Kaizen 2 go 339 : Blended-Learning und der Praxistransfer


 

Inhalt der Episode:

  • Kurze Historie zu Blended-Learning
  • Was hat sich bisher verändert?
  • Was ist gleich geblieben?
  • Was waren schon immer die Herausforderungen von Weiterbildungen, nicht nur im Lean-Kontext?
  • Was sind die Folgen davon?
  • Wie ist man bisher damit umgegangen, welche Themen sind noch ungelöst?
  • Was sind potenzielle Gründe dafür? Was müsste sich verändern? Wie könnten/sollten Lösungen aussehen?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 339 : Blended-Learning und der Praxistransfer

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Ralf Volkmer bei mir im Podcast-Gespräch, wieder im Podcast-Gespräch. Wir hatten schon einige Episoden, ich würde ihn als Lean-Urgestein bezeichnen. Hallo Ralf.

Ralf Volkmer: Hallo Götz, das ist ja schon fast ein Kompliment, Urgestein, oder?

Götz Müller: Ja, also ich würde es definitiv, wenn das jemand zu mir sagt, als Kompliment betrachten.

Ralf Volkmer: Okay.

Götz Müller: Jetzt haben wir heute ein ganz spannendes Thema. Blended Learning und ich, in Anführungszeichen, als Insider weiß, dass du auch einen gewissen Hintergrund dazu hast, aber vielleicht gehen wir erstmal grundsätzlich auf den Begriff ein und dann kannst du ja gern auch deinen persönlichen Bezug an der Stelle noch schildern.

Ralf Volkmer: Ja, also Blended Learning, man könnte auch sage, irgendwie Whiskey und Blended, ne, weil das beste vereinen und so und im Grunde ist der Begriff, also ich würde jetzt mal sagen, vor ja irgendwas fünfzehn bis zwanzig Jahre ist der irgendwie aufgekommen und zwar lange bevor man über E-Learning gesprochen hat, im ureigensten Sinne gab es ja sowas wie Computer-based Training, das heißt, da hat man bestimmte Inhalte, Lerninhalte auf eine CD gebrannt und dann hat man versucht, die Leute in irgendeiner Form zu motivieren, mit dem, was dann da multimedial, wie immer auch multimedial jetzt interpretiert wird, zu bespielen, also dass die halt irgendwelche Inhalte gemacht haben und dann kam logischerweise irgendwann die Entwicklung vom Internet und dann hat sich alles das, was halt eben früher auf einer CD war, halt ins Internet verlagert, E-Learning und ein Hauptgrund derjenigen, die jetzt nicht so begeistert waren von E-Learning war, dass das halt eben viel zu wenig interaktiv sei, jetzt also abseits von der Multimedialität, sondern wenn es dann um das Tun geht, das letztlich E-Learning nicht geeignet sein. Es ist in der Tat so, dass ich dann mit einem Professor Sauter, der damals noch an der dualen Hochschule in Heidenheim war, glaube ich ein ziemlich gutes Konzept entwickelt habe, wo wir versucht haben sozusagen bestimmte Inhalte, wo es jetzt nicht unbedingt eine Präsenzveranstaltung braucht, das im Internet abzubilden, also als E-Learning-Einheit, ne, und darauf aufbauend dann quasi Präsenzphasen stattgefunden haben. So, wir haben das, also ich würde sagen, ziemlich erfolgreich gemacht, da ist dann später auch irgendwann mal der Verband der Europäischen Blended Learning Akteure entstanden, wo ich dann den Vorstand, also die Ära hatte als Präsident dort agieren zu dürfen und so richtig durchgebrochen ist das, als die Deutsche Post AG sich privatisiert hatte, also die Bundespost privatisiert wurde zur Deutschen Post AG und die haben schon immer, weil du weißt es und für alle anderen, die es nicht wissen, ich habe ja so einen REFA-Hintergrund und die haben immer schon auch die REFA-Ausbildung, REFA-Grundausbildung gemacht, da gab es einen Fachausschuss beim REFA, Deutsche Bundespost, und die haben dann gesagt, im Zuge der Privatisierung, weil diese Grundausbildung halt acht Wochen dauert, dann würden sie gerne die Ausbildung von der Dauer der Präsenzphase reduzieren. Und da es ja so zu sein scheint, dass ich, wir, damals über das Steinbeis-Transferzentrum ja nicht nur ein REFA-Hintergrund haben, sondern halt eben auch irgendwie uns mit diesem Thema Blended Learning auseinandersetzen, ob wir uns vorstellen könnten, für diese REFA-Grundausbildung einen Blended-Learning-Ansatz zu konzipieren, was man dazu vielleicht auch wissen muss, ist, was der Deutschen Bundespost gar nicht so zugeschrieben hat, dass die sozusagen mediales Lernen schon immer hatten. Die hatten, lange vor CDs hatten die Bildplatten, wo sie beispielsweise Briefzustellerinnen, Briefzustellern die Grundlagen erklärt haben. Also so eine Bildplatte muss man sich vorstellen wie, ein bisschen größer als eine Langspielplatte, ne, also wie eine LP, also gab es da durchaus eine Affinität. Ja, und dann haben wir die Grundausbildung von REFA von acht Wochen auf drei Wochen reduziert und haben Inhalte, Definitionswissen, theoretisches Wissen zu bestimmten Methoden, wie zum Beispiel Systeme für bestimmte Zeiten und so weiter, selbst auch solche Themen Zeitaufnahme beim REFA, Teilzeitaufnahme, aber auch eben Grundlagen der Ergonomie haben wir quasi in als E-Learning Modul, sage ich mal konzipiert, haben dazu einen Begleitordner kreiert, wo sich aus den E-Learning-Modulen, das war modular aufgebaut, quasi hin zum Papier, Aufgaben ergeben haben, „Okay, jetzt geh in deinen Ordner und dort ist eine Aufgabe, löse die“ und so weiter, weil da auch Zeichnungen gemacht werden mussten und Rechenaufgaben gemacht werden mussten und so weiter und sofort. Und auf dem aufbauend hat dann eine dreiwöchige Präsenzphase stattgefunden. Ja, das ist so ein bisschen mein Hintergrund zum Thema Blended Learning. Und ich finde das nach wie vor spannend, weil ich ja glaube, dass auch im Kontext von Lean, in jedem inhaltlichen Kontext, es nicht notwendig ist, dass da vorne einer steht und irgendwie erklärt, also wenn es um Definitions-, Grundlagenwissen geht und so weiter und so. Und ich glaube, dass man das medial viel besser aufbereiten kann.

Götz Müller: Ja, und auch ein Stück eben weit selbstgesteuerter.

Ralf Volkmer: Na ja, klar.

Götz Müller: Natürlich übertrage ich da einen gewissen Teil der Verantwortung auf den Lernenden, aber vielleicht ein bisschen überspitzt ausgedrückt, könnte man es einerseits eine frühe Phase von Digitalisierung von Lerninhalten nennen, so wie wir ja Digitalisierung auch in anderen Geschäftsprozesskontexten kennen.

Ralf Volkmer: Unbedingt. Mhm, Mhm, Mhm.

Götz Müller: Da fällt mir dann immer wieder eine Situation mal bei einem Kunden von mir ein, dem ging es dann aber unterm Strich und hier ist es jetzt halt mehr so dieses Präsenz oder ich muss da irgendwo hin und ich bin weg vom Arbeitsplatz, bei dem ging es bisschen flapsig und platt ausgedrückt, aber eigentlich bloß da drum, dass nicht schwere Ordner auf die Baustelle geschleppt werden mussten, weil die App halt ein bisschen leichter ist. Durchaus nachvollziehbar, aber wenn man das jetzt so auf moderne Gedanken der Digitalisierung, wo ich wirklich mein Geschäftsmodell verändere, überträgt, ist das ja nicht unbedingt ganz das, was man so im Kopf hatte.

Ralf Volkmer: Nee, aber ich meine, du sprichst schon was richtig gutes an, Götz, weil natürlich, also wir reden jetzt von vor 20 Jahren, als dieser Begriff Blended Learning hochkam und so weiter und sofort, heute spricht man ja unter anderem auch von Gamification und so weiter und sofort und Dinge sind ja immer, also die Motivation sowas zu machen, ist ja immer gleich, also auf der einen Seite geht es natürlich darum, die Präsenzphase zu reduzieren, also Abwesenheit, was ist ja letztlich ein Kostenfaktor für Unternehmen ist, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter qualifizieren wollen. Ich glaube, dass man bestimmte Inhalte, also klassisches Definitionswissen, multimedialer besser aufbereiten kann, wie wenn ich da vorne stehe und knalle irgendwie PowerPoint-Folien um die Ohren, dann … wir alle wissen, was mit dem Biorhythmus ist und es ist ja nicht so, dass wenn ich jetzt in der Präsenzveranstaltung bin, dass alle die gleiche Aufmerksamkeitsspanne haben, also das hat ja was klassisch etwas mit Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft zu tun und so weiter und sofort, und dann kann ich natürlich auch hergehen und kann weitgehend selbst gesteuert, lernen oder mir, sage ich mal, diese Informationen aneignen und kann dann daraus irgendeiner Form von Wissen generieren. Und heute sprechen wir von Testimonials bei YouTube, wir sprechen davon, dass wir Sprachen lernen können, wir sprechen davon dass Arbeitsunterweisungen eben nicht mehr unbedingt schriftlich sein müssen, sondern halt eben auch in einer gewissen Form medial ist und so und ob das jetzt dann immer Blended Learning ist, ist ja eine andere Frage, aber wenn man das, den Teil der Medienvielfalt und Möglichkeit in den Kontext des Lernens mit hineinbringt, dann ist das, glaube ich, sehr zeitgemäß und ich meine, du und ich, wir sind und viele andere, die uns jetzt zuhören, wenn wir ganz ehrlich sind, wenn wir ganz ehrlich sind, ist von den klassischen Veranstaltungen zu irgendeinem Thema, ob das jetzt FMEA oder 5S oder was auch immer ist, ich würde mal behaupten, ein Viertel nicht notwendig, mindestens ein Viertel nicht notwendig, dass ich da Ihnen, ich überziehe das jetzt mal, in einem Klassenraum oder in einem Seminarraum sitze oder sonst irgendetwas. So. Dann finde ich, ist es gut, bin ein großer Freund davon. Ich bin ja ohnehin ein großer Freund davon, dass Menschen ins Tun kommen und weniger sich mit der Theorie beschäftigen, sondern über das Tun quasi mit der Theorie, in Anführungsstrichen, konfrontiert werden und dann ist es durchaus hilfreich, dass man sich vorher mit bestimmten Dingen auseinandersetzt.

Götz Müller: Ja, und ich glaube, wenn man es eben auf das allgemeine Thema Digitalisierung von Geschäftsprozessen übertrage, da muss ich mich ja viel mehr eben mit dem Geschäftsmodell beschäftigen und damit in der Folge logischerweise mit den Kunden. Jetzt ist das, wenn man das auf den Lern-Trainingskontext überträgt, ist das halt der Lernende, der Kunde. Ich glaube, dass da halt über, im Grunde Jahrzehnte bis Jahrhunderte hinweg, da eigentlich keine Entwicklung stattgefunden hat, weil ein Stück weit natürlich die Lehrer, bisschen übertrieben ausgedrückt, ihre Kunden frei Haus ausgeliefert bekommen haben, weil sie es halt mussten und ich glaube so das Thema Didaktik, manchmal werde ich den Verdacht zumindest nicht los, ein bisschen auf der Strecke bleibt. Das, glaube ich, ist aber eben durch den Aspekt Digitalisierung, wenn es jetzt nicht nur ganz platt digitalisiere, so wie ich halt ein Papierdokument einscanne, oder du hast das Stichwort Arbeitsanweisung genannt, halt nicht bloß einfach runterschreibe, was mir durch den Kopf schießt, sondern mich viel mehr, wenn ich es tue, nicht viel mehr mit Lernenden oder mit dem Empfänger, also der, der nach der Arbeitsanweisung irgendetwas tun soll, beschäftige, bin ich viel, viel mehr bei ihm und nütze ihm halt, glaube ich, auch viel mehr, oder?

Ralf Volkmer: Also unbedingt bejahen, was natürlich in diesem Zusammenhang man wissen muss, also ich muss nochmal zurück zu dieser REFA-Grundausbildung, also ich habe ja jahrelang diese REFA-Grundausbildung gemacht in einem klassischen Hörsaal und ab irgendeinem Zeitpunkt gibt es keine Frage mehr, die du nicht kennst, also so, weil es geht immer wieder auf das Gleiche hinaus und so weiter und sofort. Das hat man halt eben, als ich sage das jetzt mal, als lehrende Person oder als Trainer oder wie immer man sich dann auch bezeichnet, man hat das gewusst zu einer bestimmten Stelle kommt die Frage, okay. Als wir uns dann aber hingesetzt haben und mussten das völlig neu aufbereiten, war das natürlich eine brutale Herausforderung. Also wir mussten uns mit dem Lehrstoff völlig neu auseinandersetzen. Und überlegen, was geht noch was, was lassen wir weg, wo ist der Link zu der Präsenzveranstaltung und so weiter und das war in der Tat eine Herausforderung, also diese konzeptionelle Arbeit, das war eine Herausforderung auf der einen Seite, und woran viele gescheitert sind, und ich glaube auch heute noch scheitern, ist, dass diejenigen, die dann die Präsenzphase machen, aufbauend auf dem, was da sozusagen medial aufbereitet worden ist, nicht in die Falle tappen dürfen, dass sie das wiederholen, was schon in dem medialen Medium abgehandelt wurde, okay. Also, und ganz konsequent dort ansetzen, wo die Links zu der Präsenzveranstaltung sind, natürlich entsprechend einem Curriculum und so weiter, weil sonst läuft ja einerseits die Zeit weg und das setzt aber natürlich voraus, und das ist bei Blended Learning, glaube ich, eine der großen Herausforderungen, wenn ich jetzt das Wort Kontrolle benutze, dann meine ich es wirklich so, es muss jemand geben, der kontrolliert, und zwar vor der Präsenzveranstaltungen, ob die Teilnehmenden, die Informationen, ob da immer dann Wissen daraus generiert worden ist, das ist ja noch mal eine andere Frage, ne, aber diese Informationen wirklich haben, weil wenn das nicht da ist, gelingt logischerweise der Transfer in die Präsenzphase nicht und das ist, glaube ich, nach wie vor eine Herausforderung und denke aber, dass das heute viel einfacher ist, weil wir alle irgendwie entweder vor dem Smartphone sitzen und Inhalte medial konsumieren oder vor dem Laptop oder wo auch immer. Das heißt, es hat heute eine viel höhere Akzeptanz und ich würde sogar behaupten, dass sogar Teilnehmende sagen: Warum hocke ich da? Das hätte mir ein Tutorial oder wie auch immer, oder ein Video wie bei uns auf der LeanOnlineAcademy, völlig ausgereicht. So, also nennen wir mal A3 und nennen wir mal das Thema Problemlösung. In einem klassischen Seminar fängst du, oder in einer klassischen Veranstaltung fängst du auch nicht sofort mit dem A3-Formular an, sondern du versuchst ja auch herzuleiten, wie soll so etwas aufgebaut miteinander, wie kann so etwas aufgebaut sein. Wir alle wissen, dass dann irgendwann das Ishikawa auftaucht. Wir wissen alle dann, dass irgendwann diese berühmt berüchtigten Five Whys auftauchen und so weiter und das wäre ja die Voraussetzung und das muss ich nicht wirklich in einer Präsenzverhandlung machen, da gehen auch mediale Inhalte, wie zum Beispiel Videos bei uns.

Götz Müller: Ja, und wenn man es jetzt noch mal ganz platt auf den Kontext Schule überträgt, darf es halt nicht so sein, der Lehrer gibt eine Hausaufgabe und in der nächsten Stunde steht die Frage im Raum, wer hat die Hausaufgaben gemacht und die, die es halt nicht gemacht haben, der Lehrer spult trotzdem sein Programm.

Ralf Volkmer: Das ist das Problem.

Götz Müller: Sondern im Extremfall würde er sagen: Okay, ihr geht jetzt halt wieder nach Hause, macht erst die Hausaufgaben, wir machen dann erst weiter, wenn ihr sie gemacht habt. In der Schule spult er halt einfach sein Programm ab und ich glaube, das ist ja dann, wenn ich jetzt so aktiv darüber nachdenke, das ist ja das Problem auch, wo wir dann eben, in Anführungszeichen, schlechte Schüler verlieren im Prozess, weil sie halt aus irgendwelchen Gründen, vielleicht weil es faule Socken sind, aber aus irgendwelchen Gründen haben sie die Hausaufgaben nicht gemacht, und dann kriegen sie den Stempel auf die Schirm, sie haben es nicht verstanden, Note 4 und schlechter.

Ralf Volkmer: Ja, also natürlich in, also in dem schulischen Kontext, also in den, ich sage jetzt mal bewusst grundschulischen, ich meine nicht die Grundschule per se, in dem grundschullichen Kontext, gibt es, glaube ich, viel zu viele Regularien, gibt es, glaube ich, viel zu viele Regularien und auch viel zu wenig Freiheiten, also wenn wir von staatlichen Schulen sprechen, so, wo man dann halt eben, und das soll jetzt überhaupt kein, ich will da gar kein neues Fass aufmachen, die mediale Ausstattung oder die mediale Ausstattung von Geräten und so weiter und sofort, aber grundsätzlich stimme ich dir unbedingt zu weit, weil es natürlich auch diszipliniert. Also du musst es ganz konsequent eskalieren lassen, wenn du merkst, dass jemand nicht dafür selbst die Verantwortung übernommen hat, vorbereitet zu der Präsenzveranstaltung zu kommen, dann ist die Konsequenz, dass er dir, wenn du dich an deinen Plan hältst, nicht folgen kann und musst ihn dann nach Hause schicken. Aber ich glaube, dass das halt eben auch diszipliniert. Also ich glaube auch, dass die jüngsten Schülerinnen und Schüler das, was weiß ich, drei oder viermal machen und dann spätestens ist es rum. Wenn der Lehrer, die Lehrerin dann in die Falle tappt, ja, und will, denn halt aus irgendwelchen Gründen mitnehmen, dann kannibalisiert sich ja das System selbst.

Götz Müller: Jetzt haben wir natürlich, wenn wir unser beider Hintergrund vors geistige Auge holen, also im Lean-Kontext, aber ich glaube, es gilt im Grunde für alles, was ich in einem betrieblichen Kontext habe, an Formen von Weiterbildungen, habe ich natürlich auch unterschiedliche Hierarchieebenen und da jetzt auch noch mal nachgefragt, die Frage an dich als Fachmann, ergeben sich daraus noch Unterschiede, weil so im klassischen schulischen Kontext sind ja alle gleich, ich habe halt die Klasse, alle irgendwo in einem Altersrahmen. Das sind ja jetzt Elemente, das habe ich ja notwendigerweise in einem betrieblichen Kontext so vielleicht nicht.

Ralf Volkmer: Mhm.

Götz Müller: Ja, und diese gleichen Voraussetzungen einerseits, was die Hierarchie angeht, aber eben auch das Vorwissen.

Ralf Volkmer: Also ich würde es mal … Also ich würde das Thema Hierarchie erst mal nicht an den Punkt Vorwissen anknüpfen, weil das ja nicht bedeutet, dass in einer wie auch immer gearteten Hierarchiestufe man davon ausgehen kann, dass jetzt der, der drei Hierarchieebenen höher ist, mehr Vorwissen hat, wie jemand der drei Hierarchieebenen darunter ist. Also das wäre ja zu klären. Also machen wir mal folgendes mal angenommen, es käme ein Unternehmen auf uns zu, also auf dich und mich und würde sagen: „Wir haben da ein Thema, die Gruppe ist heterogen, das heißt, wir haben vom Shopfloor bis hin zur Ebene des, im mittelständischen Unternehmen, was weiß ich, bis hin zum Abteilungsleiter haben wir Qualifizierungsbedarf zu einem bestimmten Thema.“ Das erste, was wir doch machen würden, ist, dass wir die Frage stellen würden, und zwar jetzt mal unabhängig davon, ob das dann multimedial und in Verbindung mit Präsenzveranstaltungen und so weiter, das Erste, was wir da fragen würden, ist: „Was glauben Sie denn, wie viel Vorwissen da ist?“ Okay, sollte sich in dem Zuge herausstellen, dass in der Tat unterschiedliches Vorwissen da ist, und zwar unabhängig von der Hierarchie, ja, dann müsste ja so ein Konzept gemacht werden, dann müsste ja so ein Konzept gemacht werden. Wenn ich jetzt wieder in einen Blended-Learning-Kontext gehe, wo ich sage, also da gibt es, was weiß ich, 20 Module und die sind, von A bis X behandeln, die das Thema, okay, und dann könnte sein, dass da eine Gruppe ist, die muss jedes einzelne Modul, das dann idealerweise, aufbauend aufs Nächste ist, bearbeitet werden. Okay, so, und dann gibt es wieder eine Gruppe von Menschen, noch mal frei von der Hierarchie, wo man sagt: Okay, wenn du glaubst, dass du dieses Vorwissen hast, dann mach beispielsweise den Test, ja, ohne dass du dir das Modul anguckst. Und wenn du den Test bestehst, hast du quasi die Zugangsberechtigung zum nächsten Modul und so weiter. Was ich damit sagen will, ist, ich würde es gar nicht so sehr an die Hierarchieebenen-Grenzen andocken, erst mal, wenn es ein gemeinsames Ziel, also ein gemeinsames Lernziel gibt, okay, sondern ich würde es ans Vorwissen andocken, so jetzt komme ich aber zur Hierarchie. Die Frage ist ja, die du stellst, deswegen interessant, weil man sich ja die Frage stellen muss, ob eine Hierarchieebene höher, im Vergleich zu irgendeiner anderer, überhaupt in der Tiefe dieses Wissen haben muss zu diesem Thema.

Götz Müller: Oder eben Schwerpunkte.

Ralf Volkmer: Genau, und damit haben wir aber zwei unterschiedliche Lernziele, was ja nicht bedeutet, dass dann das, was man medial gestaltet, für andere, also für die, die mehr Vorwissen haben gesperrt wird. Also, das kann man denen ja zugänglich machen oder so, aber man würde dann zielgruppenspezifisch die Leute lenken und natürlich auch, ich mache das jetzt mal schulisch, auch versuchen, Lernziele zu formulieren und zu sagen: Dieses Lernziel erreichst du, wenn du dir zum Beispiel, was weiß ich, die Wechselwirkung von 5S mit anderen Lean-Methoden anguckst oder so, irgend so etwas, zum Beispiel, so würde ich rangehen. Das ist natürlich aufwendiger, ist völlig klar, ja, aber wenn man Qualifizierung ernst nimmt, muss man sich vorher damit, glaube ich, beschäftigen, gerade Personalentwicklungsabteilungen sollten sich darüber ziemlich oft Gedanken machen. Wir wissen ja, dass in der Regel der Bedarf von der Fachabteilung an die Personalabteilung geht, und die suchen dann irgendwo im Internet: Wo gibt es tolle Seminare? Und es findet halt vorher nicht statt, was … oder oft nicht detailliert genug statt, was denn eigentlich bezweckt werden soll.

Götz Müller: Ja, und ich glaube eben von der, ja, von der Lehrerseite im ganz Allgemeinen, also von der Wissens-, Erfahrungsanbieterseite muss ich mich im Grunde viel mehr mit meiner Zielgruppe beschäftigen und jetzt bei den letzten Sätzen von dir ist mir eben auch klar geworden, es gibt gar nicht, also einerseits gibt es nicht diese eine inhaltlich homogene Zielgruppe und andererseits, wenn man jetzt so einen anderen Klassiker nimmt, Einführung eines ERP-Systems, zum Beispiel,

Ralf Volkmer: Mhm, ja.

Götz Müller: muss ich ja auch ganz gravierend unterscheiden in Anwender, die nachher mit dem Ding arbeiten sollen und wie ich mit denen interagiere, nicht bloß auf der Lernebene, sondern mit allem Drum und Dran und dann eben die, die vielleicht ganz übergeordnet einen Wertstrom vor dem geistigen Auge haben oder noch viel mehr eine Wertschöpfungskette, die, platt ausgedrückt, natürlich ein Stück weit auch den Geldbeutel in der Hand haben, mit denen muss ich ganz anders sprechen.

Ralf Volkmer: Na ja, also wir haben ja, ich bin jetzt nicht ganz sicher, ob du das gemeint hast, ich möchte ergänzen, wir haben ja noch zusätzlich dieses Thema, also du hast von Anwendern gesprochen, also wir haben ja, um das mal so zu machen, wir haben ja diejenigen, die zum Beispiel Stücklisten pflegen müssen und Stammdaten pflegen müssen im Produktionskontext, ja, und dann haben wir diejenigen, die, was weiß ich, betriebswirtschaftliche Kennzahlen irgendwo reinkloppen in so ein ERP-System oder matchen und so weiter und sofort, das heißt also, wir haben auch noch in einem ERP-System unterschiedliche Anwendungsfälle und damit ist auch klar, dass der, der Stammdaten pflegt eher weniger sozusagen den BWL-Teil kennen muss oder so, ne, und dann kann ich halt eben kein Fass, wo überall für alle das Gleiche drin ist, über denen ausschütten, also das wäre nicht zielgruppengerecht. Ja, und also, um das vielleicht auch noch mal zu sagen, das ist ja etwas, was ich sehr bemängle, wie wir heute … also ich bezieh es jetzt natürlich auf unseren Kontext, Götze, Lean, also erstmal ist es ja so, dass, da muss man sich ja nur umgucken, also überwiegend es Weiterbildungsangebote gibt zu irgendwelchen Methoden. Okay, so und natürlich auch vielen anderen Themen. Alle diese Dinge werden überwiegend in Präsenz angeboten, okay. Wenn sich diese Präsenz wirklich darauf konzentriert, dass die Teilnehmenden ins Tun kommen, also wirklich ins Tun kommen, dann bin ich ein großer Freund davon. Wenn es aber darum geht, Grundlagen zu vermitteln, weil ich davon ausgehe, dass die Zielgruppe die Grundlagen noch nicht kennt, dann sind es keine Inhalte, die ich per se in Präsenz transportieren muss. Ich glaube, in der Pädagogik spricht man von kognitiven Inhalten, da bin ich mir nicht so genau sicher. Und das gepaart mit den Vorteilen, die wir vorhin gesagt haben, in Bezug auf Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit, nämlich auch selbstverantwortlich dann lernen zu können, ja, und dann bleibt in der Tat mehr Zeit, sozusagen den Transfer in die Praxis zu bekommen. Also ich plädiere sehr dafür, dass wir uns mit der Zielgruppe auseinandersetzen, dass wir abgeleitet aus der Zielgruppe den wirklichen Bedarf der Qualifizierung identifizieren und aus dem ein Curriculum entwickeln, also so, das ist so mein Ding.

Götz Müller: Ja, und ich glaube, es ist eben die große Chance, das andere Extrem auch irgendwo ins Spiel zu bringen, nämlich der klassische Beratungskontext. Ich gehe da rein als der externe Klugscheißer, der das Thema unter Umständen seit Jahrzehnten kennt, helfe dann dem Unternehmen dabei, ein konkretes Problem zu lösen, funktioniert alles toll, aber ich habe an der Stelle dann nicht die Zeit, in der Durchführung, aber eben ein Stück weit auch in der Vorbereitung, mich mit den Menschen, die da beteiligt sind, zu beschäftigen, in dem Sinne von, dass sie dann auch lernen, es irgendwann, möglichst schnell, selber zu können.

Ralf Volkmer: Ja, also ich zitiere jetzt mal, Götz, Ono: Bildung ist das zu lernen, was man nicht weiß und Training ist wiederholtes Üben dessen, was man weiß. Wir brauchen nicht nur Bildung, sondern auch Training, okay, und das wird unterschieden, weil wir, weil Unternehmen immer von Training sprechen, also in unserer, ich sage das jetzt mal, Blase, kommt ja keiner auf die Idee und sagt: Ich suche Götz Müller, ich suche bei dir eine Schulung. Nein, die sagen, die reden alle von Training, aber sie differenzieren meines Erachtens halt nicht gut genug, ja, und jetzt werde ich mich wiederholen, noch mal, wenn wir das nehmen, was Ono gesagt hat, nämlich, dass Bildung, das Lernen ist von dem, was ich nicht weiß und Training das Wiederholen ist dessen, was ich weiß. Dann ist es sehr offensichtlich. Und damit ist klar, dass wenn Bildung erfolgt ist, ich dann ins Training gehe, um das, was ich weiß jetzt zu üben und, na ja, wem sage ich es. Also, das ist doch eines der Basics von TWI. Also das ist doch … also, wenn wir uns den AdA-Schein angucken, Ausbildung der Ausbilder, da wird das schon seit zig Jahren immer wieder gesagt. Und das sollte meines Erachtens vielmehr wieder in den Vordergrund gerückt werden, weil wir … ich finde, wir sind mit bestimmten Dingen viel zu oberflächlich geworden. Wenn man das jetzt, um wieder zu unserem Thema zu kommen, wenn man das gut paart, wie auch immer dann medial ist, ja, mit einem guten Curriculum, dann bin ich davon überzeugt, dass das nicht erfolgreich sein kann.

Götz Müller: Ja, und ich glaube eben, ich meine, das ist ein Thema, das ist im Kern 80 und je nachdem, wie man es betrachtet, noch mal 25 Jahre älter, aber eben meiner Ansicht nach immer noch gültig vom Grundgedanken her, weil sich halt, glaube ich, so Aspekte wie, was passiert denn zwischen den zwei Ohren in einem Lernprozess im ganz allgemeinen im Grunde seit Jahrhunderten, Jahrtausenden ja nicht wirklich verändert hat.

Ralf Volkmer: Nein, also. Jetzt würde es zu weit führen, aber der Mensch, also wie das Gehirn von einem Mensch funktioniert, okay, das ist schon ein paar Jahre immer bei allen Menschen gleich, okay.

Götz Müller: Mir kommt da halt eine Situation in den Sinn, wo ich, das ist ein paar Monate vielleicht her, in einer LinkedIn-Situation mal mir die Freiheit genommen habe, auf so eine relativ alte Sache wie die Job Trainings aus dem TWI zu verweisen und dann da die Retourkutsche mir in dem Kommentar entgegensprang, von wegen „Ah ja, mit so altem Zeug kommst du jetzt ums Eck“, bisschen flapsig ausgedrückt.

Ralf Volkmer: Ja, also … Ja, weil … also ich kann mir das gut vorstellen, also vielleicht hat derjenige oder diejenige Person sich damit gar nicht auseinandergesetzt und selbst wenn, denkt sie vielleicht im Zeitalter von Internet braucht man so ein Zeugs nicht mehr, aber im Grunde ist TWI erstmal unabhängig vom Medium, sondern geht es ja um das wie bringen wir Menschen etwas bei, also jetzt Arbeitsunterweisung und so weiter und sofort und so und na ja, da muss man, glaube ich auch nichts aufgeben, also ja machen wir kein Bashing.

Götz Müller: Jetzt möchte ich an der Stelle im Grunde in, sagen wir, guter Lean-Tradition noch, wenn ich so ein bisschen auf die Uhr gucke, noch zum Abschluss ein bisschen reflektieren, woran liegt es denn, dass, und natürlich mit der leichten Gefahr, dass vielleicht wieder herkömmliche Lernsysteme, Lernprozesse, Schule, vielleicht auch an der ein oder anderen Stelle noch ihr Fett wegkriegt, woran liegt es denn, dass wir halt doch in bestimmten Bereichen Sachen verfolgen, gemacht haben, über Jahrzehnte hinweg, wo wir eigentlich mittlerweile schon ziemlich gut wissen, dass es nicht funktioniert und wir machen es trotzdem noch?

Ralf Volkmer: Mhm.

Götz Müller: Also so ein bisschen eben, um auf des Pudels Kern zu kommen, um vielleicht dann daraus eben eine Veränderung auch zu erkennen, eine notwendige Veränderung.

Ralf Volkmer: Das Erste, was mir dazu einfällt, ist Bequemlichkeit, sich mit etwas Neuem auseinanderzusetzen, ist ja ein bewusstes Handeln als zu … Also nein, man muss vielleicht mal so anfangen, zu sagen: Wie bereit bin ich, das, was ich tue, zu reflektieren? Das ist mal das allererste und mir wirklich die Frage zu stellen, was könnte man daran verbessern oder was könnte man anders machen, und zwar losgelöst von dem, was der Markt von mir will. Okay, also so, und dann könnte ich auf die Idee kommen zu sagen, ist das wirklich noch zeitgemäß? Also ist die Methodik noch zeitgemäß, ist die Didaktik noch zeitgemäß, ist es das und so weiter und so sofort. Also wenn man dann zu dem Ergebnis kommt und sagt: Na ja, es ist ziemlich wahrscheinlich, dass sich die Welt weitergedreht hat, neue Aspekte dazugekommen sind, neue Sichtweisen dazu gekommen sind, dann würde es ja bedeuten, dass ich das, was ich bisher im Zweifel auch sehr erfolgreich mache, ändern, anpassen muss. Ich muss es ausprobieren, also ich muss dann gucken, ist das, was ich als Idee habe, kommt es bei der Zielgruppe an, ja, nein. Also wenn ich jetzt sozusagen die lehrende Person bin oder die Trainerin oder der Trainer, ist ja egal, wie man das bezeichnet. Wenn man es im schulischen Kontext, aber auch im Berufsbildungskontext sieht, ist es ja so, dass es irgendwelche Institutionen gibt, die Lehrpläne machen, ja, die Berufsbilder festlegen und über diese Berufsbilder Inhalte definieren und da wissen wir alle, dass die … also, um das Mal vorsichtig auszudrücken, nicht aktuell sind. Also es werden in manchen berufsschulischen Kontexten, werden noch Inhalte vermittelt, vielleicht die, ich sage mal so, vielleicht auch nicht mehr zeitgemäß sind. Also, da ist das System einfach langsam. Also da ist das, was dahinter steckt … und da verstehe ich auch Lehrerinnen und Lehrer, dass da eine gewisse Unzufriedenheit bei denen hochkommt, das verstehe ich. In der Weiterbildung aber finde ich es natürlich tragisch, also ist es ist es tragisch, weil wir ja im Grunde auch von Bildung sprechen und das bedeutet halt, dass ich Zeit brauche, mich damit zu beschäftigen, um das richtige Angebot für die Mitarbeitenden, die ich beschäftige, die ich bilden und qualifizieren möchte, trainieren möchte, mich hinzusetzen. Aber das macht es natürlich auch bequem und da muss ich ein bisschen in unsere Branche gucken, da ruft dann ein Mensch aus der Personalabteilung bei dir, mir an, bei irgendeinem an und sagt ja: Okay, wir haben dieses Thema, können Sie das? Und dann sagen die allermeisten: Ja, ja, ja, können wir, kriegen wir hin. Gar kein Problem. Und so weiter und sofort. Also ich erlebe das ja: Sie haben doch so viel Erfahrung, sie wissen doch bestimmt, auf was es drauf ankommt. Und wenn ich mir es jetzt einfach mache, würde ich sagen „Ja, gar kein Problem“, knall ich da ein paar Schlagworte ums Ohr, „Ja, genau das ist es“ und dann gehe ich rein und mache, was ich will, am Ende kriege ich tolle Beurteilungen, weil ich in einem schönen Seminarhotel war und weil das Bier abends an der Bar geschmeckt hat und so weiter und sofort. Die Frage ist aber, wie viel davon kommt wirklich in der Realität von den Teilnehmenden an. Also wie viel von dem können sie wirklich transferieren in ihre eigene Praxis? Und da würde ich sagen, ich bin so provokativ und sage: Gegen Null. Also das ist halt ein Wechselspiel zwischen Nachfrage und Anbieter, weil die scheinbar irgendwie nur einen Job erledigen wollen. Also alle erledigen einen Job, okay, so und wenn wir mal ganz ehrlich sind, gibt es in den Unternehmen irgendjemanden, der prüft, ob das, was die Absicht war, auch tatsächlich erzielt worden ist. Also natürlich werden diese standardisierten Fragebögen, wie zufrieden warst du, hat der Bart gefallen oder sonst irgendwas von dem Referent und so weiter und sofort gefragt und so weiter und sofort, aber wo steht da … da steht dann natürlich auch, wie viel konntest du für deine Praxis mitnehmen und so weiter und sofort, ah ja, okay, gut, dem kann ich ja trauen, aber wo ist denn die Überprüfung, ob das wirklich in der Praxis ankommt? Es gibt es ja noch zig andere Gründe, warum das nicht ankommen kann, Hierarchieebenen, ich darf nicht, ich soll nicht oder sonst irgendetwas oder so, aber das findet ja gar nicht statt. Und das ist halt ein bisschen schade, finde ich. Also arg schade sogar.

Götz Müller: Ja, ich würde nicht sagen, dass es gar nicht stattfindet. Ich entsinne mich da an zwei Ausbildungen, die ich mal gemacht habe, einerseits Projektmanagement, andererseits eben Six-Sigma-Ausbildung, da war das schon ein zentrales Element, aber natürlich ein Stück weit mit dem Risiko, wir sind so pi mal Daumen knappe 20 Leute gewesen, und da wurde dann wirklich, musste ein Projekt durchgeführt werden, da mussten, und das war so mit ein Kriterium, auf einem bestimmten Niveau mussten Einsparungen stattfinden und wenn du das halt nicht von einem Controller unterschrieben nachweisen konntest, dann hast du den Zettel nicht gekriegt, das Zertifikat nicht gekriegt, mit dem Risiko natürlich, dass vielleicht dann an irgendeiner Stelle einer hinterfragt oder auch nicht hinterfragt, sondern es nur feststellt, dass es nicht passiert ist. Und wenn ich das jetzt im Extremfall aus der eigenen Tasche zahlen muss, überlege ich mir vielleicht, ist mir das wert, das Zertifikat dann nicht zu bekommen, zwar etwas gelernt zu haben, aber den Zettel nicht zu haben.

Ralf Volkmer: Ja, also das, was du da angesprochen hast, also Six Sigma, das lebt ja auch stark von der Anwendung dessen, was da irgendwo vermittelt worden ist, also Projektarbeit und so weiter und sofort. Also da hat das Konzept ja selbst schon irgendwie einen Bestandteil von Transfer oder so. Also da geht es ja auch stark in die Selbstverantwortung, etwas tun zu müssen und wenn du das nicht bringst, dann kommst du nicht weiter oder so. Alles es gibt durchaus, nennen wir das mal Ausbildungen, weil Six Sigma ist ja am Ende dann doch eine Ausbildung, wo man etwas bekommt oder so, wo das okay ist, also wo das einfach im Konzept drin ist. Bei allen anderen, würde ich sagen, kann man überlegen, ob man sich da anlehnt an so etwas, also ich plädiere halt dafür, dass man sich anlehnt daran, immer wieder überprüft, ob die Teilnehmenden das, was sie irgendwo gehört, gelesen, mitbekommen, sich irgendwo angeguckt haben, vorgetragen bekommen haben oder wie auch immer, ob das wirklich in der Praxis ankommt.

Götz Müller: Ja, und eben ein Stück weit als die, wenn ich wieder das Modell oder das Beispiel des ERP-Systems nehme, wenn ich diejenigen denen mitgebe und andererseits die aber für sich das auch auf dem Schirm haben, jetzt da halt die Weiterbildungsabteilungen, dass sie halt ihre internen Kunden, nämlich die Fachabteilungen, wirklich auch fragen: Was möchtest du denn erreichen mit dem Training? Ja, halt nicht nur, ich will ein Training, nehme ich mir den Trainingskatalog und suche, wo die passenden Stichworte sind und dann ist es das.

Ralf Volkmer: Ja, und jetzt sind wir an dem Punkt, wo wir vorhin schon mal gesagt haben, und das findet halt nicht statt. Also wenn man das jetzt in den klassischen Kunden-Lieferanten-Kontext bezieht, wenn der Kunde nicht sagt, was er haben will, kann ich als Lieferant auch nicht helfen, also das ist ja, also ich kann mich sehr an den Kunden orientieren, aber wenn der mir nicht sagen kann, was er braucht, dann kann ich ihm halt auch nicht helfen.

Götz Müller: Aber ein Stück weit, und jetzt, wo wir gerade noch mal drüber reden, kommt mir eine andere Situation in den Sinn, wo ich auch diese interne Kunden-Lieferanten-Beziehung habe in einem klassischen Produktentwicklungskontext, wo mein Kunde im Grunde die Fertigung ist, und du möchtest an der Stelle, oder ich glaube, ich habe es mal erwähnt, aber du möchtest nicht wissen, was ich da schon erlebt habe, nämlich dass der Entwicklungsabteilung gar nicht klar war: Meine Fertigung ist mein interner Kunde. Und damit aber auch ein Stück weit eine Form von Verpflichtung einhergeht für den Kunden eben anders als bei einem externen Kunden, der weiß es nämlich manchmal einfach nicht, oder kommt gar nicht auf die Idee, so im Sinne von schnellere Pferde und all diese Geschichten, aber dieser interne Kunde, der hat im Grunde auch die deutliche Verpflichtung, die Produktion hat die Verpflichtung ihrer Entwicklung zu sagen: Hey, ich brauche das, damit ich das produzieren kann.

Ralf Volkmer: Völlig klar. Also wir wissen ja und viele der Zuhörerinnen und Zuhörer wissen auch, dass das Thema Kunden-Lieferanten-Beziehung, ob nun extern ohnehin eher weniger im Fokus ist, aber erst recht die interne Kunden-Lieferanten-Beziehungen so gut wie gar nicht im Kopf ist, weil „die Entwicklungsingenieure“ und „die Produktion“, da haben wir halt eben das klassische Abteilungsdenken. Und wenn das nicht da ist, also zu verstehen, wo ich Kunde und wo ich Lieferant bin und welche Pflichten sich daraus ableiten, wenn das nicht klar ist, warum soll es dann im Qualifizierungskontext funktionieren?

Götz Müller: Fand ich jetzt zum Abschluss ein interessanter Bogen, den ich jetzt am Anfang, wo wir uns über das Thema abgestimmt hatten, gar nicht erwartet hätte, aber es gibt halt so ein paar, ja, man könnte schon fast sagen, universelle Weisheiten, vielleicht sogar, die sich auf unheimlich viele verschiedene Bereiche abbilden lassen und dort aber, wenn man sich es dann mal bewusst macht, einen unheimlichen Unterschied machen können, nicht nur im klassischen Produktionswertstrom und Co, sondern halt auch in so einem, im übertragenen Sinne, wissensgenerierenden, erfahrungsgenerierenden Wertstrom, wo ich aber genau die gleichen Mechanismen habe.

Ralf Volkmer: Na ja, klar, logisch. Also am Ende gibt es … also ich kann es ja vielleicht noch mal auf eine andere Ebene bringen. Es gibt Nachfrager und es gibt Anbieter und der Nachfrager hat eine Idee oder weiß sogar vielleicht ganz genau, was er haben will, okay, so. Und das tut er in irgendeiner Form formulieren und wenn es nur ein Eintrag in der Suchmaschine ist und so weiter und sofort, so, und dann recherchiert er und dann wählt er aus auf der Grundlage von dem, was er da findet, wo er glaubt, dass das Bedürfnis, dass er da hat, am meisten befriedigt wird. Und genau so ist es halt eben in dieser Kunden-Lieferanten-Beziehung, internen Kunden-Lieferanten-Beziehung, der Lieferant, die Personalabteilung, müsste dem Kunden sagen: „Du, pass auf, das, was du mir da sagst, ist viel zu unspezifisch und ich glaube nicht, dass ich dir helfen kann.“ Also das ist ja dann schon fast auch, wie soll ich sagen, ein Entwicklungsprozess meines Kunden, also, ihm zu sagen: Du, pass mal auf, jetzt lass uns mal hinsetzen und lass uns mal herausarbeiten, was wirklich dein Thema ist. Wenn du von mir erwartest, dass ich für dich, eine gute Qualifizierung organisiere, also inhaltlich organisiere, dass ich wirklich, in Anführungsstrichen, die besten finde, muss ich dein Bedürfnis kennen. So, und das findet nicht statt. Also ehrlich gesagt glaube ich, dass weniger wie 15% beschäftigen sich so damit, weil leider die Personalentwicklungsabteilung halt eben immer mehr zu irgendeiner Form von, weiß ich nicht, Verwaltungseinheit geworden ist und viel zu wenig interagiert.

Götz Müller: Ja, und ich fand das jetzt eben sehr spannend zum Abschluss, du hast den, ich greife den Begriff jetzt auf. Es gibt halt nicht nur einen Lieferantenentwicklungsprozess, sondern es gibt halt auch einen, und das ist vielleicht ein Stück weit auf den ersten Blick erst mal ein bisschen ungewöhnlich, es gibt auch einen Kundenentwicklungsprozess, zumindest intern, und ich glaube, das kann man immer wieder sich vors geistige Auge holen und kann dann im Grunde nur, auch wenn es einen gewissen Aufwand bedeutet, nur gewinnen. Prima. Ralf, ich danke dir für deine Zeit. An der Stelle, ich wiederhole mich immer wieder und auch in der Wiederholung wiederhole ich mich immer wieder, dass Aspekte dabei waren, die ich mir am Anfang hätte gar nicht so vorstellen können, wie man manchmal vom Hundertsten ins Tausendste kommt, aber doch immer wieder interessante Erkenntnisse hat. Ja, ich danke dir.

Ralf Volkmer: Danke dir, Götz.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Ralf Volkmer zum Thema Blended-Learning und der Praxistransfer. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 339.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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