Kaizen 2 go 331 : Generationsübergreifende Führungsprozesse


 

Inhalt der Episode:

  • Was steckt hinter dem Begriff generationsübergreifende Führungsprozesse?
  • Wo treten diese Situationen auf?
  • Welche Herausforderungen treten dabei auf?
  • Wie unterscheiden sich typischerweise diese Erwartungen?
  • Wie kann sich die Führungskraft auf diese Herausforderungen einstellen und den möglichen Spagat bewältigen?
  • Welchen Nutzen kann die Führungskraft dann aus dieser „Übung“ ziehen?
  • Welchen Nutzen können Unternehmen ziehen, wenn sie (bspw. durch die Personalabteilung mittels Führungskräfteentwicklung) ihre Führungskräfte unterstützen?
  • Wie sollte eine betroffene Führungskraft sich diesen Herausforderungen stellen?
  • Wie kann eine Führungskraft zum Einstieg in das Thema für sich den Ist-Zustand bestimmen?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 331 : Generationsübergreifende Führungsprozesse

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich James Newell bei mir im Podcast-Gespräch, schon zum dritten Mal, wieder ein spannendes Thema durchaus mit Bezug zu den ersten beiden. Er ist Amerikaner und schon seit über 30 Jahren in Deutschland, seit 1995, Berater und Begleiter für strategische Entwicklung mit dem Schwerpunkt Führungskräfte. Hallo James.

James Newell: Hey, grüß Dich. Wie geht's dir, Götz?

Götz Müller: Gut, danke.

James Newell: Schön wieder hier zu sein.

Götz Müller: Ich habe ja schon ein kurzes Stichwort zu dir gesagt, aber stell dich gerne noch mal den Zuhörern vor, die möglicherweise ja die letzten beiden Episoden nicht gehört haben.

James Newell: Ja, genau, auch dass sie sich ein bisschen an mein Deutsch gewöhnen könne, meine Aussprache. Genau, also wie gesagt, ich bin Amerikaner. Oft sage ich, wenn Leute mich fragen, wo ich herkomme, sage ich Kanada und dann kann ich die ganzen Fragen, die politischen Fragen kann ich komplett umgehen, aus dem Weg gehen, wenn ich keine Zeit habe, zu erklären, auf welcher Seite ich stehe. Wenn ich keine Zeit habe, sage ich, ich bin aus Kanada und wenn ich Zeit habe, sage ich, ich komme aus New York und dann gehen die Fragen los. Aber ich bin seit 95 in Deutschland, und habe seit Jahren, mehreren Jahren, sehr viele amerikanische Führungsprinzipien, Führungsmethoden, wertorientierter Führungsprinzipien umgewandelt, in das Deutsche nicht nur besetzt, aber auch den Kontext, also wie man das in der deutsche Sprache und auch mit der deutschen Mentalität, dass es auch besser ankommen, weil 1 zu 1 kopieren geht nicht immer. Ich habe mir zum Ziel gemacht, die Prinzipien sind richtig gut, die sind fundiert, aber wie man die in den Kontext bringt, ist entscheidend und damit befasse ich mich seit fast 20 Jahren, mit verschiedenen Methoden, Verkaufsmethoden, Führungsmethoden, strategische Führung. Die japanischen Verständnisse von Hoshin Kanri, die sind auch nicht 1 zu 1 zu kopieren in Deutschland, das geht nicht so einfach. Die Frage ist, wie schafft man es, diese Prinzipien umzuwandeln in diesem deutschen Kontext. Ja, und das ist, was mich am meisten bewegt. Ich bin hier mit fünf Kindern, einer deutschen Frau, Gott sei Dank, und freue mich, dass ich in Deutschland bleiben darf, auch wenn es kalt ist.

Götz Müller: Ja. Gut, und jetzt haben wir ja noch mal ein spannendes Element, könnte man es nennen, weil ja im Grunde, selbst wenn ich mich auf eine Nation beschränke, ja dort auch nicht alle Menschen gleich sind, schon alleine eben das Thema Alter, also Generationen, und da mal zum Einstieg dieser Begriff, so wie ich ihn ja auch für unsere Episode heute gewählt habe, generationsübergreifende Führungsprozesse, was ist deine persönliche, dein persönlicher Blick, auch deine Begriffsdefinition?

James Newell: Also für mich ist die Herausforderungen bei dieser Begrifflichkeit, ich muss mir vorstellen, im Moment gibt es bis zu sechs, mindestens fünf Generationen auf dem Arbeitsmarkt, die teilweise zusammenarbeiten, vom Babyboomer bis Gen Z. Das sind fünf Generationen, das sind fünf unterschiedliche Arbeitsweisen, fünf verschiedene Arbeitsmoralen, unterschiedliche Verständnisse, was Arbeit bedeutet, in fünf verschiedenen Generationen, Babyboomer, die im Prinzip nach dem Krieg, eine ganz andere Mentalität, bis hin zu Gen Z, die gerade konfrontiert sind mit Covid, so die generational diversity, diese generationsübergreifende Aspekte ist, wenn ich eine Führungskraft, wie schaffe ich ein diverses Team, ein generationsübergreifend diverses Team zu führen, so dass ich optimale Ergebnisse bringen kann, trotz dieser unterschiedliche Arbeitsweisen, von unterschiedlicher Moralen, wie die die Arbeit betrachten.

Götz Müller: Ja, und ich bin ja als Führungskraft auch selber wieder unter diesem Generationsaspekt Teil des Systems.

James Newell: Genau. Genau, also allein, wenn ich in meiner Generation, ich bin sehr leistungsorientiert, das heißt, unsere Generation nach Babyboomer, Gen X, wir sind sehr, sehr leistungsorientiert oder auf Englisch „keep it real“, das heißt, wir wollen Zahlen, Daten, Fakten, wir wollen Ergebnisse sehen und das diese Leistungsorientierung hat einen Konflikt mit manchen Generationen, die eher, die wollen wissen, warum die arbeiten, die haben ein großes Bedürfnis, diese Leidenschaft zu spüren bei der Arbeit, und dann kommt die Leistung. Bei meiner Generation, wo ich mich fühle, ich will einfach Leistung bringen und damit identifiziere ich mich, also eine ganz anderen Blickweise und ich habe auch, wenn ich jetzt Führungskraft bin, habe ich auch ganz andere Erwartungen an meine Mitarbeiter. Ich erwarte auch, wenn ich leistungsorientiert bin, auch Leistungsorientierung von meinen Mitarbeitern, aber das kann ich nicht unbedingt erwarten, weil die haben ein ganz anderes Verständnis, wie ich, wie man Leistung versteht.

Götz Müller: Ja, und ich glaube eben auch, speziell andere Dinge sind ja manchmal branchenspezifisch oder abhängig von der Unternehmensgröße, aber diesem Thema kann sich im Grunde a) keine Branche entziehen und auch keine Unternehmensgröße, spätestens wenn ich zwei Personen habe, einen Mitarbeiter, eine Führungskraft, und die jetzt nicht zufällig aus der gleichen Generation kommen, knallt es schon im Extremfall.

James Newell: Ja, das ist oft der Fall, dass die einfach nicht einander verstehen, weil es einfach auch die gleiche Aufgabe und unterschiedliches Vorgehen, unterschiedliche Erfahrungswerten, die neue Generation, Gen Z haben eine sehr kreativen Art und Weise, Sachen anzugehen. Die sind aufgewachsen mit einem iPhone oder mit einem Smartphone, die sind damit aufgewachsen, zu coden zu können, die sind mit ganz anderen technischen Mittel, für die ist Effizienz, Effektivität ganz etwas anderes als ich, der z. B. mit Excel aufgewachsen ist. Also bei Excel kann ich mir dumm und dämlich Statistiken bauen, die für mich wichtig sind, aber ein Gen Z guckt es sich an und sagt „Ich kann eine App bauen, die 5-fach schnelle ist und die hat diese 20 Nebeneffekte“ also gleiche Ergebnisse, ganz unterschiedliche Herangehensweisen.

Götz Müller: Gut. Jetzt möchte ich einen Punkt noch ein bisschen vertiefen, du hast schon ein paar Aspekte genannt, nämlich diese Herausforderungen, die dabei auftreten, aber eben auch, schon noch weitere Faktor 2, könnte man fast sagen, nämlich diese unterschiedlichen Blickwinkel noch mal stärker beleuchten, einmal aus Sicht des Mitarbeiters an die Führungskraft, was erwartet der Mitarbeiter, die Mitarbeiterin von der Führungskraft und umgekehrt aber eben auch.

James Newell: Die jüngere Generation, also da gibt's im Prinzip diese fünf Generationen, die aktuelle Generation hat ein ganz großen Verlangen nach einer Vision, die möchten wissen, wo würde ich sein in drei bis fünf Jahren, wie kann ich mich weiterentwickeln, was sind meine Chancen ganz konkret, dass ich in drei bis fünf Jahren vielleicht auch Chef sein werde. Die haben sehr stark, die wollen die Möglichkeit haben, sich weiterzuentwickeln, nicht unbedingt bei der gleichen Firma, die können sich erstmal in einer Firma sehen als ein Stepping Stone, während jemand in der älteren Generationen, die sind es gewohnt, zwanzig, dreißig, vierzig Jahre bei der gleichen Firma zu sein. Und dieser Konflikt scheint, also diese Situation scheint ein möglicher Konflikt zu sein, aber wenn eine Führungskraft es betrachtet als eine Chance, diese Energie von der jüngeren Generation zu nehmen, davon zu profitieren, in der ganzen Abteilung zu profitieren, dann kann, trotz eines kürzeren Aufenthalts bei diesem Gen Z oder der jüngeren Generation, ist es trotzdem ein Gewinn für die Firma, trotz dass die Mitarbeiter möglicherweise ein, zwei Jahre oder sogar kürzer bleibt.

Es ist ein Blickwinkel, wie schaffe ich es, als Führungskraft, alle meine Mitarbeiter in den verschiedenen Generationen einzubinden, an dem gleichen Ziel zu arbeiten, aber auf ihre eigene Art und Weise und ihnen den Freiraum zu geben und eine Führungskraft ohne Vision ist ein Nachläufer, der läuft etwas nach und die neue Generation, die brauchen es, eine Vision, mitzukreieren und sie müssen auch wissen, dass es eine gibt. Und die älteren Generationen sind sehr, sehr froh, dass sie Arbeit haben, die Arbeitsplätze sind auf Englisch „sacred“, das heißt, wir sind sehr dankbar, dass wir einen Arbeitsplatz haben.

Götz Müller: Ja, und eventuell dann aber auch so Aspekte, wie dass einfach der eigene Ruhestand ja durchaus näher rückt und mit in den Blickwinkel rückt, könnte ich mir eben vorstellen.

James Newell: Ja. Das ist … ja, die Frage ist auch, als Führungskraft, wie schaffe ich das Wissensmanagement, wie schaffe ich aus den alten Hasen, kann man auch sagen, aus dem alten Wissen, wie schaffe ich den Wissenstransfer von den alten bewahrten Fachkenntnisse, wie schaffe ich einen Atmosphäre, dass es gelingt, dem Team dieses Wissen zu übertragen, dass es nicht verloren geht. Wenn ich in Rente gehe, ich habe vielleicht nur noch fünf Jahre vor mir, die Frage ist, ich habe vierzig Jahre lang oder fünfzig Jahre lang das Wissen aufgebaut, wie soll ich denn in fünf Jahre das Wissen weitergeben. Und da ist die Frage, wie schaffe ich es, neue Wege zu gehen als Führungskraft, um diesen Wissenstransfer zu ermöglichen und was gebe ich dem Team für einen Freiraum, das zu entfalten. Ein gutes Beispiel, ich habe auch ein Team gehabt mit fünf Generationen sogar und ich habe die gepaart, ich habe gepaart einen alten Hase oder aus einer älteren Generation mit einem ganz, ganz frischen, gerade aus der, also gerade 19 oder 20 zusammengetan und die Aufgabe war, voneinander zu lernen und nicht nur was, sondern auch wie. Das heißt, der Ältere hat dann gelernt die Superpower von der Jungen und die Jungen haben gelernt von den Älteren, von der älteren Person und durch diese Arten und Weise, wie die gelernt haben damals war eine Bereicherung für beide Parteien, die alten Methoden zu rechnen als Beispiel. Das gibt's nicht mehr. Allein die Art und Weise wie man lernt, in dieser Zeit für beide Parteien, voneinander zu lernen war wertvoll, das hat riesige Effizienz gebracht. Und interessanterweise auch die Fachexpertise der Älteren, ein paar Mal war er im Urlaub und der Jüngere hatte die Möglichkeit, ihn nicht zu ersetzen, aber so zu vertreten. Da war eine Bindung da, die Älteren geben ihr Wissen her und die Jüngeren nehmen das auf und haben auch die Möglichkeit, auf seine Art und Weise das zu verarbeiten und weiterzugeben.

Götz Müller: Ja, ich denke, das ist gerade im Lean-Kontext, aber auch natürlich darüber hinaus eine große Herausforderung, wie gestalte ich, da schließt sich dann für mich eben ein Stück weit dieser Kreis auch auf eine andere ältere Episode von uns, über das Thema Lernkultur. Jetzt möchte ich noch einen Punkt noch mal aufgreifen, nämlich die Führungskraft selber, sie gehört ja einerseits zu einer dieser Generationen, dann hat sie Mitarbeiter, die aus einem Mix von Generationen bestehen und typischerweise hat die Führungskraft selber ja einen Chef, wenn es nicht gerade der Geschäftsführer ist und der hat vielleicht noch seine Inhaber über sich und daraus entsteht ja ganz klassisch immer diese Sandwichposition und jetzt könnte ich mir eben vorstellen, unter dem Aspekt Generationen kommt da ja noch etwas Weiteres hinzu.

James Newell: Wie heißt es, wenn man eine Generation übergibt an die nächste Generation, da gibt es auch einen deutschen, ich habe den Begriff vergessen, aber wie gibt man das, wie gibt man das ab, also wie schafft man eine Plattform oder Environment, dass die ältere Generation an eine jüngeren, an eine nächste Generation übergeben kann, um den Freiraum zu gestalten, der generationsgerecht ist. Und das ist sehr schwer, weil die ältere Generation hat das möglicherweise aufgebaut, das ist die Baby-Boomer-Generation, die meisten haben entweder etwas übernommen von der Builder-Generation, das ist 1929 bis ’45, dann ’46 bis ’64, das ist die Boomer-Generation, die Baby-Boomer-Generation, das ist nach dem Krieg, das heißt, der ganze Mittelstand wurde oft nach dem Krieg aufgebaut, auf Englisch mit ‚bare hands‘, mit den Händen aufgebaut und das abzugeben, an eine Generation, Gen-X-Generation, zwischen ’65 und ’82 oder sogar der Millennials, manchen haben dann später Kinder bekommen und die Millennials haben einen ganz anderen Blickwinkel, eine ganz andere Mentalität als Gen X, also das sind unglaublich große Unterschiede. Gen X sagen: „Keep it real“, lasst es einfach ehrlich, transparent, geradeheraus. Millennials, das ist ’83 bis 2000, die sind gewohnt, Leben ist wie eine Cafeteria, ich kann nehmen, was ich will, ich kann hier einen Job, das kann ich nehmen. Ich kann so einen, wie heißt das, eine Cafeteria auf Deutsch, ich kann nehmen, was ich möchte, ich kann den besten Salat rauspicken. Das heißt, allein durch die unterschiedlichen Generationen, die alte Builder- oder die Boomer-Generation, die haben das mit ihren Händen erarbeitet. Das abzugeben an die nächsten Generation an Millennials, das ist eine riesige Herausforderung und da muss unbedingt, oft ein Vermittler zwischendrin, unterstützen, einfach diesen Blickwinkel zu beleuchten, zu durchleuchten und Lösungen zu finden, und das kann sehr gut gelingen, da gibt viele Firmen, denen das sehr gut gelingt.

Götz Müller: Ja, das ist dann wieder diese Marmeladenglas, in dem ich halt drinsitze und unter Umständen ja nicht alleine, sondern doch mit ein paar anderen Menschen, aber ich kann halt von außen nicht darauf gucken.

James Newell: Richtig.

Götz Müller: Was sind jetzt konkrete, ja nennen wir es Tipps, von dir, wie eben auch wiederum diese unterschiedlichen Generationen möglicherweise, die sich in einer Führungsrolle befinden, wie sie einerseits mit diesem, vielleicht profanen Aspekt, aber und im Lean-Kontext sehr wichtigen Aspekte des Lernens, aber eben auch generell dem Thema Führung, was sind da deine Empfehlungen, deine Tipps, wie man damit umgeht?

James Newell: Also ich habe so allgemeine Konzepte oder allgemeine Methoden. Eine ist die 80-20-Regel. 80% sind meine Mitarbeiter ihre Arbeitszeit für ihre Arbeit zugewiesen, also im Prinzip, wenn ich ein Team habe, das divers ist von den Generationen, 80% ist normale Arbeitszeiten, 20% von ihrer Arbeitszeit wird dafür benutzt, cross learning, also voneinander lernen, in dem Team, ich mache das ganz bewusst, erstmal habe ich Teamdynamik, ich habe Team-Kohärenz, ich habe die Möglichkeit für Wissensmanagement, Wissenstransfer und wenn jemand ausfällt habe ich auch die Möglichkeit, die interdisziplinäre Unterstützung für das Team und ich als Führungskraft gebe meinem Team fast einen Tag der Woche, das sind 20%, das sind 8 Stunden, bei einer 40-Stunden-Woche eigene Zeit, von ihren Team-Mitgliedern zu lernen. Und das wiederum bringt sehr viel Effizienz, das Team arbeitet tatsächlich noch schneller. Trotz der 20%, die auf den ersten Blick verloren geht, die gehen nicht verloren, weil es baut sich ein Momentum auf. Das ist die 80-20-Regel. Dann gibt's ein Exercise, wo ich, wenn ich ein Team übernehmen, dieses Team sehr divers ist von den Generationen, heißt Ditch the Niche und das ist ein, ich hole Teams zusammen und die haben die Aufgabe, die Superpower, das heißt, was kann der Mitarbeiter in seiner Generation, in seinem Alter, was ist sein Superpower, wo ist seine richtige Stärke bei der Arbeit und sie haben die Aufgabe, diese Superpowers miteinander zu teilen und zu erklären, was es bedeutet. Einfach nur sie zu sensibilisieren, dass nur, weil die alte Methode alt ist, bedeutet das nicht, dass es nicht gut ist. Es geht nur darum, andere Blickwinkel verstehen und diese Ditch-the-Niche-Exercise oder diese Übung, die ist lustig, weil man merkt, dass sie die gleichen Ergebnisse haben, sie kommen auf die gleiche Lösung, einfach nur unterschiedliche Wege dorthin. Cross & Reverse Mentoring, das ist die dritte. Ich lasse meine Abteilungen oder meine Mitarbeiter sich gegenseitig mentoren, aber Reverse Mentoring, das heißt, die älteren werden von den Junge gementort. Das ist nicht so einfach, aber der Jüngere hat die Aufgabe, die neuen Wege, die neue Welt den Älteren ein bisschen beizubringen und das gelingt nicht jedem, aber das ist ein Cross und Reverse Mentoring.

Götz Müller: Ja, da könnte ich mir vorstellen, dass es auf beiden Seiten vielleicht Vorbehalte gibt, so im Sinne, ein bisschen übertrieben ausgedrückt, der Jüngere denkt „Boah, was soll ich dem alten Sack“, um es mal krass auszudrücken, „was soll ich dem jetzt noch beibringen?“, vielleicht mit dem Vorbehalt, der ist gar nicht mehr lernfähig, kann ja durchaus sein, weil man vielleicht im eigenen Familienkontext diese Erfahrungen gemacht hat und umgekehrt natürlich vielleicht die gleiche Geschichte, der Ältere hat vielleicht Vorbehalte gegenüber dem Jüngeren, weil er glaubt, er möchte nichts von ihm lernen, weil vielleicht seine eigenen Kinder mal im jugendlichen Alter so irgendwie unterwegs waren.

James Newell: Das habe ich sogar, ich habe Kinder, ich habe Mitarbeiter, die genau so alt wie mein ältester Sohn sind, und es ist manchmal schwer zuhören, wie jemand, der genauso alt wie mein Sohn ist, der mir dann vorwirft, dass ich nicht unbedingt gerade wertschätzend kommuniziert habe. Das ist, aber das ist das ist Reverse Mentoring. Das heißt, ich erlaube dem Jüngeren da reinzusprechen trotz seiner fehlenden experience, seiner fehlender Erfahrungen und lasse ihn seine Superpower mir reinspreche. Das heißt, wenn er etwas kann mit dem Handy oder dem iPhone oder sonst etwas mit der Technik, dann lasse ich ihn mir das zeigen. Und das gibt ihm eine Wert-Gefühl und ich lerne eben nebenbei etwas. Und das andere ist, ich versuche, moderne ältere Leute, also ältere Generationen, die sehr modern sind, mit den jungen Genies … Ich habe in meinen Team teilweise richtig oder in der Firma habe ich teilweise, die Jungen, die sind richtige Genies, also die sind einfach top 3%, einfach Spitzenklasse und die bringe ich zusammen mit der modernen älteren Generation, und die modernen Älteren sind sehr, sehr wissbegierig. Die sind aus der älteren Generation, aber sie haben einen sehr großen Lernbedarf, wie ich, also ich bin immer am Lernen. Ich liebe es, etwas Neues zu lernen und wenn ich jemanden habe wie ich in der ältere Generation, ich nehme dann ein Genie, also jemanden aus der Gen Z, stecke die beide zusammen und gebe denen ein Projekt. Es ist, also was da rauskommt, habe ich gesehen, wir haben, es ist einfach unfassbar, ich kriege dann die Fachkenntnisse von jemandem, der sehr lange bei ist in diesem Fachthema, und richtig offen ist fürs lernen, bringt einfach seine Fachkenntnisse mit und das junge Genie, das ist agiler, hundertfach agiler wegen, der hat einfach wegen Gen Z ein ganz anderes Verständnis von Technologie, die beide zusammen, da habe ich einen ganz anderen Effekt. Das ist dann „match the modern elders with the young geniouses“, also die modernen älteren Generationen mit den jüngeren Genies zusammen zu bringen. Das sind so vier Dinge, die ich richtig bewusst versuch zu tun und das gelingt fast was immer. Das Cross und Reverse Mentoring, das dauert ein bisschen länger, da muss eine gute Teamdynamik sein.

Götz Müller: Ja, ich könnte mir auch vorstellen eben dadurch, dass sich jemand anders, das hat jetzt mit Generation, glaube ich, wieder weniger zu tun, dadurch dass ich jemand anderes etwas erkläre, wird mir ja das, was ich vielleicht, so sprichwörtlich manchmal im Schlaf kann, also so automatisch tue und gar nicht immer drüber nachdenke, das rückt es dann wieder in viel stärker ins Bewusstsein und ich kann es dadurch durchs Vermitteln einerseits intensivieren und andererseits mir aber selber wirklich bewusst machen, was ich denn kann.

James Newell: Ja, das ist dann das, was passiert durch diesen Cross und Reverse Mentoring, die alte Methoden, die bewahrt sind, die werden dann aufgegriffen und teilweise aufgefrischt oder einfach ergänzt mit neuen Technologie und da habe ich Effizienz. Das heißt, beide haben ihren Beitrag geleistet, die junge und ältere Generation und hat sich nicht verändert. Das heißt, da gibt es immer diesen, im Lean, das weißt du selbst, oft in einer Firma oder einer Abteilung oder sogar eine Werk, haben dann die nächsten Prinzipien, die Konzepte, das heißt, das nächste Lean sonst was komm und alles, was vorher gelaufen oder nicht gelaufen war, wird gleich zur Seite legt oder in die Tonne gekloppt. Man sagt „Ja, das hat nicht funktioniert.“ und dann kommt das nächste und das nächste Buch oder sonst was. Und obwohl die alten Methoden haben sich, die waren gut, es wird einfach nicht mehr so praktiziert, das wird nicht so stabil praktiziert, hat sein Flair verloren, aber die Methode an sich selbst ist gut, das kann man nicht sagen. Aber das einfach schlecht zu machen und etwas Neues zu bringen, das ist ein katastrophales Ergebnis, weil der Mitarbeiter wird darunter leiden, weil der sagt: Weißt du was, das ganze Zeug mit Lean kann man vergessen, weil alles heißt Lean. Und wie schafft man beides? Wie schafft man die alten Sachen zu respektieren, aber zu ergänzen oder aufzufrischen mit den neuen Titten und neuen Ideen, ohne das Alte schlecht zu machen? Also ein gutes Beispiel PDCA, jeder kennt PDCA, wie schaffe ich es, ein digitales PDCA zu machen? Wir kennen das alte PDCA-A3-Blatt, auf ein A3 aufmalen, aufschreiben, die alten japanischen Methode, alles mit der Hand aufschreiben, da gibt es ja Gründe dafür. Was man mit der Hand übt, wird irgendwann zu einer Gewohnheit und das kann trotzdem beibehalten werden mit einer App. Die Frage ist, wie schafft man es, beide Welte zusammenzuhalten.

Götz Müller: Ja, und ich denke, das ist eben und da schließt sich für mich der Kreis auf den Anfang, eben die Chance für die Unternehmen, da diese sich gegenseitig verstärkenden Effekte ja wie du es auch beschrieben hast, zu erzielen und, ja, wie man es so platt manchmal ausdrückt, eins und eins ist halt mehr als zwei dann, vielleicht im Extremfall elf oder noch mehr, wenn man es anders …

James Newell: Ja, das sind Synergien, die man bekommt und wir dürfen nicht vergessen, das höchste Gut, dass eine Firma hat, ist der Wissenstransfer. Wenn das Wissen in Rente geht und es nicht verteilt, so gut wie möglich, ist das ganzen Wissen, also das ist komplette Verschwendung und das wieder aufzubauen ist fünfzigfach teurer und das ist nicht mehr da. Also dieses alte, dieser Wissenstransfer ist so wichtig und ich weiß nicht, wie das gelingt, das ist ganz geworden in Covid-Zeiten geworden, wo wir nicht in 1-zu-1-Coaching und man musste diese Distanzen einhalten, wir hatten diesen riesigen Bruch in der Kultur, von Zugehörigkeit zur Gruppenbildung, das ganze Wissen, der Wissenstransfer ist verloren gegangen. Wir haben nicht … wir lange hat es gedauert, bis man mit Zoom umgehen konnte. Das hat einfach gezeigt, wir müssen neue Wege finden. Die Frage ist nur, wie schaffen wir es, dass wir nicht überrascht sind, wenn etwas wie Covid passiert. Und die Welten oder die Generation zusammenzubringen, ist die Herausforderung, das ist für jede Führungskraft, gerade als junge Führungskraft, die möglicherweise zwei ältere Generationen bei sich hat, die sind nicht einfach zu führen. Und die Frage ist, wie schafft man es, dass die junge Führungskraft versteht und sieht den Wert, den die ältere Generation schon mit sich bringt und das lernt, es herauszukitzeln. Dann glaube ich, dass die ältere Generation auch bereit wäre, geführt zu werden von einem jungen … auf englisch, a young whippersnapper, also auch noch grün hinter den Ohren.

Götz Müller: Ja, gut. Das bringt mich jetzt auch so ein bisschen auf meine Abschlussfrage, die ich immer ganz gerne stelle, wie sieht ein, aus deiner Sicht, möglicherweise idealer Einstieg aus, wenn eine Führungskraft, die jetzt vielleicht unserem Gespräch zugehört hat und gesagt hat „Ja, da hört sich manches bekannt an“, vielleicht die eigene Situation, was ist da der ideale Einstieg, dein Tipp so ein bisschen zum Abschluss?

James Newell: Ich würde das Team zusammenbringen und tatsächlich über Teamfähigkeiten, persönliche Fähigkeiten, was kann der Mitarbeiter X gut machen. Das heißt, einen Austausch über die Superpowers, über die Fähigkeiten und letztendlich beobachten, wie das Team reagiert, wie die Übung läuft. Normalerweise gibt es eine Dynamik. Das heißt, ich stelle mir eine Frage, das ist, was ich tue, das, was ich, glaube ich, gut tun kann, dann lasse ich das bestätigen von jemanden aus dem Team. Das heißt, jemand im Team hat die Aufgabe, anhand, nicht nur sagen „Ja, ja, das machst du gut“, nein, die Aufgabe ist, anhand von einem Beispiel zu bestätigen. Und was passiert? Man fühlt sich wertgeschätzt. Die anderen hören zu, wie die anderen sich gegenseitig loben, gegenseitig erklären, was die Stärken sind. Und interessanterweise fokussiert man sich auf Stärken, nicht auf Schwächen und wenn ich die Stärken in den Vordergrund stelle, hilft das, die Schwächen ein bisschen aus dem Blickfeld zu schaffen. Und wenn ich eine Teamdynamik haben möchten, die stärkenorientiert ist und die Generationen überbrücken will, dann ist die Suche nach Stärken, die in dem Team bestehen, wird dann ein guter Einstieg, egal welches Alter die Führungskraft hat, ob alte oder junge Generation, auf Stärken konzentrieren und die Stärken vom Team bestätigen lassen und auch die Stärken dann ausweiten oder verstärken, dann werden die generationsübergreifende Differenzen meistens weniger. Die generationsübergreifenden Differenzen sind meistens auf Schwächen fixiert, statt auf Stärken. Und wenn die Führungskraft auf Stärken, auf die Stärken der Unterschiede, darauf einen Blick wirft und dafür sensibilisiert und das regelmäßig macht, fast wie ein MEG, Mitarbeiterentwicklungsgespräch, eher wie ein TEG, ein Team-Entwicklungsgespräch und das ist nicht über die Ergebnisse der Abteilung, sondern auf die Stärken orientieren und die Stärken erweitern in das Team. Ja, das wird mein großer Tipp sein.

Götz Müller: James, ich fand das wieder, da wiederhole ich mich immer wieder zum Schluss, ich fand es wieder eine spannende Unterhaltung mit Elementen drin, die mich ein Stück weit, ja, selber betreffen, weil dem Thema Generationen und unterschiedliche Generationen kann sich im Grunde ja niemand entziehen und deshalb danke ich dir definitiv für deine Zeit.

James Newell: Hey, danke auch, hat mich auch gefreut, wieder hier zu sein und vielleicht sehen wir uns auf einer Konferenz irgendwann bald.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit James Newell zum Thema Generationsübergreifende Führungsprozesse. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 331.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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