Wo und was Pull noch zieht

Pull-Prinzip

Im Produktionskontext ist das Pull-Prinzip im Lean Management ein wichtiger Ansatz, um nicht wertschöpfende Aktivitäten wie Überproduktion zu vermeiden und Material erst im Bedarfsfall bereitzustellen, um dadurch unnötige Zwischenlager zu vermeiden. Dass es sich auch auf andere Bereiche übertragen lässt, wird dabei aber leicht übersehen.

Manche dieser Bereiche haben einen engeren Bezug zur Produktentstehung, bei anderen liegt das nicht so deutlich auf der Hand.

Neben der Produktion ist auch die Produktentwicklung ein wichtiger Bestandteil des Produktentstehungsprozesses. Dort liegen allerdings die Kunden-Lieferanten-Beziehung nicht so deutlich auf der Hand, wie das in der Produktion der Fall ist.

Daraus resultieren dann auch Herausforderungen, um die es in diesem Artikel geht. Das beginnt schon damit, dass die Entwicklung oft als Lieferant für das Produktmanagement betrachtet wird und die Produktion ebenfalls dieser Rolle zugeordnet wird. Daraus resultieren dann oft Probleme, die beim konsequenten Einsatz des Pull-Prinzips gar entstehen würden.

Würde die Produktion als Kunde der Entwicklung betrachtet werden und die Entwicklung ebenfalls als Kunde des Produktmanagements, würde sich das nicht nur nahtlos in den übergeordneten Wertstrom einordnen, sondern es würden eben neue Verantwortlichkeiten entstehen, die für einen reibungslosen Produktentwicklungsprozess hilfreich sind.

Die Verantwortlichkeiten entstehen dabei nicht nur auf Seiten der „neuen“ Lieferanten, sondern mindestens genauso wichtig und in enger Relation auf Seiten der Kunden.

Da es sich hierbei um interne Kunden handelt, bekommen diese jetzt die deutliche Verantwortung ihre Bedürfnisse klar zu artikulieren. Da es sich um interne Kunden-Lieferanten-Beziehungen handelt, können sich die internen Kunden nicht auf die Position des klassisch externen Kunden zurückziehen, für den der Lieferant die Verantwortung trägt, seine Bedürfnisse zu erkunden.

Letztlich ist die Produktion in einer Stellvertreterfunktion für den externen Kunden und in der Verpflichtung ihre Dienstleistung so bereitzustellen, dass die Bedürfnisse des externen Kunden erfüllt werden können, bspw. nach optimaler Qualität, in der erforderlichen Zeit und zu minimalen Kosten.

„Der größte Feind des Wissens ist nicht Unwissenheit, es ist die Illusion, wissend zu sein.“

– Stephen Hawking

Aus diesen Erfordernissen leiten sich wieder Bedürfnisse ab, die von der Entwicklung zu erfüllen sind. Aber eben auch die Verpflichtung sich über diese eigenen Bedürfnisse klar zu werden und daraus Anforderungen an die internen Lieferanten abzuleiten. Wie das übrigens ggü. externen Zulieferern in die Produktion ganz normal ist.

Während diese Aspekte eher auf der Hand liegen (wenn die veränderten Kunden-Lieferanten-Beziehungen ins Bewusstsein gerückt sind), ist das für eine andere Situation weniger offensichtlich. Zumindest bis auch darüber Klarheit und ein Bewusstsein besteht.

Hier geht es mir jetzt um den Umgang mit Wissen und Erfahrung und deren Weiterentwicklung.

Auch hier ist es so, dass der Wissende und Erfahrene in der Lieferantenrolle (des Lehrers) steckt und sich natürlich daraus Verantwortlichkeiten ergeben. Diese kommen bspw. sehr schön in einem Prinzip der Job Instructions aus dem Training Within Industry [1] zu Ausdruck: Wenn der Schüler nicht gelernt hat, hat der Lehrer nicht gelehrt.

Im Kontext der Produktentwicklung ist der Umgang mit Wissen und Erfahrung jedoch nicht so einfach, wie im Kontext von manuellen Tätigkeiten, auf die sich die Job Instruction klassisch konzentrieren.

Hier ist der konkrete Bedarf an Wissens und Erfahrung nicht so eng gekoppelt wie bei klassischen Arbeitsunterweisungen. Dadurch kommt es als verstärkt zu einem Pull von Wissen und Erfahrung im Gegensatz der eher push-orientierten Job Instructions.

Mit diesem Pull-Prinzip steigt jedoch wiederum die Verantwortung des „Kunden“, also der Personen, die das Wissen benötigen, um es zu nutzen und im Rahmen ihrer Tätigkeit weiterzuverarbeiten. Dazu gehört dann auch, dass sie als Anwender des Wissens die Verpflichtung haben, sich über die optimale Form der Darbietung klar zu werden und diese Bedürfnisse dann auch zu artikulieren.

Wenig Sinn macht es in meinen Augen, es einer „externen“ Instanz wie der IT zu überlassen, einfache „nur“ eine Wissensdatenbank bereitzustellen, die dann von anderen gefüllt und genutzt werden soll. Hier sind sowohl mit Kunden (=Anwendern) und Lieferanten enge Abstimmungsaktivitäten notwendig, dabei durchaus auch mit der besonderen Situationen, dass ein und dieselben Personen beide Rollen einnehmen können.

Die Wiederverwendung von Wissen und Erfahrung spielt im Produktentwicklungsprozess eine entscheidende Rolle, um Entwicklungsaufwände und -zeiten zu minimieren, indem auch hier nicht wertschöpfende Aktivitäten vermieden werden und ein reibungsloser Fluss entstehen kann, der dann wieder die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens steigert.

Wenn Sie wissen möchten, welche Möglichkeiten es noch gibt, um Ihren Produktentwicklungsprozess zu verbessern, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

Frage: Wo tritt in Ihrem Verantwortungsbereich das Pull-Prinzip auf? Wie gehen Sie damit um? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

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[1] Training Within Industry

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