Warum Lernen nicht ausreicht

Lernen

Lebenslanges Lernen und lernende Organisationen spielen eine immer größere Rolle, um die persönliche Wettbewerbsfähigkeit wie auch die von Unternehmen zu erhalten, zu fördern und auszubauen. Die Wettbewerbsfähigkeit bezieht sich dabei nicht nur auf direkte Mitbewerber, also andere Menschen (Arbeitskräfte) bzw. Unternehmen (Konkurrenten), sondern auch auf neue „Mitspieler“ in Form von künstlichen Intelligenzen oder Robotern ebenso wie auf Disruptionen in Form von neuen Produkten oder Geschäftsmodellen, die Kundenbedürfnisse auf andere Art erfüllen.

Dabei gibt es aber ein paar Besonderheiten und Unterschiede, die es Wert sind berücksichtigt zu werden und eben über das reine Lernen hinausgehen.

Im Fall des menschlichen Lernens ist das die Reflexion über Lernerfahrungen, die den Lernvorgang über klassische schulähnliche Situationen hinaus ermöglicht, also im Grunde eben jede Art von gemachter Erfahrung (positiv im Sinne von Erfolgen und typischerweise einfacher im negativen Fall durch Fehler).

Im Fall des menschlichen Lernen ist ein entscheidender Schritt des Kompetenzerwerbs der Übergang von der bewussten Kompetenz zur unbewussten Kompetenz. Obwohl dieser Übergang Vorteile hat in Form der ermöglichten Routine und daraus resultierenden kognitiven und mentalen Freiräumen für neue (Lern-)Erfahrungen, stecken doch auch Nachteile in der unbewussten Kompetenz, wenn es darum geht, diese Kompetenz an andere weiterzugeben.[1]

Diese Weitergabe wird einerseits durch die unbewusste Kompetenz erschwert (weil die unbewusste Kompetenz und die Lehrkompetenz im Widerstreit stehen) und andererseits kann die Weitergabe sogar komplett unterbleiben, weil die Kompetenz entweder als solche gar nicht mehr wahrgenommen wird (das gilt für einen selbst aber durchaus auch in den Augen anderer) oder die Kompetenz eben als Wettbewerbsvorteil betrachtet und dieser nicht einfach durch die Weitergabe aufgegeben wird.

Dabei wird übersehen, dass auch die Weitergabe von Kompetenzen Freiräume schaffen kann, weil die damit verbundenen Tätigkeiten eben von anderen Personen übernommen werden können und das wiederum besagte Freiräume schafft, sich selbst neue Kompetenzen anzueignen.

„Sobald man in einer Sache Meister geworden ist, soll man in einer neuen Schüler werden.“

– Gerhart Hauptmann

An dieser Stelle kommt dann auch die Organisation ins Spiel, die einerseits eine kulturelle Umgebung schaffen muss, die diese Kompetenzweitergabe honoriert und nicht im anderen Extrem „bestraft“ wird, in einer Form, dass dieses sich Überflüssig-machen (weil es jemand anderes machen kann) ultimativ zum Nicht-mehr-gebraucht-werden (also zur Entlassung) führt.

Darüberhinaus muss die Organisation dafür sorgen, dass Mittel und Wege (=Prozesse) entstehen, wie die erworbenen Kompetenzen und damit verbundenes Wissen und gemachte Erfahrungen so konserviert und genutzt werden, dass dieser Kompetenzerwerb für die einzelnen Menschen nicht jedes mal individuell durchlaufen werden muss, also personalisiert ist, sondern auf andere Art verfügbar wird.

Das gilt sowohl für Kompetenzen im Rahmen von Verbesserungen der Wertschöpfung (innerhalb der Produktionsprozesse) aber im Grund noch wichtiger (weil mit umfassenderem Einfluss) im Rahmen der Produktentwicklung, damit auch hier das Rad nicht sprichwörtlich neu erfunden werden muss, sondern ein kontinuierlicher Innovationsprozess ermöglicht wird und kreative Freiräume entstehen.

Konkret ist die Konservierung und Wiederverwendung des Wissens im der Produktentwicklung ebenso anspruchsvoll wie wichtig, weil das Wissen einerseits dort in Produktmerkmalen steckt (und weniger im Prozess wie im Fall der Produktion) und andererseits auch Wissen aus der Produktion und deren Prozessen in den Produktentwicklungsprozess übertragen werden muss, was oft durch organisatorische Hürden behindert wird und den stärkeren Projektcharakter in der Entwicklung andere Zykluszeiten hat.

Aus diesem organisatorischen Lernen und der damit verbundenen lernenden Organisation ergibt sich dann bei konsequenter Pflege aber auch der Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Marktbegleitern, egal ob sie sich auf der Ebene der vergleichbaren Produkte bewegen oder disruptive Geschäftsmodelle verfolgen.

Bei der Weiterentwicklung der Mitarbeiter tritt dann auch die Sorge um den potenziellen Wissensverlust durch den Weggang (Unternehmenswechsel oder Ruhestand) in den Hintergrund, weil der Fokus eben auf der Wissenkonservierung liegt.

In meiner Wahrnehmung wird dieser Aspekt im weiten Lean-Kontext immer noch stark unterschätzt, weil er nicht so direkt greif- und messbar ist, wie Verbesserungen im Produktionskontext bspw. anhand von Durchlaufzeiten und Produkt(ions)kosten.

Die Organisation muss sich aber an dieser Stelle auch als Lieferant des konservierten Wissens verstehen und die Bedürfnisse der „Kunden“ also ihrer Mitarbeiter verstehen und es in einer Weise anbieten, dass es diese befriedigt. Dazu ist es zwingend notwendig, die Kunden (=Nutzer) einzubeziehen und nicht nur eine Wissensdatenbank von der Stange zu kaufen. Die Kunden wiederum haben dann auch die Pflicht, ihre Bedürfnisse bzgl. der Art der Darreichung zu artikulieren.[2]

Wenn Sie wissen möchten, wie sich Lernen und Wissenskonservierung auf der individuellen wie organisatorischen Ebene in Ihrem Verantwortungsbereich gestalten lässt, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

[1] Kompetenzen im Lean-Management
[2] Warum jeder Kunde ist

Frage: Welche Rolle spielt das Wissen der Menschen in Ihrem Verantwortungsbereich? Welchen Einfluss üben Sie darauf aus? Wie lässt sich das verbessern?

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