiven

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Christine Schmitt bei mir im Podcast-Gespräch, wieder im Podcast-Gespräch, schon die zweite Episode. Heute unterhalten wir uns über das Thema Führung, Führungsperspektiven. Christine ist Expertin für Mentoring, Mentoring-Expertin. Hallo Christine.

Christine Schmitt: Hallo Götz. Ich freue mich, wieder hier zu sein.

Götz Müller: Ja, das finde ich absolut klasse, auch wenn das, auch, das hört sich schon fast einschränkend an, ein bisschen anderes Thema ist wie beim letzten Mal. Stell dich aber noch mal den Zuhörern vor, weil ich vermute mal, dass nicht jeder die letzte Episode so griffbereit im Kopf hat.

Christine Schmitt: Ja, sehr gerne. Es hat sich ja auch einiges getan. Ja, ich stelle mich immer ganz gerne jetzt vor als Engineer by Education, Trainer by Heart. Ich habe ja mal Ingenieurwesen, Product Development and Manufacturing studiert und dann lange Jahre in der Industrie gearbeitet und jetzt seit fast drei Jahren unterstütze ich Organisationen darin, fit für die Zukunft zu werden, indem ich Mentoring-Programme implementiere, so ein bisschen Hilfe zur Selbsthilfe und daneben hat sich auch das ganze Thema Agilität ein wenig eingeschlichen. Also seit Oktober letzten Jahres bin ich aktiv als Scrum Masterin unterwegs, betreue dort ein Software-Entwicklungsteam und, ja, dadurch sind mir so ein paar Dinge, diese ganzen Mosaiksteine zusammengefallen zu dem Thema Führungsperspektiven. Wie funktioniert denn eigentlich Führung heute und wie könnte es denn morgen aussehen? Sagen wir mal so.

Götz Müller: Jetzt muss man sicher und das wird wahrscheinlich auch ein Teil unseres Gesprächs sein, sich über den Begriff Führungsperspektiven unterhalten, aber ich gehe immer ganz gern so noch einen Schritt weiter zurück, in Anführungszeichen, und frage nach dem Auslöser für dich, dass es für dich überhaupt ein Thema geworden ist, dich mit dem Begriff Führungsperspektiven zu beschäftigen.

Christine Schmitt: Ja, also das … was war der Auslöser? Wie gesagt, zum einen ist eins meiner Hauptthemen das Thema Mentoring. Das heißt also, wie führe ich eigentlich Menschen, ohne dass ich sie wirklich führe. Das steckt da ja so ein wenig drin. In der Regel haben die Mentoren und die Mentees, die ich in Unternehmen betreue, keine direkte, kein Direct Report zwischen sich, ja, also die stehen nicht in direkter Linie, damit ich eben eine Vertrauensperson im Unternehmen habe, die nicht mein Vorgesetzter oder der Vorgesetzte meines Vorgesetzten, ja, das entsprechend ist, und trotzdem führen diese Menschen, entwickeln Mitarbeiter, und außerdem nehmen die Mentoren natürlich auch ganz viel für sich, für ihren Führungsalltag mit und lernen ganz viel für sich als Führungspersönlichkeit, weil Führung heutzutage ja mehr ist als „Ich gebe Anweisungen und habe jemanden, der führt das aus.“, ja, und wenn wir Menschen darin befähigen wollen, genau diese neue Führungsrolle auszufüllen, dann ist Mentoring ein total gutes Mittel, um das zu lernen, wie das eigentlich funktioniert. Das ist also eine Beobachtung, die ich in den letzten drei Jahren gemacht habe, die sehr, sehr stark wirkt. Der andere Auslöser ist dann ja, was ich eben schon mal erwähnt habe, meine Rolle als Scrum Master. Also wer sich noch nicht mit Scrum so viel auseinandergesetzt hat und wie Führung da funktioniert, mal ganz kurz die Zusammenfassung, ich habe beim Scrum ein Entwicklungsteam und ich habe praktisch zwei laterale Führungskräfte. Ich habe auf der einen Seite einen Product Owner, die Aufgabe des Product Owners besteht im Grunde darin, Arbeit zu priorisieren, also zu sagen, was wird denn jetzt eigentlich gemacht, was ist denn sinnvoll zu tun. Und ich hab die Rolle des Masters, der guckt im Grunde wie das, was jetzt getan werden muss, am effektivsten getan werden kann, also auch darauf zu achten, wie arbeitet das Team zusammen, habe ich Konflikte, weiß denn jeder, was zu tun ist und sich um diese ganzen Aspekte zu kümmern und diese zwei Rollen, die haben beide keine disziplinarische Führungsverantwortung, also wie in der klassischen Organisation, und das finde ich sehr, sehr spannend, dass das sehr gut funktioniert und, ja, auch aus dem Aspekt des Agilen heraus sich entwickelt hat, was eben schnelle Anpassungen notwendig macht. Ja, also die Idee dahinter ist ja, wenn ich ein gut eingespieltes Team habe, wenn ich jemanden habe, der großes Vertrauen genießt im Team und einfach sagt, was wird jetzt getan, also der Product Owner, dann kann ich sehr, sehr schnell auf neue Dinge mich einstellen und das ist ja ein Skill, der gerade heutzutage total wichtig ist. Also ist ja die Frage dahinter: Wie kann denn Führung, auch im klassischen Unternehmen, in der klassischen Organisation aufgestellt werden, damit es einfach den heutigen Bedürfnissen gerecht wird? So, aus diesen Mosaiksteinen setzt sich das Ganze zusammen und das war im Grunde der Auslöser zu sagen: Hey, Führung kann doch auch eigentlich anders gehen.

Götz Müller: Mhm, ja, jetzt wo du so erzählt hast, kam mir spontan, weil ich solche, nennen wir es mal Situationen auch kenne, unter der großen Überschrift Agil Schrägstrich Scrum, sondern halt eher unter der Überschrift Matrix-Organisation, aber bei dem, was du jetzt gerade erzählt hast, kommt ja im Grunde, bei Matrix-Organisation, da hat man ja klassisch so eben eine Matrix, also sprich zwei Dimensionen, eine horizontale und eine senkrechte im Sinn, aber im Grunde haben wir hier ja sogar drei Dimensionen. Eine Dimension, der Product Owner, der sich sehr stark auf der Produktebene, also auf der sachlichen Ebene bewegt. Der Scrum Master, der sich auf dieser unterstützenden Ebene bewegt und dann eben noch die disziplinarische Ebene der klassischen Führungskraft, die ja trotzdem weiter existiert. Wird, und da kommt mir eben eine Sache in den Sinn, mit der ich mich gerade relativ stark beschäftige, Lean Product Development, also Product Development im Lean-Kontext, wo durchaus ähnliche Situationen vorhanden sind, da gibt es einen Chief Engineer, der sehr stark auf der fachlichen Seite unterwegs ist, fachlich, also auf der inhaltlichen Seite, was das Produkt angeht, ähnlich wie der wie der Product Owner, aber bisschen mehr Durchgriff auf das, was da gemacht wird, während dann eben die Führungskraft, die disziplinarische Führungskraft dort aber in meinem Verständnis mit Anteile übernimmt, die sonst ein Scrum Master hat.

Christine Schmitt: Mhm, ja, das ist das also, dass sich Führung aufteilt, dass sich diese verschiedenen Rollen aufteilen, das merken wir ja gerade an ganz, ganz vielen Dingen. Und dieses Dreigespann zwischen strategischer Arbeit auf der einen Seite, also wo geht es denn eigentlich lang, dann die Arbeit auf Prozessebene, also wie organisiere ich letztendlich ja mein Team, welche Prozesse brauche ich, welche Tools et cetera, sind die Leute dazu in der Lage, das zu tun und letztendlich dieser People-lead, also mich um die Menschen zu kümmern und zu schauen, wie arbeiten die Leute zusammen, dieses Dreigestirn, ja, das sind so diese klassischen drei Rollen, die Führung ausmacht und die Frage ist halt jetzt, welche, also deswegen finde ich das Gespräch heute total spannend mit dir, welche unterschiedlichen Konstellationen gibt es da eigentlich und wie kann das in Zukunft aussehen?

Götz Müller: Mhm, es sind eben, wie es der Name im wortwörtlichen Sinne mitbringt, eben ganz unterschiedliche Perspektiven. Einerseits auf die Sache, andererseits aber eben auf den Menschen. Was mir da jetzt auch gerade spontan durch den Kopf geht, das habe ich ja in klassischen Matrix-Organisationen immer so als ein gewisses, ja, nennen wir es ruhig mal Defizit wahrgenommen, dass der einzelne Mensch im Grunde ja zwei Herren dient und im Extremfall kann er keinem wirklich recht machen. Und jetzt muss man sich, ich meine, jetzt übertreib ich vielleicht ein bisschen, aber man muss, glaube ich, höllisch aufpassen, dass da nicht jetzt anfangen drei Menschen an dem einen oder an den vielen einen in dem Team anfangen rumzuschrauben, das könnte ich mir eben auch als eine weitere gewisse Herausforderung vorstellen, oder?

Christine Schmitt: Ja, wobei ich da sagen muss, also jetzt aus der Erfahrung, die ich gemacht habe, da steckt ja noch sehr, sehr viel dahinter. Ein Mitarbeiter ist eine Ressource und diese Ressource, die kann entweder auf A einzahlen, ja, also die kann entweder dem einen Projekt dienen oder ich habe einen anderen Projektmanager und dann kann die Ressource da einzahlen. Also ich habe so meine acht Stunden Arbeitszeit am Tag und dann mache ich vier Stunden lang das und vier Stunden lang das und dann sollten ja eigentlich beide glücklich sein. Wenn wir also unter bestimmten Voraussetzungen, wenn ich genau weiß, was ist denn das Hauptziel meines Unternehmens, was soll denn meine Organisation eigentlich machen, ja, dann hat A und B ja unter Umständen das gleiche Ziel und dann können sich ja auch A und B gegenseitig als Sparring-Partner dienen. Das ist so ein bisschen die Idee, wo es letztendlich hingeht, also zu sagen, was ist denn, also warum reden wir die ganze Zeit über Purpose etc., das ist ja mittlerweile schon wieder fast ein alter Hut. Das hat ja eigentlich den Sinn und Zweck, dass ich ganz genau weiß, nach welchen Kriterien ich priorisiere.

Götz Müller: Um die Konflikte dahinter eben auszuschalten oder grundsätzlich eher zu vermeiden überhaupt.

Christine Schmitt: Um Konflikte zu vermeiden und um da auch, ich glaube, das ist halt diese Rollentrennung, ja. Wenn ich sage, es ziehen zwei Leute an einem Menschen, ja, dann haben die zwei ja eine unterschiedliche Priorisierung. Jeder sagt, mein Task ist wichtig, so, und dann habe ich zweimal Prio 1 auf meiner Agenda und weiß nicht mehr, was ich tun soll. In der Rollenverteilung, die ich jetzt bei Scrum kennengelernt habe, habe ich ja sehr, sehr klar diese Rollen getrennt. Also ich habe einen Product Owner und ich vertraue dem Product Owner, dass er die richtige Entscheidung trifft, was gerade das Wichtigste ist auf meiner Arbeitsebene, ja. Ja, und schaue dann entsprechend, wie können wir das so effizient wie möglich umsetzen und das ist ein Vertrauensthema zwischen diesen zwei Personen. Ja, also natürlich auch zwischen dem Team, die die Developer müssen natürlich auch dem Team vertrauen, aber ich gehe jetzt mal noch einen Schritt weiter, wenn das im Agilen so gut funktioniert, warum sollte es denn nicht auch im Klassischen funktionieren? Und das ist so eine Frage. Stell dir mal vor, ich habe ein Unternehmen mit zwanzig Mitarbeitern, ja, ein klassisches Maschinenbauunternehmen. Warum muss denn eigentlich der Unternehmer selbst die beste Führungskraft sein? Warum muss der eigentlich sein Team führen? Können wir nicht eigentlich auch sagen, wenn der Unternehmer ein richtig guter Product Owner ist, das heißt, wenn der strategisch weiß, was an meinem Markt gerade abgeht, wenn ich weiß als Unternehmer, was muss jetzt getan werden, muss ich dann wirklich selber noch mein Team führen? Das ist so eine Frage, die ich mir gestellt habe. Oder ist das nicht auch möglich ein Konzept, ich nenne es jetzt mal “Leadership as a Service” einzuführen, das heißt, ähnlich wie ich jetzt als Freiberufler in ein Scrum Team gehe und meine Dienstleistung als Scrum Master, meine Führung als Dienstleistung zur Verfügung stehe, klappt das nicht eigentlich auch im Maschinenbauunternehmen? Und ich denke, dass das möglich ist.

Götz Müller: Ja, und es vermeidet ein Problem, dem ich auch immer wieder begegne, in ganz unterschiedlichen Konstellationen. Zum Beispiel, dass man eben oft die fachlich beste Person zur Führungskraft macht und dadurch unter Umständen und egal, in was sie jetzt fachlich gut ist, ob sie jetzt ein guter Entwickler ist oder ein guter Vertriebler ist, um mal vielleicht zwei Pole aufzuspannen, passiert finde ich viel zu oft genau das, und dann ist die Konsequenz daraus, ich verliere unter Umständen einen sehr guten Entwickler, weil er sich nicht mehr mit Entwicklungsaufgaben beschäftigen kann oder nicht mehr zu 100% mit Entwicklungsaufgaben beschäftigen kann und ich gewinne, in Anführungszeichen, vielleicht eine schlechte Führungskraft.

Christine Schmitt: Definitiv. Und dann ist ja die Frage, was passiert denn dann weiter? Ja. So, dann passiert weiter, dass wir a) ein Team haben, was nicht besonders motiviert mehr läuft ja und b) was passiert noch? Ja irgendwann kommt dann so der Schrei nach “Wir müssen jetzt mal ein Training machen”. So und dann setze ich jemanden zweimal drei Tage in so ein Führungskräfteentwicklungsprogramm und habe dann die Erwartung, dass der eine super Führungskraft ist. Also ich will das gar nicht schlecht reden, gute Führungskräftetrainings haben einen Effekt, letztendlich kommt es ja aber darauf an, dass die Teilnehmer auch langfristig die ganzen Sachen in die Praxis umsetzen. Das steckt ja auch so ein wenig hinter dem Konzept des Mentorings, dass ich sage: Hey, das ist ja ein Prozess über ein Jahr und das geht auf individuelle Probleme und Führung zu lernen braucht Zeit. Ja, das geht auch nicht von jetzt auf gleich. Also wenn ich mich daran erinnere, was für Fehler ich am Anfang meiner Führungskarriere gemacht habe, also da könnte ich ein ganzes Buch schreiben. Ja, manchmal denke ich so, ah, meine armen Mitarbeiter von damals. Aber all diese Sachen, ja, es gibt da so bestimmte Pattern, die siehst du regelmäßig bei jungen Führungskräften und die Frage ist: Müssen wir da wirklich durch? Muss ich wirklich immer wieder in die gleichen Fettnäpfchen treten oder kann ich nicht auch einfach mal Führung Profis überlassen, die nichts anderes machen wie führen?

Götz Müller: Mit genau den zwei Effekten, dann vermieden, mit den zwei negativen Effekt vermieden, dass ich a) eine gute Fachkraft verliere und b) in Anführungszeichen schlechte, oder zumindest am Anfang, ich meine eine Entwicklungschance gibt es immer, eine schlechte Führungskraft gewinne, mit allen Konsequenzen, wie du es schon kurz angerissen hast, wie glaube ich jeder, der jetzt mal kurz reflektiert, kennt vermutlich auch solche Situationen. Jetzt hast du den Begriff “Leadership as a Service” in der Kombination mit Mentoring erwähnt, da möchte ich noch ein bisschen nachbohren, wie da jetzt die Kombination aussieht, weil es ja durchaus und ich glaube, man muss, wenn man das Thema anpackt, ja durchaus mitberücksichtigen, dass klassische Karrierepfade diesen Führungsaspekt ja fast zwingend erfordern und deshalb manche es anstreben, die es besser lassen sollten.

Christine Schmitt: Ja, das ist, das ist eine sehr wichtige Frage. Also beziehungsweise sind es ja eigentlich zwei Fragen. Die Frage Nummer 1, was hat denn jetzt eigentlich Mentoring mit dem “Leadership as a Service” zu tun? Für mich ist in beidem der Gedanke einer wirksamen Begleitung mit drin, also dass ich wirklich mir überlege, was braucht denn eine Organisation gerade, damit sie erfolgreich ist. Und da sehen wir halt auch, dass viele so Transformations-Coaches oder ähnliches, ja, die gehen in ein Unternehmen rein, die analysieren das, dann gibt es so einen Report, und dann sind die irgendwie wieder weg und die Idee, wirklich in eine operativere Rolle zu gehen, wirklich zu sagen: Hey, ich begleite euch ein Stück weit als Führungskraft, als Team Coach, ich schaue mir über einen gewissen Zeitraum ein Team an, rede mit den Einzelnen auf einer individuellen Ebene, aber betrachte auch immer das Team als Ganzes, also diese zwei Ebenen zwischen individuell und das ganze Team als Organisationseinheit, ja, als kleine Organisationseinheit, wie entwickelt sich das zusammen und gebe da gezielt über einen längeren Zeitraum Impulse rein, damit die Zusammenarbeit besser funktioniert. Ja, so, dieser Begleitaspekt sozusagen, Mentor sein für ein Team, das ist so das eine. Ich nenne das ganz gerne mein Tandem-Boost, ja, ein kleiner Mentoring-Leitfaden, den ich mal erstellt habe, der trug diesen Namen und ich finde ihn total passend, weil es boostet letztendlich, dadurch, dass ich nicht nur eine Person da drin habe, sondern dass ich mehrere Personen drin habe, die beide ein Team begleiten, ja, eine fachliche Führungskraft und eben ein Teamcoach, also das ist so diese ganze Sache A. Die andere Frage, die du gestellt hast, die darfst du jetzt noch mal wiederholen. Ich. habe den Faden verloren, ja.

Götz Müller: Da können wir uns dann die Hand schütteln. Die zweite Frage würde ich jetzt aus dem Kopf auch nicht mehr hinkriegen, deshalb sind wir einfach so frech und ignorieren sie.

Christine Schmitt: Okay, kommt wieder, kommt wieder.

Götz Müller: Kommt wieder, genau. Wir haben im Grunde ja eben eine lockere Unterhaltung über das Thema. Was ich halt, beziehungsweise was mir bei deinen letzten Sätzen jetzt auch durch den Kopf ging, das Thema Agil, Scrum ist ja sehr stark entwicklungsgetrieben, also aus Produktentwicklungsprozessen raus entstanden, ganz konkret aus Softwareentwicklungsprozessen raus entstanden. Und mit dem, was du jetzt aber gerade erzählst, glaube ich, kann es auch gelingen, einen weiteren Schritt zu machen, der ja durchaus außerhalb von unseren zwei Köpfen auch schon entstanden ist, wenn Organisationen versuchen, Scrum einzuführen, obwohl sie eigentlich keine Produktentwicklungsorganisationen sind und dann manchmal scheitern, weil halt die klassischen. Ausbildungen in dem Kontext sich sehr stark auf das Thema Produktentwicklung konzentrieren und dann fehlt aber dieser Transfer in einen ganz normalen, in Anführungszeichen, Führungskontext auch und bei dem, was du jetzt gerade erzählt hast, ging mir eben noch durch den Kopf und vielleicht greifen wir so den Faden auch wieder auf, dass es auf dem Weg auch gelingen kann, sich aus diesem relativ abgegrenzten Ökosystem Produktentwicklung, Software-Entwicklungsprozess rauszubewegen und die guten Elemente, die da ja drin stecken, die du schon aufgezählt hast, plötzlich aufzugreifen, umzusetzen, ohne dem Ding jetzt so ein Stempel Scrum oder agil aufdrücken zu müssen.

Christine Schmitt: Super Punkt, das sehe ich ganz genauso. Also Scrum funktioniert in einem bestimmten Kontext und der nächste Schritt ist ja nicht zu sagen: Okay, ich nehme jetzt dieses eine Werkzeug, also wenn ich jetzt zu Hause ein Bild aufhängen will, ja, und ich habe hier so Gipskartonplatten und ich möchte da einen Nagel in die Wand schlagen, dann funktioniert das nicht, sondern ich muss dann solche Spax-Dübel nehmen und mir die in die Wand hauen, damit ich ein Bild zu Hause aufhängen kann. Das heißt, ich habe ein bestimmtes Werkzeug, meine Bohrmaschine und diese Spax-Dübel, die zusammen das Ergebnis geben: Bild aufhängen. Das, was wir jetzt entsprechend häufig sehen ist, dass Unternehmen eine ganz andere Umgebung nehmen, das heißt, ich habe dann auf einmal eine Backsteinwand und will mir da entsprechend meinen Dübel reinhauen und merke, das funktioniert nicht, weil ich halt doch einen Nagel dafür brauche. Das, was wir jetzt hier machen, ist zu uns zu überlegen, okay, was ist denn jetzt eigentlich das Erfolgsrezept dahinter? Ja, das Erfolgsrezept dahinter in dem Wandbeispiel ist ja, dass ich etwas in die Wand 90 Grad reinbringe, wo ich mein Bild aufhängen kann, das haben ja beide gemeinsam und genau das ist so die Überlegung, was braucht es denn in einer klassischen Organisation, welches Element von Scrum macht, denn das so erfolgreich und macht auch Sinn in einem klassischen Kontext. Und vielleicht noch so eine kleine Anekdote: Ich saß schon mal in einem Besprechungsraum mit, ich glaube fünf oder sechs Prokuristen, zwei Betriebsräten, drei Kollegen und zwei Betroffenen, die alle ein zweistündiges Meeting zur Konfliktlösung gehalten haben. Du kannst dir das vorstellen, in so einem Mini-Besprechungsraum, ja, der war proppenvoll, ja, wo du so nach zehn Minuten so denkst “Oh, könnte bitte jemand mal das Fenster aufmachen, weil sonst ersticke ich gleich”, so eine Luft da drin, alle bedrückt. Was war Ursache von diesem Konfliktgespräch? Eine Kollegin hatte am Anfang, als sie angefangen hat, ihre Kaffeetasse nicht in die Spülmaschine gestellt. Und das sind solche Dinge. Es passiert wirklich in der Praxis, ja, es sind Kleinigkeiten, an denen manchmal richtig, richtig viel Effizienz hängen bleibt und aus der individuellen Sicht jedes Mitarbeiters kann man das total verstehen. Die Frage ist, wie löse ich so etwas, bevor es dazu kommt, dass meine ganze Organisation lahmgelegt ist und ich mich um meine eigentliche Aufgabe gar nicht mehr kümmern kann, weil ich nur noch mit solchen Konflikten auf höheren Konfliktebenen unterwegs bin. Lohnt es sich da nicht, in gute Führung zu investieren? Das ist letztendlich die Frage.

Götz Müller: Mhm, ja, und jetzt kommt mir, glaube ich, auch dieser zweite Teil meiner Frage vorher, also diese zweite Frage vorhin wieder in den Sinn, die Kombination mit dem Mentoring, da würde ich, da bohre ich jetzt noch ein bisschen nach, weil ich persönlich da auch unter verschiedenen Perspektiven, um das Wort auch zu benutzen, ein Bild davon habe, einmal in den Non-Profit-Bereich raus, Klammer auf, Toast Masters für die, die mich ein bisschen kennen, wissen das und da spielt das Mentoring eine sehr große Rolle, neue Mitglieder und eben erfahrene Mitglieder, wie entwickle ich mich da weiter, ganz unabhängig mal davon, dass es hier um das Reden vor Gruppen geht, ist es dort ein sehr, sehr wichtiges Element und dann kommt mir immer wieder eine Situation, im Grunde vor Jahrzehnten, sprichwörtlich wirklich, in dem Sinn, wo mal ein Mitarbeiter zu mir in einem Mitarbeitergespräch gesagt hat, dass er mich als Mentor betrachtet, da war ich ein Stück weit wirklich sprachlos, weil ich das so nicht erwartet hätte und in der Reflexion dann des Gesprächs habe ich mir gesagt: Da hast du doch, irgendwas, musst du da doch richtig gemacht haben, dass er mich so betrachtet. Und andererseits auch jetzt, wo ich wieder drüber rede, ist mir, da werden mir Dinge klar, dass ja dieses Mentoring nicht so unidirektional ist, so wie man vielleicht klassische Führung versteht, die Führungskraft und da auch vor allen Dingen eben diese hierarchische Distanz, eine Ebene tiefer, um das räumlich zu verordnen, der Mitarbeiter, die Mitarbeiterin, während Mentoring im klassischen Sinne nach meinem Verständnis zumindest eher auf Augenhöhe steht, auch wenn das alte Bild, Sohn des Odysseus und eben der väterliche Freund aufgrund des Alters schon eine gewisse Distanz da ist, trotzdem ist da eher eine Augenhöhe gegeben und eben, ich finde, es ist auch eine bidirektionale Beziehung, um das mal so zu greifen. Also es haben beide etwas davon, nicht nur der Mentee, der von dem Mentor was lernt, sondern eben auch in der anderen Richtung.

Christine Schmitt: Definitiv und ich meine, erstmal Herzlichen Glückwunsch, dass dein Mitarbeiter dich als Mentor bezeichnet hat, also das ist ja was sehr, sehr schönes und wenn wir uns fragen, warum ist denn das so schön, also außer dass es natürlich ein gutes Gefühl in einem auslöst, es bedeutet ja, dass du in der Lage bist, deinen Mitarbeiter richtig zu enablen, ja, also ihn in die Lage zu versetzen, am Steuer zu stehen und seine Aufgaben selbstständig zu lösen und in seiner Entwicklung ihn bestärkst, ja und auch ein Stück weit als Vorbild dienst. Das schwingt da ja entsprechend alles mit und das sind schon Rollen von Mentoren. Und ja, es ist wichtig, dass Mentoren mit ihren Mentees eine Augenhöhe, eine vor allem, also Augenhöhe ist gar nicht mal so wichtig beim Mentoring. Ist es ist es schon und ist es gleichzeitig nicht, weil Mentoring hat ja letztendlich inhärent den Aspekt, dass ich einen Erfahrungsvorsprung des Mentors habe, das heißt, der Mentor ist ja in dem, um das es geht, wenn ich jetzt noch mal auf das Beispiel von den Toastmasters zurückgehe, zum Beispiel die Präsentations-Skills, da ist der Mentor ja erfahrener als der Mentee. Also es geht um den Wissenstransfer, ein Lernen aus der Erfahrung von anderen. Wie funktioniert das am besten, ja, und da gibt es halt viele Personalabteilungen, die sagen: Toll, wir machen jetzt Mentoring, die tauschen Telefonnummern aus und dann merkt man, so ganz funktioniert es dann doch nicht und da kommt dann wiederum die Augenhöhe ins Spiel, also wie überbrücke ich auch in einem Mentoring zum Beispiel Autoritätsgefälle, wenn ich auf einmal einen Vorstandsvorsitzenden meines eigenen Unternehmens vor mir sitzen habe und das soll mein Mentor sein, dann ist das erstmal so, ja, danke, wie rede ich jetzt mit dem. Also da ein bisschen in Vorbereitung zu gehen und die Augenhöhe herzustellen. Wenn wir jetzt mal wieder den Kreis schließen zum Thema Führung, ja, ist dieser Aspekt des Enablements, dieser Aspekt des Befähigens von Mitarbeitern, sich kompetent in unterschiedlichen Situationen zu verhalten, das ist ja eigentlich das, worauf es heute mehr denn je ankommt. Wir haben eine ständig verändernde Welt um uns rum, ja, wir müssen uns ständig neu einstellen auf irgendwelche Dinge und die Frage ist, wie schaffe ich es da in mir eine Sicherheit zu generieren, dass ich kompetent mit diesen Dingen umgehe, das hat einmal einen Resilienzfaktor. Das hat aber letztendlich ja auch einen Wertschöpfungsfaktor. Wenn ich Mitarbeiter habe, die wissen, was sie tun und kompetent sich in einer Organisation, ja, entsprechend bewegen können, dann habe ich eine höhere Wertschöpfung. Dann verdiene ich am Ende des Tages mehr Geld. Wenn ich Kollegen habe, die in der Lage sind, auf eine andere Kollegin zuzugehen, ohne dass der Chef eingeschaltet wird und sagen: “Hey du, kannst du bitte das nächste Mal deine Kaffeetasse in die Spülmaschine stellen.” Und die Kollegin sagt: “Ja klar, sorry, ist mir gar nicht aufgefallen.” Dann habe ich ja selbstorganisiert einen Konflikt gelöst, ohne dass der über drei Führungsebenen eskaliert.

Götz Müller: Ja und ich glaube eben auch ein Punkt, den man nicht vernachlässigen darf, da kommt jetzt dieser dumme Spruch „Superheld, der sich für super hält“, also als Führungskraft eben habe ich a) nicht die Weisheit, die ultimative Weisheit kann ich für mich nicht in Anspruch nehmen und b) rein physikalisch ist es praktisch nicht möglich, die gleiche Leistung selber zu erbringen, wie wenn ich halt fähige Mitarbeiter habe, weil ich mich ja nicht klonen kann, beziehungsweise wenn ich es könnte, dann gelingt es nur dadurch, dass ich ein Stück weit auch mein Wissen in die, ja, in die Köpfe, der Begriff Befähigung, den du verwendet hast, der anderen Menschen reinbringe und mich für diese einzelne Aufgabe ein Stück weit ja überflüssig mache.

Christine Schmitt: Das ist die Idealvorstellung, wobei wir da ja auch noch den Aspekt nicht vergessen dürfen, und deswegen finde ich das Bild dieser Rollenverteilung bei Scrum so clever. Wir dürfen nicht vergessen, es muss halt einen geben, wenn ich jetzt effizient arbeiten möchte, wenn ich effektiv arbeiten möchte, der sich damit beschäftigt: Was machen wir zuerst, was steht gerade auf der Agenda? Und ich brauche eine Organisation, die dieser Person vertraut, ja, wo ich auf der einen Seite in eine Feedbackschleife gehen kann, wo ich sagen kann „Oh, lass uns da noch mal drüber sprechen, ich sehe noch die und die und die Risiken da drin oder ich sehe die und die Chance, lass uns das mal versuchen“ und wo ich auf der anderen Seite in der Lage bin zu sagen „Ja, okay, ich sehe das, die Entscheidung, die ich treffe ist trotzdem, dass wir jetzt das und das und das machen, aus den und den Gründen“. Verstehst du, was ich meine? Also es braucht ja eine priorisierende Kraft darin, plus einen Vertrauenskreis sozusagen um diese Person herum und das aufzubauen, das ist nicht immer, das ist nicht immer trivial. Also das ist überhaupt nicht trivial im Grunde. Dafür muss man schon wissen, wie funktionieren Organisationen und wie funktioniert dieses Spiel von Führung zu Mitarbeitern, ja, ich brauche commitment, Wertschätzung und Wirksamkeit jedes Einzelnen im System, damit das funktionieren kann.

Götz Müller: Ja, und ein Stück weit, glaube ich, aber eben auch die Entscheidungsgrundlagen so transparent zu machen, dass irgendwann mal jemand anders auch diese Entscheidung treffen kann, weil sonst bleibt auf immer und ewig die Entscheidung, solche Entscheidungen an mir hängen und dann baue ich an der Stelle ja wieder einen Engpass in das System und da schließt sich dann der Kreis zu dem, was du eingangs von dem Maschinenbauunternehmen, mit dem Unternehmer genannt hast, wenn er ultimativ immer nur die einzige Person ist, die Entscheidung treffen kann, dann baut er doch einen Engpass ein und dann kommt er spätestens, ich meine, ich werde jetzt irgendwann mal demnächst 60, dann baut er an der Stelle einen Engpass ein, den er von seiner Person nicht mehr lösen kann. Wenn er irgendwann mal vielleicht das Unternehmen an den Nachfolger, vielleicht an Kinder oder an jemand anderes übergeben will, dann sollte er meiner Ansicht nach da den Weg bereitet haben, das von seiner Person zu lösen.

Christine Schmitt: Also das das schließt sich ja nicht unbedingt aus. Also ich glaub ein wichtiger Aufhängungspunkt bei der ganzen Sache ist die Verantwortung. Solange der Unternehmer in der Rolle des Unternehmers ist, trägt er die Verantwortung für die Ergebnisse des Unternehmens. Ja, und er trägt ja auch haftungsrechtlich Risiken, also dieser Begriff der Verantwortung, derjenige, der die Verantwortung trägt, und das gilt für Führung genauso wie für Unternehmertum, der trifft ja letztendlich auch die Entscheidungen, und zwar was gemacht wird. Das heißt aber nicht zwingend, dass das die beste Person ist, um Zusammenarbeit zu organisieren. Und ich treffe natürlich bessere Entscheidungen, wenn ich mehrere Perspektiven in meine Entscheidungen mit einbeziehe, wenn ich mit meinen Mitarbeitern rede, ja. Also Podcasts ist ein wunderschönes Mittel und wenn man sich verschiedenste Unternehmer in Podcast-Formaten anhört, du hattest ja auch schon einige zu Gast, ja, dann hört man ja auch sehr häufig eines dieser Erfolgsrezepte ist jeden Tag, sich mit seinen Mitarbeitern zu unterhalten, an die Front zu gehen, in den Austausch zu gehen, zu wissen, was ist denn da eigentlich los, weil das natürlich genau das macht. Es bringt weitere Perspektiven in meine Entscheidungsfindung rein. Das bedeutet ja nicht, dass am Ende nicht der Unternehmer trotzdem immer noch den Kurs vorgibt und in dem Moment, wo natürlich das transparent ist und eine gute Übergabe und der Nachfolger mit im Commitment ist, wenn da zwei Perspektiven sich sozusagen eine Zeitlang überlappen, dann ist das etwas sehr Erfolgversprechendes. Nichtsdestotrotz kommt dann halt irgendwann der Punkt, wo dann der Nachfolger ja ins Handelsregister eingetragen wird und dann eben auch in der Rolle ist und die Verantwortung trägt. Nichtsdestotrotz, ich kann mir ja jemanden mit reinholen, der entsprechend sagt, ich kümmere mich mal darum, dass das Team gut funktioniert, dass sich jeder abgeholt fühlt, dass die Leute in Commitment, Wertschätzung, Wirksamkeit sind. Und diese Hüte, die mir vielleicht nicht gefallen bei der Führung, die vielleicht auch zu viel sind oder wo ich sage “Boah, will ich mich mal mit beschäftigen, aber vielleicht nicht gerade jetzt”, da zu sagen, okay, ich habe noch jemanden an der Hand, der sich genau damit auskennt und mich in der Realisierung meiner Vision unterstützt. Das ist so das Führungsverständnis.

Götz Müller: Ja, das möchte ich jetzt gerade mal ein bisschen aufgreifen und allein bei dem letzten Satz, den du gesagt hast, ist mir dann sofort wieder eingefallen mit diesen mehreren Hüten und ich habe trotzdem nur einen Kopf, das heißt, ich muss da schon mal dieses Dilemma ein Stück weit unter einen, um an der Stelle diese blöde Metapher wieder aufzugreifen, ich muss unter einen Hut bringen, weil ich selber nur einen Kopf habe und das ist, glaube ich, auch dieser gewisse Gleichmacher, den man immer wieder, ja, für sich selbst reflektieren sollte, dass man da eben nicht dieser Supermann oder diese Superfrau ist. Auf was ich jetzt noch ein bisschen raus möchte, ist dieser von dir erwähnte Punkt “Leadership as a Service” und welche, ja, kann man es Erfahrung nennen, du damit schon gemacht hast, welche Rückmeldungen dir dazu auch schon gegeben wurden, weil jetzt in, ich glaube in unser beider Verständnis, sowohl Scrum und agil, als auch durch meine Lean-Brille, sollte man ja Dinge nicht tun, für die es keinen Markt gibt, also für die es kein Kundenbedürfnis gibt, in dem Sinne, auch wenn es vielleicht am Anfang die Kunden noch gar nicht wissen.

Christine Schmitt: Definitiv. Und ich meine eines der großen Fragezeichen, die mich, als ich mit dieser Idee kam, von ja meinen Bekannten und meinem Netzwerk aus natürlich an mich herangetragen worden ist: Glaubst du denn, dass Unternehmer diese Führungsrolle abgeben wollen? Ja, weil das hat natürlich auch irgendwo so etwas mit Status zu tun, in vielen Köpfen, dass ich sage, ich will ja jetzt nicht die Führung meines Teams abgeben. Ja, also wir verknüpfen ja, ob das jetzt gut oder schlecht ist, kann man sich drüber streiten, aber wir verknüpfen ja das Thema Führung ja auch ganz häufig mit so einem Status. Also wenn ich etwas im Unternehmen werden will, dann muss ich irgendwann mal Führungskraft sein. Ich muss in eine Führungsrolle gehen und da ist ja noch ganz, ganz viel einfach gesellschaftlich der Status drin und daher habe ich eine Umfrage gemacht, ja, auf verschiedenen Plattformen und im Netzwerk gestreut und habe gefragt: Hey, was haltet ihr denn von dem Thema? Beantwortet mir hier doch mal ein paar Fragen dazu, auch wenn ihr denkt “Das ist totaler Humbug, ja, würde ich niemals machen”, weil genau da wollte ich so ein Gefühl dafür kriegen. Wie stehen da denn die Aktien, was denken denn die Unternehmer und Führungskräfte darüber, ja, das Thema Teamführung aus diesem Sinne abzugeben. Und das Überraschende ist, also ich habe eine ganze Menge Rückläufe gekriegt, rund 60%, 60% der Menschen mit zwischen vier und fünfzig Mitarbeitern hatten die, 60% dieser Menschen können sich vorstellen, das Thema Führung, Teamführung auszulagern und von diesen 60% war sogar ein Viertel, die gesagt haben, dauerhaft. Also ich habe dann auch gefragt, was wäre denn so ein Zeitraum, während der Transformationsphase oder eben ein bisschen ein bisschen länger und jeder Vierte, der sich vorstellen kann, hat gesagt, also am liebsten dauerhaft, ja, dass sich jemand darum kümmert. Das war also sehr, sehr spannend. Durchaus auch mehr als ich ursprünglich gedacht habe.

Götz Müller: Ja, hätte ich jetzt so spontan auch nicht vermutet, weil eben das, was du auch genannt hast, und das ist auch meine persönliche Erfahrung, eben mit einer beruflichen Laufbahn bisher immer noch fast untrennbar auch dieser Führungsaspekt verbunden ist.

Christine Schmitt: Ja, ich habe die Vermutung, das ist auch so die Unterscheidung zwischen Konzernkarriere im Angestelltenverhältnis, ja, wo wir das ja auch sehr, sehr stark ausgeprägt haben und auch unternehmerischer Mittelstand, ja. Also viele derjenigen waren Geschäftsführer, und da ist das, glaube ich, noch mal etwas anderes. Also das hängt einfach an dir und du wirst ja, wenn du Unternehmer wirst, nicht unbedingt Unternehmer, weil du denkst: Boah, ich möchte jetzt das Riesenteam führen. Nein, du willst ja eine Vision, du willst ja etwas bewegen, du willst ja etwas umsetzen. Das ist manchmal auch viel trivialer als man denkt. Also so ein kleines Beispiel, ja, meine Steuerberaterin, die hat mir mal erzählt, dass sie sieben Mitarbeiter hat, ja, so Buchhaltungen et cetera, Dienstleistungen, die sie anbieten, sieben Mitarbeiter, ich werde doch in Deutschland kein Steuerberater, weil ich mir denke: Boah ich möchte mal ein großes Team führen. Also sieben Leute, das ist ja schon eine ordentliche Mitarbeiteranzahl, das macht doch keiner.

Götz Müller: Ja, das ist jetzt ein wunderbares Beispiel und das lässt sich, glaub ich, auf viele andere Branchen auch übertragen und ich nehme jetzt mal uns zwei als Ingenieure, also ich kann zumindest von mir sagen, ich bin nicht Ingenieur geworden, weil ich irgendwie den Gedanken hatte: Boah, ich will mal einen Entwicklungsteam führen. Nee, beim besten Willen nicht, die Idee kam dann irgendwann später, ja, aber die kam nicht in der Entscheidung, während der Schulzeit noch, mich für ein Ingenieurstudium zu entscheiden.

Christine Schmitt: Ja, definitiv. Und natürlich gibt es Menschen, die total da reinwachsen in die Rolle und die Rolle für sich entdecken, ja, also da würde ich mich jetzt darunterführen. Ich bin jetzt auch nicht an den Start gegangen und hab gedacht: Boah, ich muss jetzt hier das große größte Team führen. Aber ich habe später gemerkt, das ist eigentlich der Aspekt am Job, der mir am meisten Spaß macht, ja, andere dazu zu befähigen, eine richtig gute Arbeit zu machen und dann habe ich gemerkt, das ist auch noch erfolgreich. Die Teams waren dann letztendlich viel erfolgreicher, wenn ich mich selber darauf konzentriert habe, dass einfach die Mitarbeiter einen guten Job machen können. Das sind letztendlich so diese Erkenntnisse, die ich jetzt in den Markt transferieren will, ja, konzentriert euch auf die Mitarbeiter und dann funktioniert das und ich habe den höchsten Respekt vor Menschen, die sagen „Ich habe jetzt diese Vision und ich will das entsprechend umsetzen“, dann ist doch die Frage total naheliegend: Kann ich mir da nicht Unterstützung holen, um dieses Mitarbeiterthema von Anfang an professionell aufzusetzen? Ich muss doch dann wirklich nicht den Weg gehen, das Tal der Tränen, beziehungsweise kann dann andere Wege gehen, da, ja, mit der Zeit reinzuwachsen, ohne mir was kaputt zu machen.

Götz Müller: Ja, definitiv. Das bringt mich im Grunde auch jetzt zu meiner Abschlussfrage, in die Richtung frage ich immer zum Schluss. Was ist deine Empfehlung für den Einstieg? Wenn man jetzt, aus unserer Unterhaltung raus, das Gefühl hat, ja, das könnte auch etwas für mich sein. Wie sollte das jemand für sich selber vertiefen, reflektieren, ob er da, sie da in eine Resonanz gegangen ist und wie sieht dann potenziell, wie sehen dann die ersten Schritte aus?

Christine Schmitt: Ja, also ich glaube, der erste Schritt ist wirklich in die Selbstreflexion zu gehen und zu sagen: Ganz ehrlich mit sich zu sein und sich zu fragen: A) Macht mir Führung Spaß? Ist das eigentlich etwas, woran ich selber Freude habe? Oder sehe ich das, ganz ehrlich, vielleicht doch nur als notwendiges Übel? Ich glaube, das ist eine ganz entscheidende Frage an der Stelle, die man sich erstmal beantworten sollte und wenn ich das beantwortet habe, sich dann auch noch zu fragen, wie gut bin ich eigentlich darin? Wie gut bin ich eigentlich in der Mitarbeiterführung und ist mein Level, wo ich gerade stehe, gut genug, an dem Punkt, was ich brauche, um ein Unternehmen voranzubringen? Und wenn ich da einer der zwei Fragen mit Nein beantworte, ich glaube, dann ist der der richtige Schritt zu sagen, okay, ich hole mir da mal externe Unterstützung und schaue mal, wie das funktioniert, also dass ich letztendlich einen Teamcoach mir reinhole und sage: Kümmere dich bitte darum, dass mein Team läuft, und das sind meine Sachen, wo ich hinwill. Das hat ja auch den Vorteil, dass ich denjenigen noch als Sparring-Partner mit nutzen kann und merke dann relativ schnell, wenn das Team gut performt, dann bringen die ja auch mehr Ideen, mehr Wertschöpfung mit rein, also macht sich das relativ schnell auch wieder bezahlt. Von daher, fang bei dir selbst an, frage dich: Macht es mir Spaß und ist das Level, auf dem ich gerade bin, ganz selbstreflektiert, da wo ich sein will? Da gibt es dann ganz viele, die sagen „Ja und ja!“ und es gibt dann vielleicht auch einige, die sagen „Ja eigentlich, wenn ich ehrlich zu mir bin, dann ist da mindestens einer der zwei Fragen auf Nein“ und dann einfach die Konsequenzen daraus zu ziehen.

Götz Müller: Ja, und ich glaube, um diesen Aspekt Selbstreflexion kommt man genauso wenig drumherum, wie wenn es um das Thema Sport, sportliche Betätigung geht, da kann man dieses Zitat irgendwo wieder aufgreifen, das T-Shirt schwitzt halt nicht von alleine, das heißt, ich kann mir einen Personal Trainer holen, aber die Gewichte muss ich selber stemmen, weil es geht um meinen Muskel. Und jetzt, im übertragenen Sinne geht es halt um den Führungsmuskel und ich muss halt mir überlegen, ist das ein Muskel, den ich trainieren will oder will ich die, in Anführungszeichen, schweren Gewichte an der Stelle lieber von jemand anders stemmen lassen.

Christine Schmitt: Genau. Bin ich gerade dazu in der Lage, das zu leisten oder nicht, ja, und so über übertrieben gesagt, kann ich es mir momentan zeitlich leisten, die Woche fünf Stunden ins Fitnessstudio zu gehen oder nutze ich dann die 30 Minuten EMS-Training, wo entsprechend ein Anzug ein wenig die Arbeit für mich übernimmt, auch wenn es dann immer noch anstrengend ist, und das ist ja bei Führung as a Service genauso. Ja, also es ist ja nicht so, dass dann alle Probleme weg sind, sondern ich muss dann wirklich auch mir sehr klar sein, was möchte ich eigentlich in welchem Zeitraum erreichen, bekomme eine ordentliche Rückmeldung und es ist halt wie ein EMS-Training, ein bisschen ein leichterer Weg. Ich habe jemanden an meiner Seite, der mich dabei unterstützt, der da Profi drin ist, und ich kann schneller bessere Ergebnisse erzielen. Das ist letztendlich der Trick daran.

Götz Müller: Ja, und ich komme aber wieder aus der unternehmerischen Aufgabe, Schrägstrich Nummer, nicht raus, mir halt konsequent zu überlegen, wo will ich denn hin, so. Und da schließt sich dann der Kreis meiner Ansicht nach.

Christine Schmitt: Genau, und da kann ich meinen EMS-Trainer ja, um im Gesundheitsbild zu bleiben, in dem Sportthema zu bleiben, natürlich kann ich meinen EMS-Trainer auch mal nach ein paar Ernährungstipps Fragen oder sagen, was er denn entsprechend von der, ob er noch Tipps hat für mich, wie ich mehr Bewegung in meinen Alltag integrieren kann und genauso kann ich natürlich auch ein Leadership as a Service Coach in meinem Unternehmen fragen, ja, also als Sparring-Partner nutzen und mir da auch Input holen und Feedback holen zu Dingen. Hey, wenn ich das und das und das jetzt erreichen will, ja, dann bedeutet das, ja, was muss ich denn da machen? Also wenn ich mit einer Priorisierung komme und sage, ich möchte morgen gerne Tesla 2 aufgebaut haben, dann kann ich als Teamcoach da ein sehr ehrliches Feedback geben und sagen, okay, um das zu schaffen brauchst du aber, da kommen dann das Milliardenvermögen etc. pp., aber letztendlich sich da in ein Sparring zu begeben, begeben und auch da mal Feedback zu bekommen, was kann ich vielleicht noch an der ein oder anderen Stelle besser machen, das ist ja auch noch ein Aspekt, der da mitschwingt.

Götz Müller: Ja, und es schließt sich eben an der Stelle auch noch mal der Kreis zu unserem Titelthema an der Episode, eine weitere Perspektive ins Spiel zu bringen.

Christine Schmitt: Es ist grandios, absolut. Absolut.

Götz Müller: Christine, ich fand das wieder, an der Stelle wiederhole ich mich fast in jeder Episode zum Schluss, ich fand das wieder eine spannende Unterhaltung, da waren wieder Elemente drin, die ich mir am Anfang, wo ich mich mit der Episode beschäftigt habe, wo wir uns auch kurz ausgetauscht hatten, so hätte nicht vorstellen können und ich finde es immer wieder spannend, dass sich Dinge so entwickeln in einem Gespräch. Christine, ich dank dir für deine Zeit, für diese interessanten Perspektiven.

Christine Schmitt: Vielen lieben Dank. Auf Englisch sagt man ja „thanks for having me“, danke, dass ich da sein durfte, Götz.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Christine Schmitt zum Thema Führungsperspektiven. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 329.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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