Talent, Können, Kontext und mehr

Kontext

Die Inspiration zu diesem Artikel ist aus einem Beitrag von Mark Poppenborg auf intrinsify.de entstanden [1]. Darin geht es um die Abgrenzung zwischen Talent und Können, und dass letzteres Kontext abhängig ist. Schon beim Lesen des Teasers im Newsletter dachte ich mir, dass er bestimmt auch etwas über die Gestaltung des Kontextes und die entsprechende Verantwortung der Führungskräfte dabei schreiben wird. Diese Annahme wurde dann im kompletten Beitrag nicht enttäuscht.

Grundsätzlich stimme ich dem Beitrag voll zu. Bei Lesen ist mir dann der Gedanke gekommen, dass die Verantwortung der Führungskräfte aber noch über die beschriebene Gestaltung des Kontextes hinausgeht, damit das kontextabhängige Können zur Geltung kommen kann. Dabei will ich aber auch betonen, dass das Kernthema des Artikels eben die Wechselwirkung zwischen Können und Kontext und die Abgrenzung zum Talent ist und meine Ergänzung deshalb keinen Mangel des Artikels oder einen Widerspruch darstellt.

Was mir noch durch den Kopf ging, ist die Entstehung von Können. Wie beschrieben, ist Talent ein kontextunabhängiges Kompentenzbündel, das einem Menschen anhaftet, während sich das Können kontextspezifisch darstellt.

Daraus völlig zu Recht abgeleitet, ist es eine Aufgabe von Führungskräften, den (Arbeits-)Kontext ihrer Mitarbeiter so zu gestalten, dass sie ihr Können ausspielen können. Zum Kontext gehören dabei auch die Prozesse, in denen die Menschen tätig ist.

Daraus leitet sich dann auch ab, dass bei auftretenden Fehlern die Ursachen nicht bei den Menschen zu suchen ist, sondern bei den Prozessen bzw. dem Kontext, in dem diese Menschen handeln.

Gleichzeitig ist das Können eines Menschen aber auch Teil des Systems (und somit des Kontextes), in dem er handelt bzw. sich verhält.

„Talent ist nichts weiter als Liebe zur Sache.“

– Romy Schneider

Somit ist es also auch Teil der Führungsaufgabe, dass die Passung des Könnens und des Kontextes im Zusammenhang mit der Aufgabe beurteilt wird und ggf. auch am Können des Menschen gearbeitet wird. Allgemein kann das auch als Personalentwicklung benannt werden.

Das bedeutet nun nicht, dass die Führungskraft selbst direkt für das zusätzlich erforderliche Können des Mitarbeiters verantwortlich ist, in dem Sinn, dass sie selbst mögliche Schulungen oder Unterweisungen durchführen muss.

Aber sie muss die Notwendigkeit erkennen, dass das Können einer Person erweitert werden muss, um den Notwendigkeiten des Kontextes gerecht zu werden und entsprechende (Schulungs-)Maßnahmen ableiten und initiieren.

Da das Können einer Person auch Teil ihres Kontextes ist – die Person ist in meinen Augen nicht ihr Können, weil dieses wiederum kontextabhängig ist und nicht ihren Wert als Mensch darstellt – ist das eben auch kein Widerspruch zur Kernaussage des Beitrags, sondern höchstens eine Ergänzung bzw. Präzisierung.

Ein möglicher Weg, um das notwendige Können festzustellen, ist die Aufstellung einer Kompetenzmatrix auf Basis der ausgeübten Tätigkeiten in einem Bereich. Diese Vorgehensweise ist eine wichtige Voraussetzung um bspw. bei Arbeitsunterweisungen im Rahmen von Job Instructions aus dem Training Within Industry, die Tätigkeiten und das notwendige Können zu beurteilen und entsprechend zu priorisieren.

Obwohl die Herkunft sich eher im mechanisch-handwerklichen Bereich bewegt, lässt er sich auch auf computer-basierte oder -begleitete Prozesse ausdehnen, allgemein gesprochenen auf Tätigkeiten, die bestimmten Regeln folgen und ein definiertes Ergebnis produzieren sollen.

Mit etwas Kreativität lassen sich die Grundgedanken auch Wissensarbeit oder Führungsaufgaben anwenden. Bei letzten spricht man nicht umsonst auch von Führungsprozessen, weil diese ebenfalls repetitive Elemente enthalten.

In jedem Fall und allen Anwendungsgebieten ist es nicht verkehrt, die „betroffenen“ Personen in die Erörterung des notwendigen Könnens einzubeziehen, bspw. durch Fragen wie diese „was wissen Sie noch nicht, um diese Tätigkeit durchzuführen“. Das mag sich zwar nach „ich weiß nicht, was ich nicht weiß“ und der Suche nach dem blinden Fleck anhören, kann aber in meinen Augen in keinem Fall schaden, frei nach dem Motto Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Veränderung.

Diese Einbeziehung drückt in meinen Augen auch Respekt für die Person aus und ist ebenfalls Teil der Job Instruction, wenn zu Beginn bisherige Kenntnisse und Erfahrungen im Kontext der Tätigkeit abgefragt werden. Dieses vielleicht scheinbar mechanistische Abzufragen, ist dabei kein mangelnder Respekt, sondern auch eine Form eines Wiederholversprechens im Führungsprozess und stellt eine Form der Qualitätssicherung dar.

Wenn Sie mehr über Job Instructions und Training Within Industry erfahren möchten, können Sie sich auf diesen Seiten darüber – tw. interaktiv – informieren.

[1] Der Talent-Irrtum

Frage: Welche Rolle geben Sie der Relation zwischen Können und Kontext bei der Entwicklung Ihrer Mitarbeiter? Wie gestalten Sie diese Relation? Welche Maßnahmen leiten Sie daraus ab?

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