Prozesse und Gewohnheiten – Teil 3

Mit dem Thema Prozesse und Gewohnheiten habe ich mich bereits in zwei zurückliegenden Beiträgen beschäftigt. Dort ging es darum, wie Gewohnheiten entstehen und welche Nutzen sie haben. In diesem Artikel geht es vorallem darum, wie Veränderungen (von Gewohnheiten) möglich werden.

Ein weitverbreiteter Ansatz ist der Versuch in den Prozessen die Menschen zu verändern, die bestimmte Gewohnheiten haben (oder eben noch nicht haben). Sehr oft ist jedoch dieser Versuch Veränderungen zu erzielen zum Scheitern verurteilt. Wir können das oft genug an uns selbst wahrnehmen. Sei es die neue Gewohnheit, die wir uns antrainieren wollen oder das große oder kleine Laster, das wir aufgeben wollen. Das kann das Rauchen sein, die Süßigkeiten oder das eine Stück Kuchen, das dann direkt auf den Rippen landet oder den Gürtel spannt. Oder die neuen sportlichen Aktivitäten, die uns fit halten und die Folgen, der oben genannten Laster reduzieren können.

Im geschäftlichen Umfeld können es die Stundenzettel und Fahrtenschreiberaufzeichnungen der Mitarbeiter sein, die regelmäßig zu spät kommen. Oder es sind die fehlerhaften Rechnungen von Lieferanten und Subunternehmern. Allen Situationen gemeinsam ist der Mehraufwand und die Verzögerungen, die dadurch an anderer Stelle entstehen und unterm Strich für alle Beteiligten nur Nachteile bedeuten. Dass es sich hierbei um klassische Verschwendungen handelt (Warten, Überbearbeitung, Fehler), ist nicht Thema dieses Beitrags. Andere Gewohnheiten, die weniger nützlich sind, können der harsche oder anklagende Umgang mit Mitarbeitern sein oder wieder im privaten Umfeld mit Kindern oder Lebenspartnern.

Eigentlich sollten die Veränderungen doch ganz einfach möglich sein: Gleich richtig machen, rechtzeitig machen bzw. überhaupt machen. Aber es gilt auch hier wie in anderen Situationen: Gesagt ist leichter als getan. In diesem Beitrag geht es auch nicht um die Gründe, warum die Dinge sind, wie sie sind. Anmerkung: Die Frage nach dem “Warum” ist im Zusammenhang mit unerwünschtem Verhalten, eine ganz gefährliche Frage. Deshalb ist sie im Coaching ein praktisches Tabu. Auch wenn das “Warum” mit dem “5xWarum” (5 Why) ein wichtiges Werkzeug der Kernursachenfindung darstellt, ist der zielführende Umgang damit genauso schwierig, wie die Frage vermeintlich leicht gestellt ist. Mehr Überlegungen dazu finden Sie in diesem Artikel.

Nach dieser langen Vorrede kommen wir jetzt zur Kernfrage des Artikels:

Wie können wir Veränderungen am Verhalten von Menschen erreichen?

Antwort: Gar nicht!

Damit ist der Artikel zu Ende, Sie können jetzt den Browser schließen und sich wieder einer “sinnvollen” Arbeit zuwenden.

 

 

 

 

 

Wie, was? Noch da? Sie glauben, es gibt noch eine andere Antwort?

Richtig, Veränderungen sind möglich. Nur sind es keine Veränderungen, die direkt am Verhalten der Menschen ansetzen, sondern einen kleinen Umweg gehen. Einen Umweg über die Situationen, in denen Menschen ein bestimmtes Verhalten zeigen (oder eben nicht zeigen). Oft ist sehr viel einfacher, die Situationen zu verändern, als direkt das Verhalten der Beteiligten. Das heißt nun nicht, dass Veränderungen damit einfacher sind. Wirksame Veränderungen von Situationen zu finden, die dann die gewünschten Verhaltensänderungen nachsichziehen, kann auch eine Herausforderung sein. Einfacher wird es dadurch, weil die Situationen keinen eigenen Handlungs- oder Unterlassungsantrieb besitzen und kein Widerstand gegen die Veränderung vorhanden ist. Der Ansatz über die Änderung der Situation hat auch etwas damit zu tun, wo das “Problem” gesehen wird, im Menschen oder in der Situation. Wer jetzt Manipulation vermutet, kann meine Gedanken dazu in dem verlinkten Artikel nachlesen.

Wie sehen nun solche Situationsveränderungen in der Praxis aus?

Bei den Stundenzetteln kann es die regelmäßige Erinnerung durch elektronische Kalender sein, bei den Fahrtenschreibern ein einfacher Aufkleber im Auto. Manchmal sind es triviale Lösungen, die sofort wirken, manchmal sind schon die Ist-Situationen komplexer und undurchschaubarer und wollen erst verstanden sein. Dann wird auch die Lösung nicht auf der Hand liegen. Hier Patentrezepte anzugeben, die auf jeden Fall eine Lösung bieten, wäre allerdings unrealistisch. Veränderungen ergeben sich durch passend veränderte Situationen. Diese können nur “vor Ort” erkannt werden. Ein Lösung auf der grünen Wiese oder am Computer beim Schreiben dieses Artikels wird kaum die Lösung bringen. Oft bringt auch der unabhängige Blick von außen eine neue Perspektive ein. Die naheliegenden Ansätze wurden vermutlich schon getestet, haben aber nicht das gewünschte Ergebnis gebracht. Ein grundsätzlicher Lösungsansatz kann auch die eingebaute Fehlervermeidung (Poka Yoke) sein. Die (vermeintliche) Lösung sollte auch nicht gleich flächig eingeführt, sondern gemäß dem PDCA-Zyklus erst im Kleinen getestet werden, bevor sie in die Regelabläufe integriert wird.

Frage: Welche Veränderungen haben Sie schon angestrebt, sind aber aus unerfindlichen Gründen bisher gescheitert? Wo sind Veränderungen leicht gefallen und lassen sich auf andere Situationen übertragen? Was haben Sie daraus gelernt?

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