Kaizen 2 go 243 : Lebenslange Lern- und Entwicklungsprozesse


 

Inhalt der Episode:

  • Was ist Dein Bezug zu dem Thema?
  • Was war Dein persönlicher Klick-Punkt?
  • Welche Wahrnehmung hast Du bzgl. anderer Personen in Deinem Umfeld, persönlich & beruflich, wie mit dem Thema umgegangen wird?
  • Bezug zu Lean & Co., lernende Organisation, Mitarbeiterentwicklung
  • Wie kann die Entwicklung unterstützt und gefördert werden?
  • Welche Reaktionen sind Dir begegnet?
  • Wie gehst Du mit Ablehnung von lebenslangem Lernen um?
  • Was kannst Du Dir vorstellen, was die Ursachen dieser Ablehnung sind?
  • Wann wird Entwicklungsunterstützung übergriffig?
  • Was ist Deine Empfehlung an Führungskräfte, die vor diesem Dilemma stehen und sich fragen, was der richtige Einstieg und der richtige Weg ist?

Notizen zur Episode:


Mitmachen?

Wenn Sie selbst ein interessantes Thema für eine Episode im Umfeld von Geschäftsprozessen haben, können Sie mir das auf dieser Seite mit Vorbereitungsfragen vorschlagen.

Ich freue mich darauf!

Ihnen hat der Inhalt gefallen? Dann bewerten Sie die Episode bitte bei iTunes.
Jetzt eintragen und Artikel/Denkanstöße zukünftig per eMail erhalten.

Artikel teilen auf ...


(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 243 : Lebenslange Lern- und Entwicklungsprozesse

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Stephan Löttgen bei mir im Podcastgespräch, erfreulicherweise schon zum zweiten Mal. Er ist Verantwortlicher für die Stommel Haus Akademie bei einem Holzhaushersteller. Hallo Stephan.

Stephan Löttgen: Ja, hallo Götz, freut mich sehr.

Götz Müller: Ja, mich auch. Klasse, dass du dabei bist. Sag noch mal 2-3 Sätze mehr, vielleicht ein, zwei Sätze zu euch als Holzhaushersteller und dann aber eben, was steckt hinter der Stommel Haus Akademie.

Stephan Löttgen: Also zum einen sind wir ein mittelständisches, wir sind 50 Mitarbeiter, sind ein Familienunternehmen, die Familie Stommel führt das Unternehmen seit 50 Jahren, mehr als 50 Jahren auch schon als Betrieb, aber seit 50 Jahren oder jetzt etwas mehr als 50 Jahren sind wir Fertighaus-Segment tätig, sind aber kein Fertighaushersteller in dem Sinne, sondern wir bauen Individualhäuser, aber nach einem Fertigbauprinzip, nach der Fertigbauweise. Das heißt, unsere Wände, und alle sage ich mal Bauteile, die wir auf der Baustelle nachher zu einem Haus zusammensetzen, die werden hier bei uns in der Manufaktur vorgefertigt, was uns dann letzten Endes viel Zeit verschafft und uns natürlich auch anspornt im Rahmen der Manufaktur, ja, halt viele Dinge zu optimieren und natürlich sind wir, weil wir im Prinzip ein Einzelfertiger sind, mit einer sehr komplexen Aufgabe bedacht und dann kommt da noch jetzt ein sehr komplexes Umfeld, was ja immer mehr und immer schwieriger wird, gerade jetzt aktuell durch die Corona-Situation wird es noch krasser und da ist die Stommel Haus Akademie unsere Art der, ja, der Weiterentwicklung des Unternehmens, also unsere Organisationsentwicklung. Und wir haben das aus verschiedenen Bereichen abgeleitet, also wir sind einmal ganz klassisch mit TPS und mit einem Unternehmen, das halt in diesem Segment tätig war, im Kontakt gewesen und haben dann zum Beispiel das Prinzip des 2 Second Lean von Paul Akers verinnerlicht, haben immer wieder mit anderen Unternehmen halt uns ausgetauscht, von denen viel gelernt und haben daraus tatsächlich auch dann so eine Art eigenen Lernprozesse im Unternehmen entwickelt, denn wir schauen halt sehr viel voneinander ab, wir lernen miteinander und praxisorientiert und versuchen halt eben da, diese Dinge … auch da die Prozesse, die Lernprozesse zu verbessern und das ist dann im Endeffekt das, was die Stommel Haus Akademie in einen Rahmen fasst sozusagen.

Götz Müller: Und das finde ich durchaus sehr besonders, also durchaus gar nicht mal schmälernd gemeint, sondern eher herausragend, dass ein kleiner Mittelständler, mit 50 Mitarbeitern, sich so etwas, ich nenne es mal leistet. Also mir ist das in der Ausprägung, wie ich das von euch über dich kenne, noch nicht begegnet.

Stephan Löttgen: Ja, wobei wir da tatsächlich auch sehr … also bei uns steht tatsächlicher der Kunde mit seinem Wunsch, ein wohnengesundes und gutes Haus, in der guten Qualität, auch zu erhalten, das steht bei uns natürlich ganz klar im Vordergrund und wie das in jedem Unternehmen ist, fällt dann mit der Zeit auf, dass halt gerade bei einem langen bestehenden Unternehmen, schleichen sich viele Verhaltensweisen ein und Prozesse und auch Angewohnheiten, die halt mitunter sehr verschwenderisch oder für die Katz sind und wenn man hergeht und will das halt anpacken, dann ist stellt sich halt die Frage, wie macht man es. Und diese Frage hat sich mein Geschäftsführer, der Herr Stommel halt 2016 gestellt, nachdem er bei einer Firma in der Schweiz, ja, deren Toyota-Prinzip sich angeschaut hat und dann war es für uns aber klar, dass wir keine Fließband-Produktion machen oder wir sehr wenig davon übernehmen können von diese Serien-Methoden und dann haben wir versucht einfach auch und das war damals, glaube ich, schon auch eher so intuitiv, dass wir versucht haben, uns einen ganz neuen Raum zu schaffen und das war letzten Endes dann auch der Punkt, wo wir uns, wie soll ich das sagen, ja, so herangetastet haben und dann sagt ein Kollege von mir war so schön wir irren uns voran also das ist schon natürlich viel ausprobieren viel experimentieren und ich bin sehr froh und sehr dankbar, dass die Familie Stommel da so, auch natürlich pionierhaft schon in ihrem Grunde, weil sie halt auch in dieser ganzen Holzbau-Geschichte in dieser Fertighaus-Geschichte halt viel Pionierarbeit geleistet haben, sie aber auch, was das angeht, halt sehr mutig sind und, ja, das macht uns auf jeden Fall auch als Kollegium und die Kunden wertschätzen das natürlich, dass wir aber auch versuchen, den Kunden mit in diese Akademie reinzunehmen. Das heißt, der ist bei uns auch ein Teil des Ganzen, weil nur mit ihm können wir die Probleme lösen, die wir ja haben, ohne ihn geht das nicht. Von daher ist es schon sicherlich auch eine Herausforderung, aber ich finde, das macht natürlich auch für mich den Job so spannend und so interessant, weil ich auf der einen Seite ein Handwerker bin, ich habe tatsächlich einen klassischen Handwerksberuf gelernt, bin aber parallel auch hier in vielerlei Hinsicht Projektmanager, bin in tausend anderen … also ich mache einfach sehr viele Aufgaben, die ineinander verschachtelt sind und ich glaube, dadurch wird dann auch nachher ein Schuh draus.

Götz Müller: Ja, und ich finde eben auch das die große Klammer auch um unser Thema heute, dieses lebenslange Lernen und Entwickeln und im Grunde, wo du gerade erzählt hast, kam mir in den Sinn, weil du gesagt hast, so ein bisschen schmälernd vielleicht „Wir versuchen“, aber ich würde es eher so weit gehen zu sagen, das ist im Grunde lernen in seiner reinsten Form, denn alles andere … wenn mir so ein Lehrer vor der Nase steht und mir etwas lehrt, das ist ja nicht lernen, da bekomme ich bekanntes Wissen des Lehrers übertragen durch das, was ich sehe, durch das, was ich höre, vielleicht, was ich hier lese, aber das, was ihr dann macht mit dem Versuchen, ich würde es also gar nicht mal schmälern, kam bei mir zumindest kurz so an. Das ist das Lernen in der Reinform, finde ich, nämlich mit Versuch und Irrtum.

Stephan Löttgen: Ja, genau. Das ist tatsächlich richtig und das ist aber, muss ich sagen, das ist ganz klar auch, und das, ja, es ist auf jeden Fall eine Sache der Erkenntnis, also das ist wichtig und das war für uns jetzt hier auch wichtig. Das ist manchmal auch, glaube ich, noch nicht immer und überall in jeder Situation klar, dass es so ist, aber es ist sicherlich was, was wir mit und mit und immer mehr verstanden haben und was uns natürlich auch an vielerlei Stellen eine Herausforderung ist, weil man ja oftmals davon ausgeht, dass man weiß, also dass man Fachmann, Profi und alles ist und ich glaube, das ist halt eben genau das, was jetzt auch unsere Zeit im Moment gerade so ausmacht, die Tatsache, dass wir halt an vielen Stellen feststellen, ok, also so Profi sind wir gar nicht, also wir sind schon Profi in dem Sinne, aber wir haben halt viele, viele Probleme, die sind neu, viele, viele Probleme kommen jetzt gerade das erste Mal um die Ecke und wenn ich damit umgehen lernen möchte, dann muss ich jetzt einfach mich da rantasten und ich glaube, es ist eher so das Tasten, also mit Achtsamkeit und auch vorsichtig an die Sachen rangehen, auch hier und da mal einen mutigen Schritt machen, aber auch in der Lage sein, wieder einen Schritt zurück machen zu können und auch beweglich zu bleiben. Es ist ja auch so, es gibt ja auch Leute, die fallen dann in eine Lösung rein und dann liegen sie aber da so, im Sinnbildlichen. Das heißt, da ist es dann relativ schwierig, wieder hoch zu kommen und dann ist es oft so, dass es dann heißt: Das ist voll in die Hose gegangen, ach das machen wir nie wieder, vergiss es. So und dann ist quasi der Drops gelutscht.

Götz Müller: Ja, ich könnte mir auch vorstellen, dass natürlich speziell in eurem geschäftlichen Kontext Häuserbau, muss jetzt gar nicht mal direkt etwas mit Holz zu tun haben, aber Häuserbau an sich, ist ja eine Sache, die was für den Kunden in der Regel sehr persönlich, einmalig ist, macht man selten zweimal im Leben, während, wenn man an etwas klassisch anderes denkt, Serie hast du vorhin gesagt, während, wenn ich mir ein Auto kaufe vielleicht alle fünf bis zehn Jahre und ich bin ja nicht der einzige, der das Auto kauft, sondern da rollen am gleichen Tag noch ein paar hundert bis vielleicht 1000 vom Band und trotzdem ist das natürlich immer nur ein Auto, was ich kaufe, aber ich kaufe mir halt mehrere, während Haus bauen sehr persönlich, wenn man mal vom Heiligs Blechle der Schwaben absieht, und halt nur wirklich zeitlich auch da ein Unikat, und da könnte ich mir vorstellen, dass das mit zu diesem Aspekt des Lernens und des sich immer wieder individuell auf eine neue Situation des Kunden einstellen, auch etwas ausmacht.

Stephan Löttgen: Auf alle Fälle. Also das ist natürlich auch eine Frage des Trainings und das ist, glaube ich, auch so das, was wir hier für uns … das ist ja auch etwas, also wenn ich ehrlich bin, das ist halt auch eine Sache, die oftmals sehr unterbewusst stattfindet. Wichtig ist für mich oder wichtig ist, glaube ich, auch in unserem Rahmen hier, dass wir das auf der einen Seite wir Raum haben und auch die Kollegen in ihren Situation Raum haben, um tatsächlich lernen zu können. Das bedeutet für mich Erfahrung machen können, bedeutet für mich sehr wichtig, dass man eine offene und eine sehr transparente, aber auch eine zielgerichtete Fehlerkultur hat und das ist etwas, das ist eine riesige Herausforderung, also weil es einfach eine zwischenmenschliche Sache ist, auch wenn man klassisch sagt, dass diese Fehler in der Regel systemisch sind, aber trotzdem ist es so, dass wir, glaube ich, auch kulturell so geprägt sind, dass wir natürlich immer den Fehler erstmal beim Individuum suchen, also bei uns, beim Kollegen und man anfängt in Schuld zu handeln, also Schuld abzuwiegen und man muss sich dann wirklich trainieren, den Fehler im Prozess oder die Ursachen zu suchen, um wirklich dann den Fehler im Prozess und im Ablauf oder in der in der Situation zu finden und wenn man das trainiert, wird man da, glaube ich, auch, also dann entwickeln sich da natürlich auch Umgänge mit, die dann dafür sorgen, dass, ja, Menschen auf einmal ganz anders in Situationen reingehen und ich glaube, dass dann auch man den Wert von Erfahrungen ganz anders einordnet, also, das ist so ein bisschen, weiß ich nicht, wenn man sich an der Herdplatte die Finger verbrennt, das ist ein ganz einschneidendes Erlebnis, oftmals im jungen Alter und das ist etwas, das merke ich mir und wenn ich jetzt natürlich, wie soll ich sagen, das dritte Rad am Wagen bin oder in der Abteilung oder im Team derjenige bin, der eigentlich nur ausführt, der so in der Planung überhaupt gar nicht stattfindet, der sich im Grunde immer nur als Glied irgendwo in der Kette sieht, dann werde ich nie anfangen, das gesamte Ding mir anzuschauen, dann werde ich nie anfangen über die einzelnen Prozessschritte nachzudenken und dadurch kann ja dann auch gar kein Lernen stattfinden, also dadurch kann ich ja gar nicht in der Lage sein nachher, wie soll ich sagen, abteilungsübergreifend zu denken, weil ich weiß ja gar nicht, was in anderen Abteilungen abgeht, ne, und das ist natürlich etwas, dass wir versuchen, mit verschiedensten Mitteln irgendwie zu befruchten, den Raum dafür zu geben, herzugehen uns und wir machen zum Beispiel auch Cross-Training, kann man das vielleicht nennen, oder bei uns ist es so, dass wir halt den Kollegen die Möglichkeit bieten, auch in anderen Bereichen mal für ein paar Tage zu arbeiten. Das wird dann auch, da wird getauscht, da wird so eine Art Praktikum gemacht und so weiter, da sind schon viele Dinge, die letzten Endes dazu führen, dass das halt alles ja in Gang gebracht wird, so die Neugier, das Interesse für die anderen Bereiche und dadurch, habe ich bislang die Erfahrung gemacht, entsteht dann auch tatsächlich Lernen, also beziehungsweise, also ich finde immer den Vergleich so schön, lernen ist ein bisschen wie atmen. Also kann man auch mal probieren aufzuhören, es wird schwer fallen und im Endeffekt ist es so, es geht nur darum, das ist ja ähnlich wie mit dem Atmen, wer schon mal meditiert hat, es ist unfassbar schwer, sich beim Meditieren auf die Atmung zu konzentrieren, also wirklich auf diesen Atemvorgang zu achten und ich glaube, das ist beim Lernen das Gleiche. Wenn du so über den Tag deinen Tag lebst und du bist die ganze Zeit irgendwo weit weg in einer Blase irgendwo, was weiß ich, dann kannst du natürlich nicht wirklich die Erfahrungen aufnehmen und verarbeiten. Wenn du aber dich fokussierst und ein Interesse hast und du bist bei der Sache, dann lernst du, glaube ich, automatisch.

Götz Müller: Ich glaube, die Reflexion gehört dazu und wo du eben erzählt hast, mit dem Lernen kam mir dann der Spruch von Mike Rother in den Sinn, das „echt“ füge ich jetzt hinzu, echtes Lernen muss ein Stück weit unbequem sein, weil ich unter Umständen sonst nur etwas Konsumiere, was ich vielleicht schon weiß oder mir halt jemand anders vorbetet. Aber erst dann, wenn es ein Stück weit unbequem ist, dann kann man sagen, ja, jetzt findet wirklich ein Lernvorgang statt, weil ich jetzt wirklich auf etwas Neues stoße und Neuem, das wissen wir alle, glaube ich, dem kann sich keiner entziehen, so nur Hurra und neu und alles rennt dahin, ist ja im Grunde nicht existent.

Stephan Löttgen: Ja. Nee, also ich glaube, da bist du aber dann wieder da, wo wir eben schon mal kurz waren, bei unseren Kunden und bei der Leidenschaft, ich glaube, dass … das ist so dieses, ich finde der Begriff oder das Wort Leidenschaft ist in dem Fall ganz griffig, weil man leidet, um etwas zu schaffen und das ist so, das verbinde ich ein bisschen mit diesem mal Mike Rother „Lernen muss wehtun“, so jetzt mal ganz überspitzt gesagt. Ich glaube, dass wir halt eben hier natürlich dadurch, dass wir unsere Kunden und unsere Kundenmeinungen und unser Kundenfeedback sehr, sehr intensiv reinholen in unser Team und das halt auch wirklich versuchen, die Kollegen, dass sie wissen, wie heißt der Kunde, vielleicht auch, jetzt ist es im Moment sehr schwierig, aber normal haben wir es in der Regel, dass unsere Kunden ihr Haus während der Manufakturzeit hier auch begutachten, sie kommen mal vorbei und gucken sich das an, dann lernt man die Menschen kennen, man hat Einblick, wer ist das, wie sind die, vielleicht kann man sich auch kurz mal mit denen unterhalten und das ist so ein bisschen dann der, da gibt's ja so ein schönes Beispiel aus dem Mittelalter, wo der Maurerjunge gefragt wird „Hör mal, was machst du da, mauerst du, was machst denn du da?“ und er sagt „Nee, ich mauer keine Wand, ich baue eine Kathedrale.“ Also das ist immer auch mal die Frage, für wen macht man es und wie macht man es, also was herrscht in der Gefühlswelt für einen selbst dann da und das ist, glaube ich, hier schon auch ein Punkt, der dazu führt, dass die Kollegen halt natürlich auch diesen Anspruch haben, dem Kunden das beste Haus zu bauen, was wir eben bauen können, der fordert dich dann schon heraus, auch, ja, unbequeme Dinge zu erleben und zu tun. Und ob es dann Diskussionen sind, ob es auch schon mal Streitgespräche sind, das muss man dann aushalten. Auch da ist es wichtig, dass man, glaube ich, auch da wichtig, dass man ein gutes Kollegium hat, was ausgeglichen ist, also wo die Beziehungen untereinander auch in der Lage sind, das auszuhalten, dass man sich mal wirklich richtig fetzt, weil es notwendig ist, was aber dann anschließend wichtig war, um den Lernprozess abzuschließen und dann nachher wirklich zu einem guten Ergebnis zu kommen.

Götz Müller: Jetzt ist es ja so, also, und dann nehme ich mich selber auch nicht aus, wenn man über lebenslanges Lernen spricht, auch da sagt nicht jeder Hurra, ich erinnere mich da an einen persönlichen Vorfall, wo ich am Ende der 12. Klasse mein Englischbuch verbrannt habe, weil ich damals Englisch gehasst habe wie die Pest, und nach der 12. Klasse war das rum und ich bin wirklich in den Hof runtergegangen und habe da mein Englischbuch verbrannt und wenn ich mir heute überlege, a) dass ich das gemacht habe und b) heute sehr viel immer noch englische Literatur konsumiere oder auch englische Podcasts und Hörbücher höre, frage ich mich auch, was hat mich damals getrieben. Und ich glaube aber nicht, dass ich da nicht irgendwie ein Sonderfall bin, sondern das es durchaus manchen so geht, die sich da so sprichwörtlich den Schweiß von der Stirn wischen, wenn endlich die Schule und vielleicht die Ausbildung dann im Anschluss oder das Studium zu Ende ist und man dann sagt, ja, jetzt zum Glück endlich vorbei und nichts mehr mit lernen und jetzt vielleicht arbeiten in Anführungszeichen und da so die Frage, ich meine, ich habe jetzt da deine Episode, wo du ein bisschen über deine Geschichte erzählt und da habe ich auch wahrgenommen, da gab's auch bei dir so einen Klick-Moment, zumindest meine Interpretation.

Stephan Löttgen: Ja, also ganz sicher. Also ich finde das einen ganz … kann das vollkommen mitfühlen, ich finde aber auch, dass es aktuell tatsächlich ein Riesenthema ist und auch immer mehr wird, dass tatsächlich das Schulsystem oder die Schule, wie wir sie jetzt im Moment auch noch haben, wo auch meine Kinder sich zur Zeit noch durchwühlen müssen oder durchquälen müssen. Das ist tatsächlich einfach etwas, was aus der Zeit gekommen ist und ich finde es hochspannend, dass in Unternehmen inzwischen einfach nur noch die Dinge aus gebügelt werden müssen, die im Vorfeld in der Schule entstehen, die daran trainiert werden und es ist auf der anderen Seite aber so, dass wir ja letzten Endes damals, jetzt spreche ich in dem Falle von der Zeit als man die Schule ja im Grunde genommen auf, ja, auf die so ein bisschen getrimmt hat, um halt wirklich gute Ingenieure und gute Manager, so das war ja irgendwann mal die Idee, da ist ja kein schlechter Gedanke dahinter. Ich glaube aber einfach, dass die Schule tatsächlich verschlafen hat, also das dieses gesamte Bildungswesen, das irgendwie sehr schwierig auch offensichtlich ist, das tatsächlich weiterzuentwickeln. Und ich persönlich habe mir da sehr viel Gedanken gemacht in den letzten Jahren, weil ich natürlich auch in mir selbst ein bisschen versucht habe herauszufinden, wie ist es dann vielleicht bei meinem Kollegen, also wie gehen die mit und aus welchen Gründen gehen die mit meinen Ideen oder mit meinen Anstößen entsprechend um und da habe ich für mich … also ich war definitiv früher auch eher der Revolutionär, also ich habe tatsächlich früher lieber, da war ich immer dagegen, ich habe immer … ich war ein Antikörper im Klassenzimmer, um es mal überspitzt zu sagen, ja. Also das war für mich teilweise wirklich gruselig und ich habe auch immer wirklich nur so viel gelernt wie notwendig war. Ich finde, das ist ein … also wirklich so das Beispiel von panierten Schnitzel, ja, dass du ins Brot mir legst und wenn du das Ei vorher machst und alles das, was am Schnitzel bleibt, ist ausreichend, ums goldbraun zu braten. So ist es für mich ein bisschen auch lernen, also für mich ist das Praxis, also alles, was ich für die Praxis verwenden konnte, das habe ich damals in der Schulzeit auch gelernt und das habe ich auch wirklich gerne gelernt. Ich habe auch im Deutschunterricht aufgepasst und alles, aber es gab so viel Wissen, was für mich vollständig nutzlos war und das hat mich genervt und das hat mich vollständig blockiert. Also so hatte ich immer das Gefühl. Und das hat mich vor allen Dingen unheimlich runtergeputzt, ja. Ich bin also jemand, der sehr, sehr auf äußere Dinge wert legt oder beziehungsweise da sich auch lange Zeit noch früher sehr viel intensiver als heute auch daran orientiert und Noten sind ja Feedback. So und das finde ich gruselig, also mir liegt das sehr am Herzen aktuell, auch meinen Kindern da ganz viel mit auf den Weg zu geben, dass sie sich davon nicht so sehr beeinträchtigen lassen, weil auf der anderen Seite habe ich gelernt jetzt in den letzten Jahren, dass Lernen im praktischen Rahmen, also wirklich für die Dinge, die du brauchst, das war für mich immer das, was voll von alleine ging, also was wirklich aus dem Inneren heraus intuitiv beziehungsweise intrinsisch dann funktioniert und das hat bei mir klick gemacht, um darauf dann auch konkret einzugehen, als ich in meinem zweiten Bildungsweg im Handel, ich habe bei einem großen Elektrohaus in der Kölner Innenstadt in der Neuen-Medien-Abteilung, meine Brötchen verdient, habe da auch eine richtige Lehre gemacht zum Handelsassistenten und habe da auch Software verkauft und Computerteile und alles mögliche im IT-Bereich, was mich damals mega, das war so um 2000 rum bis 2008 und das war natürlich mega zu der Zeit, das war ein riesen Thema. Das Schöne war, dass es halt absolut Neuland war, da gab es halt auch noch kaum Schule oder irgendwas, wo man sich jetzt hätte sich hinmachen können und deswegen habe ich dort natürlich dann auf Fachbücher zurückgegriffen und da gab es ein Buch, das mich halt dann extrem beeinflusst hat, bei dem es dann um Software-Entwicklung beziehungsweise um die Entwicklung von Webseiten ging und das Buch hieß „Das Unsichtbare sichtbar machen. Prozessinspiration und Praxis für Neue-Medien-Designer“ und der Autor hat also wirklich mir da Türen aufgestoßen in Bezug auf forschen, umsetzen, Kundenfeedback und und und. Das sind so Dinge, die ich halt irgendwie da zu der Zeit einfach aufgenommen habe, versucht habe, technisch umzusetzen, habe das versucht auch in meiner Tätigkeit, danach habe ich freiberuflich so ein bisschen Marketing und kleine Webseiten für klein Unternehmen gemacht und das waren halt so Dinge, das war Lernen für den Nutzen, also dafür das anschließend direkt einzusetzen, das hat mega viel Spaß gemacht und dann habe ich natürlich auch im Rahmen des Vertriebs beim Software verkaufen oder beim Computer verkaufen, da war es ja wichtig, dass ich für einen Kunden, der kommt ja zu mir, um mein Wissen quasi zu nutzen, damit er eine gute Entscheidung treffen kann und das war natürlich wichtig, also das war ohne mich wichtig, dann halt auch informiert zu sein und gerade bei Computern, bei IT, bei Neuen Medien muss ich ja immer up-to-date sein. Und ich muss ehrlich sagen, dass das tatsächlich auch, glaube ich, für mich so ein bisschen ein Training war, um jetzt in der aktuellen Zeit, wo halt auch in allen anderen Branchen das auf einmal super wichtig geworden ist, weil die IT im Grunde genommen inzwischen ein Bestandteil von allem ist, ich natürlich damit ganz anders umgehen kann, also auch mit diesen sehr viel komplexeren Umgebungen und sehr viel komplexeren Situation und es mir dann aber auch, ja, im Nachhinein sehr einfach gefallen ist, da so einen ständigen Lernprozess aufrecht zu halten, also es ist es dann, es hat angefangen früher mit das Abenteuer Leben, ich weiß nicht, wer das noch kennt, das ist eine Podcast-Plattform gewesen, also da habe ich mich durchgefressen habe habe mich auch immer mal wieder in ganz verschiedene, da gab’s dann NLP, da gab’s Vertrieb, da gab es aber auch Psychologie und also in allen verschiedenen Bereichen und das hat mich mega interessiert, weil das ja auch nicht das Wissen war, was man irgendwo jetzt kaufen musste, es gibt ja so diese Bücher, da habe ich auch ein paar von im Schrank stehen, damit kannst du einen totschlagen, die haben ein Vermögen gekostet, aber steht nur staubtrockenes Zeug drin, was halt irgendwie schon seit zehn Jahren überholt ist und das ist das, was mich dann zum Beispiel auch an Magazinen, an Zeitschriften, an Podcasts an YouTube-Videos, an all diesen Dingen so unfassbar gereizt und auch gefesselt hat, das ist halt immer in der Regel up to date ist, weil sich in diesen Bereichen niemand erlauben kann, altes verstaubtes Zeugs auf den Tisch zu legen, weil das ist so schnell weg vom Fenster, da kann aber gar nicht hinterhergucken. Jetzt könnte ich mir vorstellen, natürlich aufgrund deiner aktuellen Tätigkeit auch, einerseits verantwortlich für die Stommel Haus Akademie, andererseits wie du angedeutet hast, mit Projektaufgaben betraut, die in der Natur der Sache bedingt, Projekt gleich einmalig, immer wieder neu sind. Was ist jetzt dein, wie soll man es ausdrücken, deine Empfehlung, dein Tipp auch, den du vielleicht jemand anders mitgibst, der vielleicht klassisch im Lean-Kontext unterwegs ist, der natürlich auch dort, dieses, ich würde sagen, wenn er es richtig verstanden hat, dieses lebenslange Lernen aller Beteiligten auch, wie kann ich Dinge auch besser machen, das hat ja auch wieder etwas mit Lernen zu tun, auch mit Versuch und Irrtum, wie kann ich es da jemandem schmackhaft machen, vielleicht auch gerade oder speziell auch, wenn er halt in so einer traditionellen Branche unterwegs ist, die jetzt vermeintlich sagen könnte, ja, Handwerk, Holzhäuser, im Grunde seit der Mensch von den Bäumen gekrabbelt ist und aus den Höhlen rauskam, hat er Häuser gebaut, also eine Sache, die noch älter wie Pyramiden und so weiter ist. Und da sehe ich jetzt erst mal so als Außenstehender vielleicht einen gewissen Zwiespalt, aber ich höre bei dir eben auch ganz deutlich raus, dass ihr auf einem ganz guten Weg seid und ich glaube, man kann auch davon wiederum von eurem Weg ganz einfach auch etwas lernen.

Stephan Löttgen: Also was wir tatsächlich hier, glaube ich, inzwischen ganz gut hinbekommen haben ist, dass wir, was meinem Empfinden nach auf jeden Fall in unseren täglichen Morgentreffen ein bisschen begründet ist, wir haben halt eine sehr flache Hierarchie, in dem Fall so oder so, die Familie Stommel leitet das Unternehmen, und die anderen Kollegen sind im Grunde genommen alle Kollegen, also wir haben tatsächlich auch so relativ wenige Barrieren in Form von irgendwelchen riesigen Titeln oder so, die halt schon abschrecken, dass man mal jemand anderem vielleicht ein Ratschlag gibt oder so, aber wir haben tatsächlich auch durch dieses, ja, jeden Tag zusammen Probleme lösen, halt auch wirklich gelernt, dass wir voneinander sehr viel lernen können und dass wir dann halt auch … das ist halt auch immer ein Umschalten, also es gibt Situationen, in denen wir mit kleinen Teams Probleme lösen, die sehr speziell sind, die dann halt auch wirklich Fachwissen und auch Erfahrungen wiederum benötigen und anders brauchen wir manchmal das große Gehirn des Kollektivs, der ganzen Firma, um halt Probleme oder auch Entscheidungen irgendwie zu lenken oder zu bewegen und dann ist es am Ende so, dass die Erfahrung, also auch da wieder die Erfahrung, den Kollegen natürlich das ermöglicht hat, ein Gefühl zu bekommen, wann macht Lernen Sinn, also, oder wann ist es wichtig für mich, acht zu geben und was für mich auch am Anfang auf jeden Fall sehr schwer war und auch definitiv eine leidenschaftliche Angelegenheit, also im Sinne von Leiden, dass man auf jeden Fall dieses laut und gerne auch schon mal, ja, gerne auch schon mal ein bisschen drängende Vorleben von „Ich habe mir die Information da und da hergeholt, da gibt es ein interessantes Youtube-Video, darf ich dir das mal zeigen?“ Ich kann es nur empfehlen, ja, also grundsätzlich ist tatsächlich auch so, dass ich in der Zeit gelernt habe, man kann den Gaul nur zur Tränke führen, saufen muss er selbst. Das ist einfach so, aber es ist im Endeffekt so, umso mehr ich mit dem, ja, umso öfter ich mit dem Gaul zur Tränke gehe, umso eher findet er es interessant, auch mal Schluck zu nehmen.

Götz Müller: Und vielleicht mal, wenn wir mal bei der Metapher bleiben, vielleicht mal mit den Vorderhufen ins Wasser führen und wenn ich so an unsere Katzen denke, die ja eher wasserscheu sind und trotzdem immer wieder die eine Katze Spielzeug in ihren Wassertrog reinschmeißt und dann lernt, dass es blöd ist, wenn’s da drin ist, weil man es halt nur mit nassen Pfoten wieder rauskriegt.

Stephan Löttgen: Ja und das ist tatsächlich auch im Endeffekt eine Sache, weil es gibt natürlich auch Situationen, in denen … also wichtig ist, glaube ich, auch einen Rahmen zu schaffen, in dem man wirklich weiß, dass man, wenn man einen Fehler gemacht hat, dass nicht alle mit dem Finger auf einen zeigen, sondern man unterstützt wird, dass alle gemeinsam den Fehler anschließend wieder ausbügeln und wir es schaffen, den Fehler gemeinsam zu analysieren und anschließend auch wirklich, weil ich finde, dass es ähnlich ermüdend Fehler zu finden und Fehler zu benennen und auch Fehler zu verorten, aber die Stelle, die den letzten Endes entscheidenden Veränderungsprozess auslöst, die bekommt man nicht überzeugt, also die bleibt auf ihrer Spur, auf ihrem auf ihrem Stand und sagt, nee, alles gut, ich ändere nichts, an mir kann es nicht liegen, und das ist natürlich auch ein Problem und daher ist es, glaube ich, sehr wichtig, dass tatsächlich ein Bewusstsein von allen, für alle sich entwickelt und das geht natürlich nur im Gemeinschaftlichen. Das heißt also, man interessiert sich auch dafür, was der andere macht, man schaut auch mal über den Tellerrand und was natürlich, also wenn ich jetzt sagen würde, es gibt die sieben goldenen Regeln und es gibt den Pfad, den man gehen muss, dann wäre das vollkommener Unfug, weil letzten Endes ist es so, dass wenn wir eins auch in den letzten Jahren gelernt haben, dann ist, dass du deinen eigenen Weg gehst, es gibt viele Dinge, die man sich super bei anderen abschauen kann, also wir haben immer wieder, ich bin sehr bemüht und auch immer froh, wenn ich Unternehmen kennenlerne, die selbst so als selbstlernende Organisation sich bemühen und man dort halt dann auch schon mal die Nase reinhalten darf und mal schnuppern darf oder man sich austauscht und ich bin jemand, der immer schon gefordert und gefördert hat, also Netzwerke zu bilden, in denen sich Praktiker, Leute, die wirklich ihr Wissen einsetzen und auch umsetzen, dass die sich miteinander vernetzen, um auszutauschen, was funktioniert, was funktioniert nicht, was klappt bei dir, was klappt bei dir nicht und dann aber auch immer wieder klarstellen, dass es immer wichtig ist, dass man es für sich selbst ausprobiert. Ich habe da auch ein ganz schönes Sinnbild, und zwar, wenn du einen Marathon läufst, wer das schon mal gemacht hat, der weiß, dass man sich dafür auf jeden Fall ein paar Schuhe einläuft. Das heißt, das sind die Schuhe, die man vorher schon hunderte von Kilometern an den Füßen hatte und mit denen kann ich dann die über 40 km, die 42 km, abreißen, ohne dass ich anschließend das Gefühl habe, ich habe gebrochene Beine. Wenn ich aber am Tag des Marathons das Pech habe, dass irgendein Hund, der dann nebenan sitzt, meine Schuhe zerfetzt, dann kann ich wieder einpacken und nach Hause fahren. Also ich brauche nicht glauben, dass ich die Schuhe von meinem Mitstreiter nehmen kann oder irgendwelche anderen Schuhe, sondern dann brauche ich den Marathon nicht laufen. Das würde nicht funktionieren.

Götz Müller: Selbst wenn die anderen Schuhe, ich glaube, das wolltest du damit ausdrücken, schon 15-20 Marathons mitgemacht haben, aber halt nicht an deinen Füßen, sondern an den Füßen von jemand anders.

Stephan Löttgen: Genau richtig und das ist halt echt eine Erkenntnis, die, glaube ich, auch für viele erstmal sehr verschreckend ist, weil ich immer noch den Eindruck habe oder ich immer mehr den Eindruck habe, dass gerade jetzt in Situationen wie der aktuellen, wo natürlich viele vor Problemen stehen, die sie so noch nie gesehen haben, laufen alle wie wild durch die Gegend und suchen nach der Lösung oder nach dem Lösungsbeispiel, was dann für sie auch automatisch alles löst und da ist es aber wirklich ein Ding, wo dieses, ich sage mal, eine Mannschaft zu haben, die weiß, dass es mit Lernen voran geht und die weiß, dass es mit Achtsamkeit und Reflexion und mit all diesen, sage ich mal, auch wirklich sehr viel menschlichen Themen vorwärts geht, die genauso aber in der Lage ist, technisch eine Sache 1A abzulegen, abzuliefern, ein Haus in der Top-Qualität, super sicher zu bauen, also da ist es, glaube ich, wichtig, dass man Ausgewogenheit hat und das ist dann so ein bisschen der Garten vielleicht, wenn man das auch, ich bin sehr gerne in Sinnbildern unterwegs. Wenn ich den vernünftig hege und pflege und in allen Ecken und auch da ist es wirklich so am Anfang, da habe ich mich, dann war es, dass ich die Aufgabe bekommen habe, hier, du bist der Lean Manager, der Lean-Vordenker, kümmer dich mal darum, dass wir das jetzt hier in Gang kriegen, und dann habe ich am Anfang das natürlich auch echt genossen, weil das natürlich für mich eine riesen Aufgabe war, und auch etwas, wo ich mein Wissen, was ich mir im Vorfeld auch autodidaktisch angeeignet habe, natürlich toll einsetzen konnte, aber irgendwann musste ich feststellen, dass das nicht der Weg ist, also dass ich nicht, also das bin ich nicht, sondern ich kann im Grunde genommen nur wie der Gärtner und das bin ich nicht alleine, sondern bei einem Unternehmen mit 50 Mitarbeitern, sind das mit Sicherheit 10 Gärtner oder vielleicht auch noch ein paar mehr, es entwickeln sich auch immer mehr zu Gärtnern, die dann halt auch in der Lage sind, da, wo mal ein bisschen Unkraut wächst, mal zu zupfen und die auf der anderen Seite aber auch sehen, ah, guck mal, da hinten muss man mal wieder ein bisschen Wasser beigeben und das ist im Grunde dann, glaube ich, das, was man vielleicht landläufig so die Unternehmenskultur oder die Organisationskultur nennt, weil es halt auch, ja, alles miteinander zusammenhängt und ich glaube, dass das Lernen tatsächlich oder das achtsame Lernen und das bewusste und auch reflektierte Lernen dann tatsächlich das ist, was Fortschritt bringt, was Innovation, was Verantwortungsbewusstsein mit sich bringt und dafür braucht es aber natürlich auch Raum. Wenn der nicht da ist …

Götz Müller: Und Zeit, glaube ich, eben auch und da greife ich auch nochmal die Metapher des Gärtners auf, dieser alte, abgegriffene Spruch vielleicht, aber der da sicher auch Gültigkeit hat, das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht, also dieser Lern-Aspekt, diese Lern-Erfahrung, diese Reflexion, die ich da bei dir raushöre, gehört halt einfach dazu und ich glaube, ganz wichtig ist es, sich klarzumachen, dass ich die Zeit brauche, dass ich auch nicht für jemand anders den Marathon, um das auch noch aufzugreifen, ich kann nicht für jemand anders den Marathon laufen, wenn der den Marathon laufen will, muss er es halt selber machen.

Stephan Löttgen: Auf alle Fälle.

Götz Müller: Oder seine Schuhe einlaufen, um das noch mit reinzubringen und dann glaube ich eben, und das höre ich bei dir ganz deutlich raus, die Verantwortung einer Führungskraft, eines Entscheiders, eines Inhabers jetzt wie euren Kontext, glaube ich, ist vor allem dort gegeben, diesen Kontext zu schaffen und genau diese vielen kleinen Elementen, die wir jetzt gerade von diesem großen Bild zusammengelegt haben, die zu schaffen und dann den Menschen, ja, ein Stück weit, vielleicht genau diese Puzzleteile anzubieten und so ein Bild an die Wand zu werfen, so könnte das aussehen, wenn es fertig ist, wenn ich euch das vorpuzzle, ist das nicht wirklich prickelnd, sondern erst, wenn ihr selber Teile in die Hand nehmt …

Stephan Löttgen: Ich finde das ein geiles Wort, weil ich weiß gar nicht, ob das schon mal irgendwie so in der Form rausgehauen hat, ein geiles Wort ist herausfördern und zwar als Kombination von herausfordern und fördern und ich glaube, das ist tatsächlich so ein Ding, wo man ja, da muss man natürlich ein Händchen dafür entwickeln auch als Leader oder als Teamverantwortlicher, muss man halt irgendwie gucken, dass man das halt … das ist eine zwischenmenschliche Sache auch, glaube ich, und bedarf auch mit Sicherheit einer gewissen Sensibilität. Also ich kann mir nicht vorstellen … es gibt Menschen, wo ich sage, okay, also die würde ich da jetzt nicht an die vorderste Front stellen, sind vielleicht im stillen Kämmerlein besser aufgehoben.

Götz Müller: Das ist dann der Punkt, der mir sowieso zum Schluss noch durch den Kopf geht, wobei wir, glaube ich über das Thema sehr lange diskutieren könnten, aber ein Punkt, der mir in solchen Kontexten … herausfordern, herausfördern finde ich auch einen coolen Begriff … immer wieder durch den Kopf geht, wann wird so etwas dann, jemand anders zu unterstützen in der Entwicklung, wann wird für dich so etwas zum Beispiel übergriffig? Also wenn wir bei dem Pferd bleiben, ich möchte natürlich keinen Mensch mit einem Pferd vergleichen, wenn den quasi an der Nase packe und mit der Nase ins Wasser, so nach dem Motto „Jetzt sauf halt endlich“, wann wird so etwas übergriffig?

Stephan Löttgen: Also es ist letztlich so, dass man … also, ich finde, dass man da immer, wie soll ich das sagen, also es bleibt schon dabei, man kann den Gaul tatsächlich nur zur Tränke führen und dann ist es tatsächlich so, dass ich es hoch interessant finde, wenn Menschen laut vorleben, im Sinne von zeigen, hier, das mache ich, wie mache ich es … und das ist tatsächlich so, ich sag mal, solange ich den anderen nicht, also ich muss, wie soll ich das beschreiben? Also ich finde es aufdringlich, wenn ich demjenigen ständig auf die Pelle rücke, also ich habe mir abgewöhnt, Leuten dann ständig irgendwie durch meine, die quasi zu besprechen und zu sagen, hier, du musst mal da und das und jenes und dies und das, das funktioniert, glaube ich, nicht. Wichtig ist, finde ich, dass man selbst halt auch leisten muss, indem man es vorlebt, also indem man nicht nur die … es bringt nichts, nur den ganzen Tag sich ein Buch vor die Nase zuhalten oder Podcasts zuhören oder dann darüber zu schwätzen, sondern man muss letztlich auch abliefern und ich glaube, das ist tatsächlich das, was ich auch oft vorgeworfen bekommen habe und auch das immer wieder als Kritik. weil ich natürlich auch in meiner Situation auch echt immer auf der Goldwaage sitze. Das heißt, wenn ich irgendwo eine Handlung, die ich im Vorfeld, ja, wie soll ich sagen, wo ich in einem Team an der Entwicklung von der Verbesserung teilgenommen habe und ich dann nachher derjenige bin, der im Grunde genommen seine alte Gewohnheit aber noch nicht sofort umschalten kann, sondern den Fehler dann vielleicht noch zwei, drei Mal macht, so ein Gewohnheitsding, dann wirkt die Kritik für mich natürlich sehr viel härter. Das muss ich aber aushalten, weil ich muss dann hergehen und sagen, okay, also stimmt, du hast recht, ich habe das jetzt gerade wieder, das ist echt anstrengend, es ist sehr schwer, also man muss selber auch dann in dem Moment in der Lage sein, die Hosen runterzulassen und zu sagen, hey, ganz klar, kein Ding, da geht's mir wie dir und lass uns gemeinsam sehen, dass wir uns gegenseitig vielleicht da anzünden, dass wir es besser hinkriegen. Und das ist tatsächlich was. wo ich ehrlich bin, da bin ich sehr, sehr zuversichtlich, was die Zukunft angeht, weil wenn man sich, sage ich mal, so ein bisschen in den Neuen Medien, also im Social Media, Bereiche wie YouTube oder auch im Podcast-Bereich oder so und sich dort herumtreibt und man sieht dann zum Beispiel so Leute wie so einen Fynn Kliemann, ich weiß nicht, ob der dir ein Begriff ist, der im Grunde genommen Mediengestalter ist, der handwerklich angefangen hat, irgendwelche Heimwerkervideos zu machen und der dann im Grunde genommen durch sein permanentes Lernen, was er auch sehr laut und sehr offensiv macht, das zeigt, was er damit alles bewerkstelligt und dass er da wirklich einen riesen Apparat, wirklich einen riesen bunten Haufen Unternehmen aufbaut und das auch mit Instagram und YouTube-Videos öffentlich quasi nicht nur monetarisiert, also nicht nur damit Geld verdient, sondern halt auch wirklich einfach den Leuten zeigt: Guckt mal hier, wir machen einfach, wir probieren einfach aus, wir lernen daran, wir machen Fehler, wir fliegen auf die Schnauze, wir stehen wieder auf. Und dann gibt es ähnliche Beispiele, es gibt Rapper, die anfangen, sich mit Meditation und systemischem Coaching zu beschäftigen, dann gibt es hier die Mai Thi Nguyen-Kim, die ja in den Medien überall als Chemikerin unterwegs ist, sie hat ein Buch geschrieben über Chemie, das Chemie einfach und unkompliziert erklärt, das hat meine Tochter sich zu Weihnachten gewünscht mit ihren 11 Jahren und hat das weggeschlungen, ja, weil das für sie auf einmal Chemie in einem Format war, wo das Bock gemacht hat, sich das anzueignen, also wo sie dann gelernt hat, weil sie angefangen hat mit chemischen Experimenten zu Hause, aber dafür ist es natürlich notwendig, dass ich ihr zu Hause erlaube, mit irgendwelchen Dingen rumzuexperimentieren, wo andere Eltern vielleicht sagen „Danach sieht mein Wohnzimmer aus wie ein Schweinestall, das kannst du vergessen.“ oder meine Frau hergeht und geht zur Apotheke und kauft entsprechende Chemikalien, die man in der Apotheke kaufen kann, damit meine Tochter zu Hause ein Experiment machen kann, was sie augenscheinlich in der Schule so noch nicht machen durfte. Und da finde ich, da fängt es dann halt an, dass wir auch wieder zeigen, wir haben es selbst in der Hand, also man kann das selbst beeinflussen, indem man halt den Raum zur Verfügung stellt oder sich den Raum nimmt.

Götz Müller: Oder wie ich es gern ausdrücke, den Kontext zu schaffen und das letzten Endes die entscheidende, meiner Meinung nach, die entscheidende Verantwortung der Führungskräfte ist, um lernen, um Entwicklung, ja, ein Stück weit fast zu provozieren, den Raum zu schaffen.

Stephan Löttgen: Ja.

Götz Müller: Und sprichwörtlich gehört da eben dazu, jemanden mal ans Wasser zu führen, das Trinken bleibt ihm selber überlassen, aber das Wasser zu zeigen, vielleicht selber die Nase reinzustecken und als Vorbild den Kontext zu schaffen.

Stephan Löttgen: Ganz genau.

Götz Müller: Gut. Stephan, ich fand das eine spannende Unterhaltung. Ich glaube, wir könnten uns noch mal eine halbe Stunde weiter unterhalten und vielleicht ergibt sich noch eine weitere Episode, wer weiß, das ist ja schon die zweite und du wärst nicht der Erste, mit dem ich sogar noch eine dritte mache. Deshalb danke ich dir für deine Zeit.

Stephan Löttgen: Sehr, sehr gerne, ich habe mich wirklich gefreut. Ich finde das spannend auch, sich mit dir über solche Themen unterhalten, also das ist super.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Stephan Löttgen zum Thema Lebenslange Lern- und Entwicklungsprozesse. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 243.

Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei iTunes. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.

Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.