Wissen und Erfahrung sind hinderlich, wenn es um Weiterentwicklung geht
externe Impulse zur (Lern-)Reflexion notwendig
In diesem Zusammenhang kann ich mir auch nicht vorstellen, dass Weiterentwicklung ohne Lernen stattfindet bzw. stattfinden kann. Wenn man jetzt Wissen und Erfahrung als Gegenpol zu Lernen und Weiterentwicklung einordnet, sollte klar, dass das vorhandenes Wissen und entsprechende Erfahrung immer einen Verhinderungsmechanismus von Lernen und Weiterentwicklung darstellt. Das ist dann der Punkt, an dem ich eben Wissen und Erfahrung als eine Form des Fluchs einordne.
Dieser Effekt wird dann besonders stark, wenn die Kompetenz, die sich aus Wissen und Erfahrung ergibt, schon die Ebene der unbewussten Kompetenz erreicht hat. So erstrebenswert dieses Kompetenzniveau einerseits ist, so hinderlich ist es für die Weiterentwicklung. Hinderlich auch, weil durch die unbewusste Kompetenz die schon ohnehin schwere Erfolgsreflexion (im Vergleich zur Misserfolgsreflexion) noch eine ganz Stufe schwieriger wird. Speziell, weil man sich auf den Kompetenzstufen ja wieder nach unten begeben muss.
Obwohl schon die bewusste Weiterentwicklung an sich unbequem ist, weil man mit seiner Unwissenheit konfrontiert wird, hat man doch zumindest bewusste „Reibungsflächen“, an denen man sich orientieren kann. Im Fall der unbewussten Kompetenz als einer „eigentlich“ anzustrebenden Ebene entfällt eben aufgrund dieses Unbewusstseins auch die entsprechende Orientierung.
– Aldous Huxley
An dieser Stelle können dann externe Impulse hilfreich sein. Hilfreich auf dem Weg der Weiterentwicklung, aber oft nicht bzw. vermeintlich nicht hilfreich, d.h. in der Wahrnehmung, durch das erzwungene Verlassen der Komfortzone.
Dabei sollte man sich immer auch bewusst, dass diese Komfortzone auch für den externen Impulsgeber existiert. Mit den externen Impulse sind nämlich auch Widerstände seitens des Impulsempfängers verbunden, die sich typischerweise eben gegen den Impulsgeber richten.
Genau an dieser Stelle kann dann aber auch die gute Botschaft folgen, dass mit dem Wissen und der Erfahrung bzgl. diesen Effekten auf beiden Seiten die Sache wieder einfacher werden kann, weil dadurch auch eine Form der Entspannung eintreten kann, wenn man sich bewusst macht, dass es sich dabei eben um eine ganz natürliche Sache handelt – wenn man sich derer bewusst ist.
Auch dieses Bewusstsein sollte als solches gepflegt werden, um nicht wieder Opfer der unbewussten Kompetenz zu werden. Ein Weg, um dieses Bewusstsein aufrecht zu erhalten, ohne jemand direkt den schwarzen Peter des externen Impulsgebers aufzubürden, sind Anwendungsroutinen, die aber inhaltliche Freiheitsgrade erhalten. Das kann die Coaching-Kata zur Unterstützung der Verbesserungs-Kata sein, die Layered Process Audits mit ihren dynamischen Checklisten oder auch einfach nur ein Kamishibai-Board, dessen Kärtchen ähnliche Wirkung wie die Checklisten der Layered Process Audits haben und deshalb im Grund auch regelmäßig auf Zweckmäßigkeit überprüft werden sollten.
Im Sinn des genannten Bewusstseins gilt dann auch, dass die Hintergründe und Wirkungsmechanismen angemessen erklärt werden, statt sie nur stumpf einzuführen, was dann aufgrund der Komfortzoneneffekte wiederum unbewusste Unbequemlichkeiten und entsprechende Widerstände zur Folge hat.
Frage: Welche Erfahrungen haben Sie mit Wissen und Erfahrung gemacht? Wo und warum war Wissen und Erfahrung hinderlich? Wie sind Sie damit umgegangen?
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[1] Artikelauflistung über Flüche im Lean-Kontext
- Prozesse und Gewohnheiten – Fluch und Segen (16.01.2013)
- KVP – eine Frage des Fluchs (24.02.2016)
- KVP – noch eine Frage des Fluchs (29.03.2017)
- Warum Fachkompetenz ein Fluch sein kann und wie man diesen Fluch bannen kann (17.04.2019)
- Warum Lean ein Fluch sein kann – und warum man als Berater auch mal verflucht werden darf (05.02.2020)
- Warum auch Karriere ein Fluch sein kann (14.10.2020)
- Der Fluch des Erfolgs (24.11.2021)
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