Lean und die Bäume

Training

Der Spruch mit den Bäumen und dem besten Zeitpunkt einen zu pflanzen ist Ihnen sicher bekannt. Zur Sicherheit wiederhol' ich ihn aber nochmal.

Natürlich war der beste Zeitpunkt einen Baum zu pflanzen schon vor 20 Jahren. Der zweitbeste Zeitpunkt ist aber heute.

Und meine Ergänzung ist, dass der schlechteste Zeitpunkt immer morgen ist.

Das lässt sich in meinen Augen eins zu eins auf den Lean-Kontext und die Verbesserungsarbeit übertragen.

Eine weitere Fragestellung, die versteckt dabei mitschwingt, ist die Frage nach dem Zeitpunkt, wann es zu spät ist.

Die einfache Reaktion ist natürlich, dass es nie zu spät ist.

Die einzige Ausnahme von dieser Regel wäre vielleicht noch der Gang zum Amtsgericht (um die Insolvenz anzumelden), was wiederum ein deutliches Indiz ist, dass die Frage offensichtlich in der Vergangenheit nicht zur Diskussion stand und bestimmte Hausaufgaben nicht gemacht wurden. Und selbst dann ist eine Insolvenz ja noch nicht das Ende aller Tage, sondern ermöglicht durchaus einen Neustart (wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind).

Was aber hinter der Frage auch noch steckt bzw. mit ein Grund ist, warum die Frage überhaupt gestellt wird, ist vermutlich die Tatsache, dass es keine Bäume bzw. den wahrgenommenen Bedarf nach mehr Bäumen gibt.

Auf den Lean-Kontext übertragen, ist das die Erkenntnis, dass es um die Geschäftsprozesse nicht wirklich gut bestellt ist, was sich eben darin äußert, dass die Geschäfte nicht wirklich gut laufen (Kundenreklamationen wg. Qualitätsmängeln, Liefer(un)treue, zu hohen Kosten usw.).

„Um Wissen produktiv zu machen, müssen wir lernen, sowohl den Wald als auch den einzelnen Baum zu sehen. Wir müssen lernen, Zusammenhänge herzustellen.“

– Peter F. Drucker

Eine weitere Ursache kann auch das allgemeine Marktgefüge (Kundenbedarf, Wettbewerber, Rohstoffe, …) sein, so wie dem Toyota Anfang der 1950er-Jahre gegenüberstand.

Was auch in dieser Situation keine Lösung gewesen wäre, ist das Lamentieren über verpasste Gelegenheiten in der Vergangenheit oder die Resignation ggü. der aktuellen Situation.

Natürlich hatte Toyota damals kein fertiges Lösungskonzept in der Tasche, das man nur noch abarbeiten musste, dann aber die Erfolg sicherstellt.

Vielmehr hat eine Analyse der Problemsituation stattgefunden und man hat in kleinen Schritten und unzähligen Iterationen das entwickelt, was heute als Toyota Produktionssystem bezeichnet wird und die Basis für Lean Management ist.

Aber auch damals wurde auf vorhandenem Wissen aufgebaut, seien es Prinzipien der Fließ(band)fertigung bei Ford, die Elemente aus dem Training Within Industry oder dem PDCA-Zyklus von Deming bzw. Shewhart und diese an die eigene Situation angepasst und weiterentwickelt.

Warum sollte das also nicht auch für heutige Unternehmen in einer Krisensituation funktionieren? Und die vielfältigen Erfahrungen, die in den vergangenen Jahrzehnten auf die ein oder andere Form gemacht wurden, sollten man natürlich auch nicht vergessen, sondern ebenfalls berücksichtigen und mit der eigenen Situation abgleichen.

Dann ist natürlich Baum nicht gleich Baum, sondern es kommt darauf, was aus dem Baum später einmal entstehen soll (ein Holzhaus, Möbel, Papier, die Sicherung eines Abhangs, um nur ein paar Zwecke aufzuzählen).

Aber der erste Schritt bleibt das Loch irgendwo im Boden an einer geeigneten Stelle für ein Samenkorn oder einen Setzling.

Und zum Abschluss leg' ich noch ein Baum-Zitat drauf: „Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht.“

Wieder auf den Lean-Kontext übertragen, steckt für mich da der Gedanke drin, dass man im Kaizen-Sinn einfach mit Verbesserungen anfangen sollte, um parallel dazu ein Gesamtbild zu erhalten. Das Ganze dann in einer gesunden Balance mit den Beteiligten vor Ort (die am besten mit Bäumen umgehen können) und einem strategischen Ansatz wie Hoshin Kanri, der die übergeordnete Ausrichtung einbezieht und mittels Ansätzen wie der Verbesserungs- und Coaching-Kata eine Verknüpfung zwischen Wald und Bäumen schafft.

Frage: Welche Hindernisse stehen in Ihrem Verantwortungsbereich zwischen spezifischen Verbesserungen und einer übergeordneten Strategie? Welche Folgen ergeben sich daraus? Wie gehen Sie damit um?

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