Wie langsames Denken im Lean Management gefördert wird

langsam

Mit langsamem Denken beziehe ich mich hier auf die Begriffprägung durch das Buch des Nobelpreisträgers Daniel Kahneman. [1]

Jetzt mag das dem/der ein oder anderen Leser:in in Zeiten kontinuierlich zunehmender (Veränderungs-)Geschwindigkeiten, in Zeiten von Agilität & Co. paradox vorkommen. In meinen Augen handelt es sich bei dieser Langsamkeit aber um eine großen Stärken von Lean Management, die auch tief in die zugrundeliegenden Denk- und Handlungsweisen eingegraben sind.

Das gilt sowohl für die Betrachtung der Coaching Kata als tragende Säule der Verbesserungsthemen-Kata und die schon fast erzwungene Langsamkeit gerade von Führungskräften, wenn durch die Rückseite der Merkkarte durch die vier Fragen mehr Fragen im Rückblick gestellt werden als auf der Vorderseite, wo sich im Grunde nur eine einzige Frage mit einer Maßnahme, mit dem nächsten Schritt der Verbesserung beschäftigt.

Durch die vier Fragen der Rückseite

  1. Was war Ihr letzter Schritt?
  2. Was hatten Sie erwartet?
  3. Was passierte tatsächlich?
  4. Was haben Sie gelernt?

wird eine intensive Reflexion der Vergangenheit und der resultierenden Lernerkenntnisse angeregt. Dabei bekommt der Führungskraft als Coach eine entscheidende Rolle zu, genau hier die Geschwindigkeit aus der „Sache“ zu nehmen und nicht vorschnelle Schlüsse zu ziehen bzw. zu akzeptieren.

Jetzt handelt es sich dabei aber gar nicht um eine neue Entwicklung im Kontrast zu der eingangs erwähnten Geschwindigkeit, sondern im Grund nur um eine konsequente Fortsetzung dessen, was schon die allgemeinen Problemlösungsgrundsätze der Job Relations aus dem Training Within Industry in frühen 1940er-Jahren initiiert hatten.

„Wer sichere Schritte tun will, muss sie langsam tun.“

– Johann Wolfgang von Goethe

Einem möglichen Einwand, dass das eine andere, vermeintlich langsamere Zeit war, möchte ich mit dem Hinweis entgegentreten, dass die kriegerischen Erfolge der Achsenmächte in Europa und Asien auf die Menschen zu der Zeit vermutlich einen ähnlich hohen Geschwindigkeitsdruck aufgebaut hatten, selbst wenn die absolute Geschwindigkeit aus heutiger Sicht vielleicht niedriger war. In meinen Augen ist die relative Geschwindigkeit bzgl. dem Bezugspunkt deutlich relevanter für die Wahrnehmung im doppelten Sinn.

Auch die Unterweisungstechniken der Job Instruction aus dem Training Within Industry bauten und bauen viel stärker auf Gründlichkeit und Wiederholung statt auf Geschwindigkeit und resultierende Fehler bei der Ausführung und dann später notwendige Korrekturen und schlimmere Folgen.

Sehr schön kommt dieser Kontrast auch in dem kurzen Film (13 min, leider nur in englischer Sprache) von 1944 zum Ausdruck. [2]

Weitere Elemente der Langsamkeit kommen bspw. im A3-Management zum Ausdruck. Gerade die vermeintlich veralteten Aspekte wie die Arbeit mit Papier und Stift statt Powerpoint und Maus setzen den Fokus auf die eigentliche inhaltliche Arbeit und die Gedanken, die man sich macht, bevor man etwas sprichwörtlich zu Papier bringt. Unterstützt wird das durch die verbale Durchsprache mit anderen Beteiligten und nicht zuletzt durch die echte Beteiligung der Führungskraft bei der Entwicklung und Reflexion statt einer kurzen Folienschlacht durch die Ergebnisse, die kaum Zeit lässt, sich mit den Inhalten tiefer zu beschäftigen.

Nicht zuletzt kommt die relative und vermeintliche Langsamkeit auch der Belastung der Menschen durch Veränderungen zu gute, einerseits durch die faktische niedrigere Geschwindigkeit und andererseits auch durch die Einbeziehung aller Beteiligten und Betroffenen, die zwar Zeit kosten mag aber dann wiederum den Vorteil hat, dass weniger Zeit im Umgang mit Widerständen verloren geht, die umgekehrt in der Natur der Sache begründet unwiederbringlich verloren ist. [3]

Wenn Sie wissen möchten, wie Training Within Industry sich mit der Toyota Kata und anderen Lean Elementen ergänzt, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

[1] Daniel Kahneman: Schnelles Denken, langsames Denken
[2] YouTube Video Training Within Industry anno 1944
[3] Blog-Artikel 1 2 & 3

Frage: Wie nehmen Sie die Geschwindigkeit im Lean Management in Ihrem Verantwortungsbereich wahr? Welche Konsequenzen ergeben sich aus zu hoher Geschwindigkeit? Wie lässt sich dem begegnen?

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